AboAbonnieren

AusgangssperrenBayern prescht vor, Saarland will nachziehen – Beratungen stehen an

Lesezeit 4 Minuten

Markus Söder (CSU) nimmt an einer Pressekonferenz teil.

München – Zur Eindämmung des Coronavirus hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) weitreichende Ausgangsbeschränkungen für sein Bundesland angekündigt. Das Verlassen der eigenen Wohnung ist ab Samstag nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt, wie er am Freitag in München deutlich machte. Dazu zählen unter anderem der Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Hilfe für andere, Besuche von Lebenspartnern, aber auch Sport und Bewegung an der frischen Luft - dies aber nur alleine oder mit den Personen, mit denen man zusammenlebt.

Wegen der Corona-Krise wollen die Bundesländer nach seinen Angaben auch weitere deutliche Einschränkungen für Gastronomiebetriebe umsetzen. „Wir werden auch die Gastronomie ab morgen grundlegend schließen“, sagte Söder. „Keine Gastronomie hat mehr geöffnet, nur noch, wenn es um to go, Drive-in oder entsprechende Lieferungen geht. Dies ist auch etwas, was nahezu alle Bundesländer jetzt umsetzen wollen.“

Bundesregierung: Nicht in Gruppen treffen

Auch das Saarland will im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus eine Ausgangsbeschränkung erlassen. Das werde Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) noch am Freitag dem Kabinett zum Beschluss vorschlagen, teilte die Staatskanzlei in Saarbrücken mit.

Als Reaktion auf die Sorglosigkeit vieler Menschen hatte die Diskussion über Ausgangssperren oder Betretungsverbote von Parks und Plätzen vorher an Fahrt aufgenommen. Die Entscheidung in Bayern war dem Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, aber zunächst nicht bekannt. Dies zeige sicherlich, dass die Absprache und die Koordination am Sonntag „besonders wichtig ist“, sagte er vor der Bundespressekonferenz. Die Bundesregierung mahnte die Menschen in Deutschland abermals eindringlich, sich wegen der Corona-Krise nicht in Gruppen zu treffen.

Coronavirus: Merkel berät mit Bundesländern am Sonntag

Über weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens wird Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag mit den Bundesländern beraten. Dabei werde die Wirkung der bisherigen Maßnahmen schonungslos analysiert, kündigte Seibert an. Zugleich gelte es, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. „Wir handeln als Demokratie“, sagte er. „Das gilt jetzt, und das wird auch weiter gelten.“ Zur Frage nach einem Notstand sagte Seibert: „Der Begriff ist nicht gefallen, und das hat Gründe.“

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, sagte, es wäre „unseriös“, jetzt schon darüber zu spekulieren, welche möglichen Maßnahmen in zwei oder drei Tagen noch anstehen könnten. Alle Anordnungen müssten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Zur Klärung der verschiedenen Begriffe in der öffentlichen Diskussion - wie Ausgangssperre und Betretungsverbot - sagte er, es gebe keine einheitlichen, gesetzlich gefassten Begriffe für die unterschiedlichen Auflagen. Eine öffentliche Anordnung müsse aber verständlich und so beschrieben sein, dass sie für alle eindeutig zu verstehen sei.

Helge Braun: „Werden uns das Verhalten am Wochenende anschauen“

Kanzleramtschef Helge Braun sieht den Samstag als eine Wegmarke. „Wir werden uns das Verhalten der Bevölkerung an diesem Wochenende anschauen“, sagte der CDU-Politiker dem „Spiegel“. „Der Samstag ist ein entscheidender Tag, den haben wir besonders im Blick.“

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster plädierte dafür, das von der Stadt Freiburg erlassene Betretungsverbot für Gruppen an öffentlichen Orten bundesweit einzuführen - auch, um eine generelle Ausgangssperre zu vermeiden, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. Inzwischen wurden für andere Städte bereits ähnliche Verbote ausgesprochen.

Baden-Württemberg will Menschenansammlungen verbieten

Auf öffentlichen Plätzen in Baden-Württemberg sollen Menschenansammlungen verboten werden. Die Landesregierung bereitet ein Niederlassungsverbot für Gruppen auf öffentlichen Plätzen vor, wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Regierungskreisen erfuhr.

Freiburg hat bereits ein sogenanntes Betretungsverbot für öffentliche Orte beschlossen, das aber nur für Gruppen gelten soll. Es tritt an diesem Samstag in Kraft und soll bis zum 3. April gelten. Es handelt sich nicht um eine generelle Ausgangssperre. Wer sich im Freien aufhalten möchte, darf dies weiterhin tun, allerdings nur allein, zu zweit oder mit Menschen, die in seinem Haushalt leben. Man darf zudem weiterhin zur Arbeit oder zum Arzt gehen sowie Lebensmittel einkaufen. Mit der Maßnahme will die Stadt die Ausbreitung des Virus eindämmen.

Streit bei Rot-rot-grün in Berlin

In der rot-rot-grünen Regierungskoalition von Berlin gibt es beim Thema Ausgangssperre unterschiedliche Ansichten. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ist dafür, hat sich mit ihrer Position aber bei der Sondersitzung des Senats am Donnerstagabend nicht durchsetzen können.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Senatorin Kalayci hat dem Senat eine Ausgangssperre empfohlen, die abgelehnt wurde“, teilte ihre Sprecherin am Freitag mit. Die „Berliner Morgenpost“ berichtet online von einem „heftigen Streit“ über das Thema, bei dem Kalayci für ihre Pläne kritisiert worden sei.

Armin Laschet: Ausgangssperren das „allerletzte Mittel“

Eine Ausgangssperre bleibt für Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) „wirklich das allerletzte Mittel“. Schon jetzt seien zahlreiche Grundrechte, wie die Bewegungsfreiheit und die Religionsfreiheit eingeschränkt worden, sagte Laschet am Freitag in einer Bürger-Fragestunde des Radiosenders WDR 2. „Der Staat muss sorgsam überlegen, wie weit kann er gehen.“

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht Ausgangssperren als letztes Mittel, um eine Ausbreitung des Corona-Virus in Sachsen zu verlangsamen. Dies geht aus einem Interview hervor, das er der „Sächsischen Zeitung“ in Dresden gab (Freitag). Eine Ausgangssperre wolle niemand, da sie das Leben massiv einschränken würde. (dpa)