Drei Tage bei Wasser und trocken Brot
HENNEF. Der Tester macht Druck. Karl-Heinz Schmalz presst mit seiner Hand das Probestück platt, horcht und lässt wieder locker. Es hat geknackt, und nichts ist abgesplittert. Schmalz nickt, murmelt: Die Rösche ist zart-splittrig und greift zum Säge-Messer. In die Brötchenhälften steckt er nun seine Nase und atmet tief durch, dann beißt er zu. Trocken Brot und Wasser, daraus besteht sein zweites, drittes, zehntes und vierzigstes Frühstück an diesem Tag. Und nach jedem Häppchen folgt der Gang zum Laptop, wo Schmalz seine Eindrücke abspeichert, um auch den Kopf wieder frei zu haben für das nächste Probierstück. Bäcker Thomas Bröhl beobachtet die Prozedur im Berufskolleg Hennef ganz gelassen. Der Meister seines Fachs hat schon Goldmedaillen gewonnen bei der Prüfung der Innung und keinen Bammel davor, diesmal vielleicht durchzufallen. Bei Handarbeit kann immer mal etwas passieren, sagt der 36-Jährige aus Troisdorf-Sieglar. Man kann halt nicht ins Brot hineingucken.
Das ist der Job des Qualitätstesters, der als einer von Dreien im Auftrag des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks das ganze Jahr durch die Republik reist, riecht, kaut und Krume für Krume mit der Zunge an den Gaumen drückt. Das Adventbrot zum Beispiel, gut in Form liegt es da, doch im Innern klafft ein Loch: Da ist ein Bäckermeister durchgekrochen, scherzt Wolfgang Schlösser, der für die Innung den Test begleitet (siehe nebenstehender Artikel Freiwillig). Woran liegt s? Vermutlich unbemerkt ein Klümpchen Mehl eingewirkt, sagt Schmalz. Durchgefallen! Beim Wirken, das unter Nicht-Experten Kneten heißt, muss eine gleichmäßige Struktur entstehen, die beim Weizenbrot lockerer ist, beim Roggen fester, ganz grob gesagt. Die Feinheiten fallen nur dem Feinschmecker auf. Das Sonnenblumenbrot enthält zu viel Malz, das färbt zwar schön dunkel, stört aber den Geschmack der Ölsaat. Eine Rille im Weißbrot ist heller als die anderen. Den Teig muss der Bäcker ein bisschen zu stark zusammengeschoben haben, bevor er ihn in den Ofen schob, meint Schmalz. Durchgefallen! Das Bäckerhandwerk scheint ein hartes Brot zu sein. Was alles schief gehen kann: Ob es regnet oder schneit hat Einfluss auf den Teig genauso wie die Temperatur in der Backstube, die montags niedriger ist. Die Getreidesorten machen den Unterschied, die Menge des Sauerteigs und der Hefe (zu viel lässt die Brötchen pappig werden). Wie lang ein Teig ruht, ist wichtig, und wie lange Mehl schon im Silo lagert.
Nur das Perfekte hat eine Chance, nur fehlerfreie Brote, Brötchen und Stollen können bei Schmalz absahnen - und für die Qualitätsarbeit im Handwerk werben. Es geht aber auch anders, weiß Bröhl: Mein Hausbrot bringe ich gar nicht erst hierher. Doch meine Kunden lieben es.