Hannahs Mörder bleibt völlig regungslos
BONN. Zehn Minuten lang dauerte gestern das Blitzlichtgewitter im Bonner Schwurgerichtssaal, aber Zdenek Hrbac zeigte - wenige Minuten vor seinem Urteil - keine Regung. Nachdem dem 25-jährigen Angeklagten die Handschellen abgenommen wurden, stand er in einem dunkelblauen Kommunionsanzug mit hellblauer Krawatte hinter der Anklagebank - wie vor einem Altar: Die Augen niedergeschlagen, die Hände übereinander gefaltet; geschützt von drei Stellwänden aus Panzerglas. Hurensohn murmelte ein junger Zuschauer; Schäm Dich für Dein Leben", zischelte ein anderer. Die Beschimpfungen, auch die Nervosität der vielen Zuschauer berührten Zdenek Hrbac nicht.
Es war Punkt 12 Uhr, als die drei Berufsrichter und zwei Schöffen der 4. Großen Strafkammer den Saal betreten. Dann wurde es ganz still: Wegen schwerer Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und Mordes an Hannah aus Oberdollendorf wird der 25-Jährige zu lebenslanger Haft verurteilt. Darüber hinaus hat das Schwurgericht festgestellt: Die Schuld des Zdenek H. wiegt besonders schwer: Das Leid, das er der 14-jährigen Schülerin zugefügt hat, sei besonders groß, sagte der Vorsitzende Richter Udo Buhren. Damit wird der junge Angeklagte, der im mährischen Ostrau geboren wurde, mindestens 18 Jahre hinter Gitter bleiben müssen, bevor es zu einer ersten Haftprüfung kommt.
Auch bei der einstündigen Urteilsbegründung zeigte Zdenek Hrbac keine Regung. Aufmerksam aber hörte er zu: Obwohl er die deutsche Sprache beherrscht, übersetzte ein Dolmetscher die Worte - leise, als wär s ein Gebet.
Der Vorsitzende Richter erzählte noch einmal, wie es am Abend des 29. August zu der schicksalhaften Begegnung" zwischen Hannah und ihrem Mörder gekommen war; wie der 25-Jährige, der in einer homosexuellen Beziehung mit einem fast 30 Jahre älteren Deutschen lebte, ausgezogen war, um sich mit Gewalt ein Mädchen zu nehmen".
Das Mädchen, dem er als erste begegnete, war Hannah. Die Schülerin war um 19.28 Uhr bei der Straßenbahn-Haltestelle Oberdollendorf-Nord ausgestiegen - zwei Minuten nur entfernt von ihrem Zuhause. Lass mich bitte gehen. Meine Mutter wartet auf mich", waren ihre letzten, vom Angeklagten selbst überlieferten Worte. Dann verstummte sie hinter einem Klebeband. Dreieinhalb Stunden dauerte das Martyrium, bis Zdenek Hrbac sie am Ende mit zwölf Messerstichen tötete, weil er Angst hatte, dass Hannah ihn anzeigt: Zuvor hatte er die 14-Jährige in einem abgestellten Bus vergewaltigt. Die Leiche schleppte er in ein Gebüsch, versteckte sie unter einer Wolldecke und Laub und übergoss sie mit Diesel.
Fünf Tage dauerte es, bis Hannah - trotz fieberhafter Suche - gefunden wurde. Sieben Tage später gab Zdenek Hrbac seine Speichelprobe ab, zwei Wochen dem Tod er 14-Jährigen wurde er verhaftet: Der 25-Jährige hatte die Vorwürfe anfangs bestritten, bis ein Kripobeamter ihn direkt konfrontierte: Wir haben Spuren von Dir gefunden. Und zwar an Hannah." Die Eltern, so der Beamte damals, leiden Höllenqualen, weil sie nicht wissen, was mit ihrer Tochter passiert ist." Da brach Zdenek Hrbac zusammen, weinte bitterlich und legte nicht nur ein umfassendes, sondern auch ein schonungsloses Geständnis ab. Seitdem ist der 26-Jährige selber erschüttert von seiner grausamen Tat, für die auch er keine wirkliche Erklärung" hat. Denn geistig oder psychisch krank, so hatte es der Gutachter im Prozess festgestellt, ist er nicht.
Hannah musste", so der Vorsitzende Richter am Ende des Urteils, nur sterben, weil dem Angeklagten die Idee gekommen war, zu überprüfen, wie ihm der Sex mit einer Frau gefällt. Ein Wunsch, den sich der Angeklagte auf vielfältige Weise hätte erfüllen können.
Das Publikum war nach dem Urteil gelähmt: Diesmal waren auch Schüler von Hannahs Schule - dem CJD in Königswinter - gekommen. Die sichere Welt, die man braucht, ist durch den Mord an Hannah zutiefst erschüttert", sagte Albrecht Roebke, Pfarrer und Notfallseelsorger in Königswinter, der sich ebenfalls unter die Besucher gemischt hatte.
Gudrun Roth, die Nebenkläger-Vertreterin von Hannahs Eltern, sagte: Keine Strafe der Welt wird Hannah zurück bringen.
Es ist ein hartes Urteil", erklärte Zdenek Hrbacs Verteidiger. Und fügte hinzu: Aber auch ein gerechtes Urteil. Dennoch will er die Frage, ob hier eine besondere Schwere der Schuld vorliegt, vom Bundesgerichtshof prüfen lassen. Er hat angekündigt, in Revision zu gehen.