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Ernst HubertyMit den Filmrollen auf dem Motorrad

Lesezeit 4 Minuten

Eine Legende: Ernst Huberty moderierte 1961 die erste „Sportschau” in einem winzigen Studio in Köln. (Bild: dpa)

Herr Huberty, am Montag wurden Sie in Hamburg von 700 Gästen mit Standing-Ovation gefeiert. Bei der Auszeichnung mit dem HERBERT-Award für Ihr Lebenswerk - Minuten für große Gefühle...

Kann man so sagen. Das waren Momente zwischen Freude und Tränen. Es war wirklich beeindruckend, wie alle im Saal sich erhoben haben. Oh Mann, oh Mann.

Die Auszeichnung galt Ihnen als Mister Sportschau. Sie haben die ARD-Kultsendung von 1961 bis 1982 verantwortet. Wie fing das an?

Am 4.Juni 1961 beim WDR in Köln, in einem winzigen Studio. Darin konnte man sich kaum drehen. Es war so eng, mit Platz nur für mich plus Kamera.

Kein Vergleich mit heute.

Ach Gott, wenn ich da nur an die Umstände denke, bis wir die Filmrollen im Studio hatten, per Motorrad oder per Hubschrauber. Mit dem Helikopter bin ich in all den Jahren wohl zwei- bis dreimal um die Welt geflogen. Einmal sind wir bei Nebel auf einem Gehöft gelandet und haben die Bäuerin erschreckt mit der Frage nach dem Weg zur Autobahn, an der wir uns orientieren wollten.

Abenteuerlich!

Ein anderes mal wurde bei der Ankunft auf dem trockenen Hartplatz neben dem damaligen Dortmunder Stadion Rote Erde so viel Staub aufgewirbelt, dass die Zuschauer wie Indianer aussahen, alle voller rotem Sand.

Ein besonderes Markenzeichen der ARD-Sportschau ist das Tor des Monats .

Ein Erfolg, den wir anfangs schwer unterschätzt hatten. Schon beim ersten Mal gingen gut 200 000 Postkarten ein. Sie alle auszuwerten war von uns überhaupt nicht zu bewältigen. Also bin ich mit den Kartons ins Kölner Gefängnis gegangen, den Klingelpütz. Dort wurde dann gegen eine kleine Belohnung das Sortieren der Karten erledigt. Diese waren teilweise sehr originell gestaltet, mit Bildchen, kleinen Gedichten oder auch Wünschen

Ein Beispiel, bitte.

Mir schrieb mal ein Mann, dass ihm meine Krawatte aus der Sendung gefallen habe. Er bat mich, sie ihm mal auszuleihen für seine Geburtstagsfeier. Ich würde sie garantiert zurückbekommen, frisch gereinigt. Und so kam es dann auch - allerdings war die Krawatte dann unbrauchbar geworden, durch die Reinigung hatte sich das Inlett verzogen

Gefragt waren Sie nicht nur wegen Krawatten, auch als Ausbilder für heute gestandene Fernsehleute machten Sie sich einen Namen.

Ich habe fast alle Leute bei Premiere, heute Sky, und SAT.1 gecoacht. Reinhold Beckmann gehört dazu, mit Johannes B. Kerner habe ich gearbeitet, mit Oliver Welcke und Monica Lierhaus - um nur die Prominenten zu erwähnen. Ich könnte 50 oder 60 weitere Namen von Reportern nennen, mit denen ich gearbeitet habe.

Wenn Sie sagen gearbeitet , wie muss man sich das vorstellen ?

Wer neu im Geschäft war, hatte eine Probe-Reportage zu machen, die dann eineinhalb Stunde analysiert wurde. Den meisten Kandidaten musste vor allem beigebracht werden, weniger zu reden. Am schwierigsten waren hier übrigens Kollegen, die Erfahrung vom Rundfunk hatten. Die mussten ja immer ein Bild aufbauen. Der Fernsehzuschauer hat das aber ja längst.

Die Stelle von Monica Lierhaus in der ARD-Sportschau wurde nicht erneut durch eine Frau besetzt.

Dass die ARD in ihrer Sportschau erst nach 38 Jahren durch Anne Will mit einer Frau präsentiert wurde, war ein Fehler. Und es war viel zu spät.

Warum nicht früher ?

Frauen, die gut waren, haben es uns nicht leicht gemacht. Viele, die in Frage gekommen wären, trauten sich nicht, sie haben gesagt oh, das ist eine Männer-Domäne, gerade die Sportschau mit ihrem Fußball. Gut, wenn man den einfachen Weg gehen will, sagt man irgendwann: dann machen es halt die Männer.

Für Monica Lierhaus kommt demnächst Matthias Opdenhövel. Wie sehen Sie seine Zukunft in der ARD-Sportschau ?

Es wird interessant sein, wie er sich mit dem Medium Sportschau auseinandersetzt. Hier sind die Möglichkeiten mehr eingeschränkt als in einer Unterhaltungssendung. Er wird jetzt in 40 Sekunden das sagen müssen, was er sonst in zwei Minuten sagen kann. Dafür hat Oliver Welcke lange gebraucht. Er kam ja vom Hörfunk zu SAT.1 und hatte Schwierigkeiten damit, in kürzester Zeit auf den Punkt zu kommen. Ein intelligenter junger Mann, der das dann glänzend kapiert hat. Das traue ich auch dem Opdenhövel zu.

Der Name Ernst Huberty steht für die Sportschau und für Fußball. War das immer so in Ihrem Reporter-Leben?

Angefangen habe ich mit Theaterkritiken für die Rhein-Zeitung in Koblenz, habe Hörfunkreportagen gemacht für den Südwestfunk, den Karnevalszug in Mainz übertragen.

Bis dann 1950 der Sport kam, da waren Sie 23 Jahre alt. Heute sind Sie 84 Jahre alt - spielt der Sport noch eine Rolle?

Ich gehe dreimal die Woche in ein benachbartes Fitness-Studio. Und bei mir daheim in unseren Pool zum Schwimmen nach diesem Interview.