Auswanderer in NamibiaKaffee und Bier bei Mister Jürgen

Gummersbacher Treffpunkt mit Meerblick: Das Museumscafé von Jürgen Holzmann in Swakopmund istdie Anlaufadresse für Oberberger, wenn sie Namibia besuchen. (Foto: Dohrmann)
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GUMMERSBACH / SWAKOPMUND – Wer das Neueste aus Gummersbach wissen möchte, der bestellt sich am besten einen Kaffee oder ein Bier bei Mister Jürgen und genießt den Sonnenuntergang mit Blick auf den Atlantik, wo sich Delfine und Robben tummeln.
Wen dann außerdem noch der Hunger packt, der ordert vielleicht ein „Chef Krüstchen“ bei Mister Jürgen und lässt sich auf ein angeregtes Gespräch mit dem Chef ein. Die Entwicklung am Steinmüller-Gelände, VfL-Ergebnisse oder das Schützenfest, Mister Jürgen hat das Ohr an der Schiene, auch wenn die Schiene tausende Kilometer weiter nördlich auf einem anderen Kontinent verläuft. Wer Namibia besucht, besucht den beschaulichen Badeort Swakopmund. Der ist geprägt durch deutsche Architektur, die Straßen haben deutsche Schilder, serviert wird „Schwarzwälder Kirsch“ und „Käsesahne“.
Kaum zu glauben, aber die ehemalige deutsche Kolonie Südwest-Afrika fühlt sich manchmal deutscher an als Deutschland selbst. Und mittendrin hält ein Gummersbacher die Fahne hoch: Bei Jürgen Holzmann im Museumscafé am Meer trifft sich, wer sich sowieso schon aus der oberbergischen Kreisstadt kennt. Was nicht zuletzt an der offenen Art des Managers, wie man ihn hier nennt, liegt; der sich gerne mal mit an den Tisch setzt und ein wenig über alte und neue Zeiten plaudert.
Meist hört man Mister Jürgen schon, wenn man sich noch gar nicht gesetzt hat: „Wo bleibt das Kassler für Tisch sieben?“, „Zack, zack, three coffie für Tisch fünf“, „Bringt doch mal einer schnell einen Lappie für table two, hier ist eine bottle umgefallen“. Mister Jürgens Mitarbeiterinnen sind den eigentümlichen Mix aus Deutsch, Englisch und Afrikaans gewöhnt. Und wenn der Chef daneben steht, weiß man auch nicht wirklich, was mit afrikanischer Langsamkeit gemeint ist: Der Laden brummt, der Service stimmt.
Was den Gummersbacher von heute wiederum wenig verwundert: Der Name Holzmann war jahrzehntelang aus der hiesigen Geschäftswelt nicht wegzudenken: Seit 1945 ist die Bäcker- und Konditorenfamilie ein Begriff. Vater Hermann war lange Jahre Obermeister der Bäckerinnung sowie Kreishandwerkermeister. Die erste Filiale gründete er bereits 1950 in Niederseßmar. Und sein Sohn Jürgen baute den elterlichen Betrieb rasch aus: Bismarckplatz, Hepel, Kaiserstraße, Wilhelmstraße, Karstadt, Krankenhaus, Stadthalle sind nur einige Stationen.
1965 war Jürgen Holzmann erstmals in Afrika, reiste drei Tage und drei Nächte auf abenteuerliche Manier mit dem Zug von Johannesburg bis Swakopmund. Das neblige Dorf, damals bestehend aus einer Hauptstraße und ein paar Häusern, begeisterte ihn wenig: „Hier sah es aus wie im Wilden Westen.“ Er blieb dennoch, arbeitete in der Bäckerei und spielte nach Feierabend Fußball. Seine zukünftige Frau erspähte er zwischen den Zuschauern. Gabi Holzmann war 1953 mit ihren Eltern aus dem Ruhrgebiet zu den Diamantenminen in Südwest ausgewandert und machte in Swakopmund gerade ihre Ausbildung zur Bürokauffrau.
Gemeinsam zog das Ehepaar Ende der 1960er Jahre zurück ins heimische Gummersbach, übernahm den elterlichen Betrieb und bereiste das ferne Namibia seitdem regelmäßig. Seit sechs Jahren leben die beiden wieder in Namibia. Lange Zeit schon fungiert Jürgen Holzmann als Berater eines großen Bäckerei-Familienbetriebes, steht dafür jeden Morgen wieder in der Backstube und managt das Café am Meer.
Und auch Frau Gabi kann sich nicht vorstellen, den ganzen Tag nur mit Moritz, dem Terrier, spazieren zu gehen. Sie steht hinter der Ladentheke des Cafés im Ortskern und verkauft Eis und Nussecken. Wenn das Heimweh zu groß wird, sei es nach den Söhnen oder den beiden Enkelkindern, dann buchen die Holzmanns wie auch jetzt wieder einen Flug zum Schützenfest.
Und der 70. Geburtstag im kommenden Jahr wird unter Garantie auch in der Kreisstadt gefeiert.