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ErinnerungenDer Künstler Werner Peiner

Lesezeit 6 Minuten

Wie in den 20er Jahren malte Peiner nach Ende des Zweiten Weltkriegs , so etwa in den 60er Jahren für eine Feuerversicherung den St. Georg, der den Feuerdrachen bekämpft. (Bild: Eigentum der Gemeinde Dahlem/Repro: Manfred Hilgers)

Gemünd – Was für ein Mensch ist ein Künstler, der den Nazis im „Dritten Reich“ eine Kunst liefert, die diesen gefällt und mit der sie die Menschen indoktrinieren können? Der junge Kunststudenten im Auftrag des NS-Regimes ausbildet? Sich von Männern wie Hermann Göring hofieren und protegieren lässt? Die Dokumentation über den Maler Werner Peiner (1897 bis 1984) und die Malerschule in Kronenburg, wie sie für das „KunstForumEifel“ in Gemünd für 2012 geplant ist, nimmt immer konkretere Formen an.

Auf die Frage nach Persönlichkeit und Charakter des umstrittenen Kronenburger Kunstprofessors winkt der Macher der Ausstellung, Dr. Dieter Pesch, ab: Seit Wochen sichtet er Biografien, Bilder, Tagebücher und Korrespondenz, spricht mit Zeitzeugen und Nachfahren, mit Schülern, Freunden und Feinden des Mannes, dessen historische und künstlerische Rolle er beleuchten will. Doch ein Profil zeichnen? „Das kann ich noch nicht. Dazu ist es einfach noch zu früh“, sagt Pesch. Um dann nachzusetzen: „Peiner erscheint mir als Mann, der nix dazugelernt hat.“

Nach wie vor ist der Forumsleiter überrascht vom Gegenwind, der ihm seit Bekanntwerden seines Projektes entgegenweht. Doch unbeirrt bereitet er die Dokumentation vor. Das KunstForum, so Pesch, sei selbstverständlich die richtige Institution und der richtige Ort, sich in angemessener, objektiver und kritischer Weise mit Leben und Werk des Malers zu beschäftigen. Und es werde Zeit. Schon jetzt sei es schwierig, Menschen zu befragen, die Peiner gekannt und ihn auch schon in der NS-Zeit erlebt haben. Nach der Berichterstattung, so Pesch, hätten sich bei ihm zahlreiche Zeitungsleser gemeldet, um entweder Dokumente oder Gemälde zur Ausleihe anzubieten oder sich als Zeitzeugen zur Verfügung zu stellen, welche die eine oder andere Facette des Malers Peiner beleuchten könnten.

Als besonderen Glücksfall sieht Dieter Pesch, dass die Familie Werner Peiners, seine Tochter und sein Enkel, bei einem Besuch in Haus Vorst bei Leichlingen volle Unterstützung zugesagt hätten. „Marcus Albanus, der Enkel Peiners, hat mir sofort quasi jede Schublade geöffnet“, so Pesch. Albanus habe ihm versichert, dass ein solches Ausstellungskonzept auch ganz im Sinne seiner bisherigen Arbeit und Beschäftigung mit dem Werk seines Großvaters sei.

Unabhängig davon, zu welchem Schluss Geschichte und Kunstgeschichte zu Peiner kommen würden, sei es laut Marcus Albanus eine „unheimlich interessante Lebensgeschichte eines Künstlers im Deutschland des 20. Jahrhunderts“. Und um aus ihr zu lernen, müsse sie wahrheitsgetreu und frei von Emotionen erzählt werden.

In Haus Vorst befindet sich der komplette Nachlass des Malers, darunter Tagebücher seit den 20er Jahren, eine komplette Dokumentation der Presseberichterstattung über den Künstler, von dessen Frau Resi bereits in den frühen 20er Jahren begonnen, das Auftragsbuch, vom ehemaligen Schüler Klemens Siebeneichler in kalligraphischer Schrift verfasst, sämtliche Druckschriften, die über Peiner berichten und eine große Zahl Gemälde, vor allem solche aus den frühen Jahren, sowie zahlreiche Dokumente zur Kronenburger Malerschule. Die Familie habe sich bereit erklärt, für die Dokumentation im „KunstForum“ alle benötigten Dokumente zur Verfügung zu stellen, um diese in aller Offenheit zu bewerten. „Anhand der Materialien dieses Archivs, weiterer Archivalien unterschiedlicher Stellen sowie zweier Dissertationen über den Maler Peiner aus 2009 und 1995 wird es gelingen, die kunsthistorischen wie den politischen Aspekte der Rolle Werner Peiners als Maler von den 20er bis in die 80er Jahre zu beleuchten, vor allem aber seine Rolle im NS-Staat“, so Pesch.

