Neu-Isenburg – Beim Start ins WM-Jahr muss sich der Kapitän mit einer ungeliebten Nebenrolle begnügen. Manuel Neuer sitzt gegen Israel nur auf der Bank.
Hansi Flick setzt im ersten Testspiel auf dem Weg nach Katar am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) in Sinsheim auf eine Job-Teilung zwischen Marc-André ter Stegen und Kevin Trapp. Für Platzhirsch Neuer beginnt das Länderspieljahr erst drei Tage später im wichtigen Klassiker und echten Leistungstest gegen Holland.
Rochade im Tor gegen Israel
„Im Tor stehen Marc und Kevin”, verriet der Bundestrainer schon vor dem Abschlusstraining - und ergänzte: „Jeweils eine Halbzeit.” Launig fügte Flick hinzu: „Das andere haben wir nicht durchbekommen, dass beide gleichzeitig spielen dürfen.”
Flick dokumentiert in der ersten der insgesamt neun Partien vor dem WM-Anpfiff die klare Hierarchie auf der Torhüterposition. Teamsenior Neuer, der am Sonntag 36 Jahre alt wird, blickt seinem vierten WM-Turnier als Nummer 1 entgehen. Der in Kürze 30 Jahre alte ter Stegen, seit Jahren Stammkeeper beim FC Barcelona, muss sich damit abfinden, dass seine Rolle als Neuers Kronprinz im DFB-Tor langsam der von Prinz Charles als ewiger Thronfolger von Queen Elizabeth II. in England ähnelt. Ter Stegen will so gerne ran, aber Neuer tritt einfach nicht ab.
Trapp als Nummer drei dabei
Der 31 Jahre alte Frankfurter Trapp wiederum kann zufrieden sein, dass er Bernd Leno (FC Arsenal) vorerst als Nummer drei ausgestochen hat. Flick hatte Leno (30) jüngst in London getroffen, als er dort zur Spielbeobachtung weilte. „Ich habe ihm die Situation erklärt. Bernd spielt aktuell bei Arsenal nicht, deswegen ist Kevin aufgrund seiner Leistungen in den letzten Wochen und Monaten hier zurecht dabei”, schilderte Flick. Zu Saisonbeginn hatte der Bundestrainer die Rangfolge noch so benannt: Neuer, ter Stegen, Leno, Trapp.
Emotional schwierig bleibt die Situation für den Ex-Gladbacher ter Stegen. Schon vor zehn Jahren debütierte er als Jungspund im DFB-Tor. Auf das heftige 3:5 in der Schweiz folgten seitdem nur 26 weitere Einsätze. Nur bei einem Turnier durfte ter Stegen in all den Jahren auf dem Platz ran: Beim Gewinn des Confed Cups 2017, als der damalige Bundestrainer Joachim Löw auf etablierte Akteure wie Neuer freiwillig verzichtete, war ter Stegen in Russland die Nummer 1 im Tor.
In Flicks kurzer Amtszeit darf ter Stegen immerhin zum dritten Mal ran. Er spielte auch in der WM-Qualifikation bei den Siegen gegen Rumänien (2:1) und Armenien (4:1), als es die einzigen Gegentore gab.
Neuer kommt gegen die Niederlande zum Einsatz
Kapitän Neuer darf sich nach einer erst kürzlich erfolgten Operation am rechten Knie und vor den entscheidenden Saisonwochen mit dem FC Bayern München in Bundesliga und Champions League im kleineren Test gegen Israel schonen. Seinen Nummer-1-Status hat er bei Ex-Bayern-Coach Flick eh sicher. Neuer denkt im übrigen nicht daran, dass die WM in Katar am Jahresende auch sein Finale beim DFB bedeuten muss.
Es ist sehr gut möglich, dass er auch noch die Europameisterschaft 2024 anstrebt. Ein Turnier im eigenen Land hat der Weltmeister von 2014 noch nicht gespielt - und der EM-Titel fehlt ihm auch noch in der persönlichen Titelsammlung. „Ich habe immer gesagt, dass ich so lange, wie ich helfen kann, wie ich mich gut fühle, wie ich gebraucht werde und Spaß habe, dabei sein möchte”, sagte Neuer in dieser Woche.
108 Länderspiele hat Deutschlands Rekordtorhüter bestritten. Es sollen noch mehr werden. „Ich habe wirklich Freude, hier bei der Nationalmannschaft dabei zu sein. Das ist immer noch eine große Ehre für mich, auch wenn ich schon viele Jahre dabei bin und viele Spiele gespielt habe”, sagte der Kapitän. Ter Stegen muss weiter warten.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Deutschland - Israel, Samstag, 20.45 Uhr/ZDF
Deutschland: Ter Stegen (FC Barcelona/29 Jahre/27 Länderspiele) - Kehrer (Paris Saint-Germain/25/16), Ginter (Borussia Mönchengladbach/27/46), Schlotterbeck (SC Freiburg/22/0), Raum (TSG 1899 Hoffenheim/23/3) - Weigl (Benfica Lissabon/26/5), Gündogan (Manchester City/31/54) - Havertz (FC Chelsea/22/23), Müller (FC Bayern München/32/110), Musiala (FC Bayern München/20/9) - Werner (FC Chelsea/26/47)
Israel: Marciano (Feyenoord Rotterdam/32/34) - Dgani (Beitar Jerusalem/33/20), Bitton (Celtic Glasgow/30/38), Goldberg (Maccabi Haifa/26/0), Menahem (Maccabi Haifa/28/16) - Avraham (Maccabi Netanya/25/1), Abu Fani (Maccabi Haifa/23/11), Peretz (FC Venedig/26/25), Solomon (Schachtjar Donezk/22/26) - Dabbur (TSG 1899 Hoffenheim/29/35) - David (Maccabi Haifa/25/0)
Schiedsrichter: Maurizio Mariani (Italien)
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