AboAbonnieren

„Hart aber fair“ zu Corona und SchulenPlasberg hat ein Problem mit dem Brückentag

Lesezeit 4 Minuten
HAF Plasberg Schulen Corona

Frank Plasberg (r.) mit seinen Gästen

  1. Bei „Hart aber fair“ lautete das Thema: „Kinder und Eltern zuletzt: Scheitern Schulen an Corona?“
  2. Zu Gast waren Franziska Giffey (SPD, Familienministerin), Susanne Eisenmann (CDU, Kultusministerin in BaWü), Udo Beckmann (VBE), Stephan Wassmuth (Bundeselternrat), Collien Ulmen-Fernandes (Schauspielerin) und Verena Pausder (Expertin digitale Bildung).

„Da müssen wir jetzt ganz genau hinschauen“ und Pauschalisieren darf man nichts. So allgemein diese Aussagen, so gut beschreiben sie den Abend bei „Hart aber fair" mit Frank Plasberg. Dabei klingt der Titel des Abends, „Kinder und Eltern zuletzt – scheitern Schulen an Corona?“, vielversprechend. Und Plasbergs Einschätzung zu Beginn, bei dem Thema bestehe durch die aktuell sehr kurze Zündschnur bei Kindern, Eltern und Lehrern akute Explosionsgefahr, ist gar nicht so falsch.

Aber dennoch: So richtig weit brennt das Feuer die Schnur in der Diskussionsrunde nicht ab. Stattdessen scheinen sich alle Gäste in vielen Punkten weitgehend einig. Außer im wohl wichtigsten: Dem „wie“ können Eltern denn nun den Spagat zwischen Homeschooling und Homeoffice bewältigen? Und „wie“ ist dabei die Rolle der Lehrer zu bewerten, die in Plasbergs Runde mehrheitlich die Schuld auf Seiten des föderalen Staates suchen?

Fortbildung der Lehrer wurde verschlafen

Dass nämlich genau dieser politische Apparat das Fortbilden der Lehrer und den beginnenden Prozess der Digitalisierung schon vor einigen Jahren verschlafen hat, das gestehen alle Gäste bereitwillig ein. Susanne Eisenmann (CDU), Ministerin für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg, standardisiert ihre Antwort „Dass da Nachholbedarf ist, gebe ich zu“, gar direkt auf Fragen, die Plasberg im weiteren Verlauf des Abends stellt. Denn: „Es konnte sich schließlich niemand auf die Corona-Krise einstellen. Deswegen ist meine Bitte, es nicht zu pauschalisieren“. Egal, ob „es“ in diesem Fall das Engagement der Lehrer oder die Bereitschaft der Schulen sei, sich aus der Kreidezeit auf den Weg zum digitalen Aufstieg zu machen.

Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, sieht das differenzierter. Er sagt: Man müsse für Lehrer auch Anreize für Leistungsbereitschaft leisten. Gerade im Grundschulbereich sei schließlich – ausgenommen des Schulleitungspostens – kein Aufstieg möglich. Auch auf Plasbergs dringliche und sich daraufhin immer wieder wiederholende Frage, warum man in diesen Zeiten nicht wenigstens auf den Brückentag nach Christi Himmelfahrt verzichtet habe, ergreift Beckmann Partei für die Lehrerschaft.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey pflichtet bei. Und erstickt Plasbergs Anliegen, das die Gruppe regelmäßig zurückzuwerfen scheint, im Keim. „Wir haben wirklich dringlichere Probleme als den Brückentag. Zum Beispiel die finanzielle Unterstützung der Familien in Corona-Zeiten.“ Zum Glück weiß Susanne Eisenmann zu beschwichtigen: „Der Freitag war gar nicht überall ein Brückentag. Das kann man nicht pauschalisieren.“ Dann wäre das ja geklärt.

HAF_Collien

Collien Ulmen-Fernandes

Stephan Wassmuth, Vorsitzender des Bundeselternrats, versucht derweil, die Diskussion auf die Mütter zu lenken, die durch das Homeschooling plötzlich einen 26 Stunden-Tag haben – und, Ergänzung Beckmann, „sich in den Köpfen der Kinder plötzlich wieder alte Rollenbilder festsetzen“: Der Mann verdient das Geld, die Frau, oft mit schmalerem Gehalt, steckt bereitwillig ein, kümmert sich um alles andere.

Collien Ulmen-Fernandes, Schauspielerin und Moderatorin, weiß mit bodenständigen Kommentaren zu belegen: Ein Erfolgskonzept ist dies auch in anderer Hinsicht nicht. Ihre achtjährige Tochter, so sagt sie, würde ihrer Mutter als Lehrerin sicher eine Sechs minus geben. „Diese Schwäche, dass man als Eltern nicht so toll erklären kann, wie die Lehrer in der Schule, muss man einfach zugeben.“

Digitalisierungexpertin Verena Pausder „hat Feuer“

Wer noch mit einem wahrhaft hitzigen Schlagabtausch rechnet, wird zwar enttäuscht. Denn einen Masterplan für die Lösung aller Diskussionen – geschweige denn für die Problematik um den von Plasberg als so essenziell erachteten Brückentag – kann keiner der Gäste aus dem Ärmel ziehen.

Dennoch kommt mit dem Auftritt von Digitalisierungsexpertin Verena Pausder noch einmal Leben in die Runde: Sie zündet nicht die explosive Zündschnur, sondern lieber den Turbogang für Veränderungen im Digitaliserungsprozess. Mit konkreten Vorschlägen: Sei es zum Beispiel, dass es nicht an dem digitalen Angebot als solchem mangele, sondern vielmehr an Transparenz: „Was ist mit einer Positivliste für die Lehrer, auf der sie folgenden Einblick bekommen: Das sind die Angebote, die ich wie und wo kostenfrei für die Schüler nutzen kann. Stattdessen wissen viele gar nicht, was ihnen als Lernmittel überhaupt zur Verfügung steht.“

Ein Wortbeitrag, der Plasberg ein erstes Lächeln und ein freudiges „Sie haben Feuer“ entlockt. Bleibt also nur noch, zukünftig ganz genau hinzuschauen. Auf welche der vielen Baustellen auch immer.