Führende Nationalsozialisten gaben Peiner und der Malerschule Aufträge für Wandteppiche, so für das Reichsaußenministerium und die neue Reichskanzlei. „Die Auswertung von Korrespondenzen, der kunsthistorischen Publikationen und der NS-Presse werden ein relativ vollständiges und realistisches Bild der Rolle Peiners im Kunstbetrieb Nazi-Deutschlands ermöglichen“, verspricht Pesch.

Was machte Peiner und dessen Kunst für das NS-Regime so interessant? „Die Nationalsozialisten hatten im Prinzip selbst keine konkrete Vorstellung, was und wie NS-Kunst genau sein sollte“, sagt Pesch. Zum Teil habe man bei Peiner sogar Bilder ohne exakte inhaltliche Vorgaben bestellt - etwa für die neue Reichskanzlei: „Malen Sie ein paar Schlachten.“ Peiners Sicht der schönen Welt sowie dessen heroische Landschaften und Bildaussagen hätten den Nazis, die auch mit Kunst Menschen ideologisch beeinflussen wollten, gefallen und ins Konzept gepasst. Das galt vor allem auch für Peiners Weg zurück in den mittelalterlichen Werkstattbetrieb der Kunst. „Die Kunst im Kollektiv“, so Pesch, „war für die Nazis regier- und lenkbar.“ Peiners Schüler seien nach diesen Erfahrungen ganz andere Wege gegangen. „Sie wollten individuelle Kunst machen“, sagt Pesch.

Warum ließ sich Peiner von den Nationalsozialisten vor deren Karren spannen? War er Verführer oder Verführter? Eine Frage, die laut Pesch schwer zu beantworten ist. War es Geltungssucht? Oder Machtstreben? Finanziell, so Pesch, habe Peiner das jedenfalls nicht nötig gehabt. Denn schon als junger Künstler und Professor habe er sehr gut verdient. Peiner sei seinem Stil bis zu seinem Tod treu geblieben. Pesch: „So malte er auch schon in den 20er Jahren.“ Und so malte er auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, etwa in den 60ern für eine Feuerversicherung den auf dieser Seite abgebildeten St. Georg, der den Feuerdrachen bekämpft (Bild: Eigentum der Gemeinde Dahlem / Repro: Manfred Hilgers).

Ob Porträts, monumentale Landschaften, Stillleben oder religiöse Themen, die er schon in den 20er Jahren aufgegriffen habe, - deutlich, so Pesch, sei stets Peiners Affinität zu Künstlern der frühen Renaissance. Peiner selbst hatte offenbar wenig Bedenken, seine Bilder in den Dienst der NS-Ideologie zu stellen. Als 1933 der Mechernicher Stadtrat beschlossen habe, Adolf Hitler - wie in vielen anderen deutschen Städten - zum Ehrenbürger zu ernennen, habe man von Peiner ein Bild als Geschenk für Hitler haben wollen. Peiner, so Pesch, habe zu der Zeit ein Bild mit einem Eifeler Acker fertiggestellt. Das habe kurzerhand den Titel „Deutsche Erde“ erhalten. Und habe Hitler offenbar gefallen. Das Original sei verschollen, aber die Nazis hätten jede Menge an Drucken und Postkarten produziert.

Jedoch habe Peiner nicht jeden Auftrag erfüllt. Görings Bitte, seine Ehefrau zu malen, lehnte Peiner ab. Weil er in Porträts nicht mehr geübt sei. Peiners Frauenakte, so habe er es selbst eingeschätzt, seien immer sehr unerotisch gewesen, sagt Pesch. Als Peiner beauftragt wurde, für den Führerbau in München die „weiblichen Tugenden“ darzustellen, erfüllten die Ergebnisse nicht die Erwartungen der Auftraggeber. Was Peiners Bewunderer Göring nicht abhielt, die „weiblichen Tugenden“ in seinem Anwesen „Carinhall“ aufzuhängen.