Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Geigerin Ervis GegaHetzjagd auf das Wild

Lesezeit 3 Minuten

Im Geiste von Beethoven und Vivaldi: Konzertmeisterin Ervis Gega spielt den Solopart bei den "Vier Jahreszeiten". (Bild: Böschemeyer)

Bonn – Irgendwo zwischen Albanien und Deutschland muss es Anfang der 90er Jahre passiert sein: Das "i" wurde zu einem "r" und aus dem extravaganten Vornamen einer englischen Malerin des 16. Jahrhunderts "Eivis", den der Großvater eigens aus einem Lexikon herausgesucht hatte, entstand "Ervis". Seit zehn Jahren lebt Ervis Gega, Konzertmeisterin der Klassischen Philharmonie Bonn, am Rhein.

Mit ihrem veränderten Vornamen hat sie sich, hauptsächlich vom bürokratischen Dschungel abgeschreckt, mehr oder weniger abgefunden. Am Freitag wird die temperamentvolle Geigerin als Solistin in den vier Violinkonzerten von Antonio Vivaldi aus op. 8, besser bekannt als "Die vier Jahreszeiten", mit der Klassischen Philharmonie und Heribert Beissel, auftreten. Als Ervis Gega als 16-Jährige mit ihren Eltern, beide Musikpädagogen, nach Deutschland kam, schaffte die begabte Jungmusikerin den Sprung in die Klasse von Yfrah Neaman in Mainz. Der vor acht Jahren verstorbene Geiger galt in Fachkreisen als Phänomen. Er selbst, Jahrgang 1923, war Schüler des berühmten französischen Violinisten Jacques Thibaud am Consérvatoire de Paris. So gesehen ist Ervis Gega eine Enkelschülerin des legendären Thibaud.

Sie schwärmt geradezu, wenn sie von ihrem charismatischen Lehrer Neaman spricht, dem sie dann im Alter von 19 Jahren nach London folgte, um in seiner Meisterklasse weiter zu studieren. Im Anschluss wurde sie Mitglied des renommierten London Symphony Orchestra unter Sir Colin Davies, bevor sie aus familiärem Gründen nach Bonn kam. Bis 2006 war sie Stipendiatin der "Villa Musica" in Mainz, verbunden mit der Ausleihe eines "sehr guten" Instrumentes. Mit der Harfenistin Silke Aichhorn gründete sie im Jahr 2000 das "Spohr-Duo", das vor allem die zu Unrecht vergessene Originalliteratur für Harfe und Violine des Komponisten Louis Spohr (1784-1859) pflegt.

In Bonn lernte die selbstbewusste Musikerin Heribert Beissel kennen und schätzen. Bereits im Neujahrskonzert 2002 saß sie dann am ersten Pult bei der Aufführung der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven in der Beethovenhalle. Seitdem kennen wir sie in Bonn als Konzertmeisterin der Klassischen Philharmonie. Neben ihrer konzertierenden Tätigkeit liebt es Ervis Gega zu unterrichten. Als große Ehre empfand sie es, als man ihr nach dem Tod von Professor Neaman anbot, seine Klasse am Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz zu übernehmen, was sie gerne tat. In die Stadt Bonn ist sie, so sagt "verliebt", sonst wäre sie mit ihrer kleinen Familie, dem Mann und dem kleinen Söhnchen, vielleicht einem auswärtigen Angebot gefolgt. Außerdem wird ihre Bindung zu Bonn durch die fruchtbare musikalische Arbeit mit Heribert Beissel verstärkt.

Wenn die sympathische Musikerin von der Ausarbeitung der "Vier Jahreszeiten" mit Maestro Beissel erzählt, etwa wie er ihr die programmatische Schilderung der Hetzjagd und das Verenden des Wildes im "Herbst" vortrug, um sie zu einem bestimmten musikalischen Ausdruck zu inspirieren, bekommt man eine gute Vorstellung von der lebendigen Zusammenarbeit. "Wir beide lieben es, Details auszuarbeiten", erklärt sie und dabei haben sie große Ausdauer. Der Erfolg gibt ihnen recht, denn mit guten Kritiken wurde die gemeinsam entstandene Interpretation, die auf modernem Instrumentarium basiert, bereits in sieben Städten Deutschlands, darunter Karlsruhe, Wiesbaden und Bielefeld aufgenommen. Das Bonner Publikum darf also gespannt sein.

Neben den "Vier Jahreszeiten"

von Antonio Vivaldi stehen am Freitag Werke von Mozart und Haydn auf dem Programm. Karten an allen bekannten VVK-Stellen und bei der städtischen Konzertkasse unter Rufnummer (0228) 77 80 08