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Der letzte KriegerVor 120 Jahren starb Sitting Bull

Lesezeit 3 Minuten

Der Häuptling Sitting Bull (Bild: dpa)

NEW YORK. Die beiden berühmtesten Indianer der Welt könntenverschiedener kaum sein: Während der vom Schriftsteller Karl Mayerdachte Winnetou als edler Häuptling mit seinem stolzen Stamm durchgrüne Täler ritt, sah die Welt des realen Sitting Bull anders aus:Krieg, Verrat und Vertreibung, Hunger und Kälte, Feuerwasser und Tod.Sitting Bull war einer der einflussreichsten Indianer der Geschichte.Vor 120 Jahren wurde er unter bis heute nicht endgültig geklärtenUmständen erschossen.

Geboren wurde «Springender Biber» in einem Indianerzelt in SouthDakota vermutlich im Jahr 1831 - so genau wusste er das selbst nicht.Er war der Sohn eines Häuptlings der Lakota, die mit den Dakota undden Nakota die Gruppe der Sioux bilden. Mit zehn jagte er den erstenBison und mit 14 war er beim Kriegszug gegen die Crow erfolgreich.Wegen seines Mutes erhielt er einen der Ehrennamen seines Vaters:«Sich setzender Bulle», «Sitting Bull».

Etwa zehn Jahre später tötete er einen Crow und wurde zum Führerder Krieger. Doch als sein Vater 1859 getötet wurde, wurde nichtSitting Bull der neue Häuptling - der Stamm war längst zerrissen.

Die Kultur der Prärie-Indianer, die viele von Karl May kennen, warnur ein kurzes Kapitel im Geschichtsbuch der Ureinwohner. DieseStämme standen stets unter dem Druck der einwandernden Europäer. DieRegierung in Washington wollte neben Land für die einströmendenNeuamerikaner vor allem Ruhe im Westen und ließ die Indianer notfallsvon der Armee «befrieden». Innerhalb eines Jahrhunderts erlebte dieKultur der Prärie-Indianer ihre höchste Blüte und ihren Niedergang.

Ein Teil der Lakota wollte sich in den 1860er Jahren fügen und indie kleinen unwirtlichen Reservate umziehen, ein Teil nicht. SittingBull wurde einer der Führer der Renegaten und nahm für den legendärenHäuptling Red Cloud an kleineren Gefechten teil. «Sitting Bull lehntejeglichen Verzicht auf Land und Freiheit ab», schreibt der HistorikerRudolf Oeser, «während andere Indianerführer sich schon seit Jahrenin den Reservaten niedergelassen hatten».

Bei seinem größten Erfolg war Sitting Bull gar nicht dabei. Er warauch geistiger Führer seiner Krieger und hatte sich beim Sonnentanzso verausgabt, dass er bei der Schlacht am Little Bighorn 1876fehlte. Eine Woche vor dem 100. Geburtstag der USA rieben seineKrieger unter Führung von Crazy Horse die Truppe von OberstleutnantGeorge Custer auf, Gefangene machten die Indianer nicht. Der größteErfolg gegen die US-Armee gelang den Indianern allerdings nicht durchtaktische Finesse. Ihre Führung war chaotisch, aber immer noch besserals die des talentierten, aber hoffnungslos arroganten Custer.

Es war der letzte Sieg der Indianer. Sitting Bull floh mit seinenMännern nach Kanada, vier Jahre später zog er ins Reservat. DieWeißen behandelten ihn mit Respekt und nahmen ihn auf Vortragstourenmit. Der Weltruhm kam mit William Cody, der als Buffalo Bill mitseiner Wildwestshow der Welt das Geschrei mit der auf den Mundklopfenden Hand als Kriegsgeheul der Indianer verkaufte. Codybehandelte Sitting Bull fair und bezahlte ihn ordentlich, schreibtOeser. Auf der Europatournee war er aber nicht dabei. Wie einTomahawk schlug die Show insbesondere in Deutschland ein - das lagauch an Karl May.

Zurück im Reservat blieb Sitting Bull ein Rebell. Als die Behördenvom Geistertanz hörten, vermuteten sie nicht ganz zu Unrecht in derReligion auch Aufruhr. Sitting Bull sollte als ihr potenziellerFührer festgenommen werden. Am 15. Dezember 1890 umstelltenindianische Polizisten seine Hütte. Einer von Sitting Bulls Leutenschoss und es entwickelte sich eine wilde Schießerei.

Nach ein paar Minuten waren 15 Menschen tot. Mit seinem 17-jährigen Sohn starb auch Sitting Bull. Der große Krieger war tot.Spät ehrte ihn die US-Post mit einer eigenen Briefmarke. Da war «Dersich setzende Büffel» schon 99 Jahre tot.

(dpa)