Ausflugslokal „Heimatblick“Wo bei „Rebellenblut“ heiß diskutiert wurde
BORNHEIM-ROISDORF - Länger als ein halbes Jahrhundert galt der „Heimatblick“ als beliebtes Ausflugsziel. Jetzt schließt er seine Pforten; am Sonntag ist das Lokal in Bornheim-Roisdorf zum letzten Mal geöffnet. Ab 1. Oktober wird der Betrieb von der Firma TXL Business Academy übernommen. Viele Stammkunden kamen in den letzten Wochen vorbei, um sich bei Heike und Alfred Kempf zu verabschieden und für die Jahrzehnte lange Gastfreundschaft zu bedanken.
Einige von ihnen erinnern sich noch gut an den 1. April 1950, als die Eltern von Alfred Kempf einen kleinen Kiosk hoch oben über Roisdorf eröffneten und so die ersten Touristen bewirtetet haben. „Damals hatten meine Eltern hier einen landwirtschaftlichen Betrieb und den Brombeeranbau“, erzählt Kempf, der auf dem Heimatblick groß geworden ist. Die Geschäfte liefen gut und so bauten Heinrich und Lotte Kempf eine kleine Gaststätte. Mit Pferd und Wagen habe sein Vater den Garten angelegt und nach und nach die Brombeerplantage vergrößert. Doch die Leute kamen nicht nur wegen der guten Bewirtung und des Brombeerweins, auch „Rebellenblut“ genannt.
Bei schönem Wetter hat man von dort einen Ausblick von Köln über das Bergische Land bis ins Siebengebirge. 1968 erfolgte schließlich der Ausbau des Hotel- und Restaurantbereichs in seiner jetzigen Form. In den 1970er Jahren waren der Heimatblick und der Brombeerwein Kult, insbesondere bei Studenten in Köln und in Bonn. Für viele war es ein Muss, dort oben bei einem Glas Rebellenblut gesessen und diskutiert zu haben. Noch heute kommen ehemalige Studenten vorbei, um sich mit „Rebellenblut“ einzudecken. Die Brombeerplantage hatte inzwischen eine Größe von drei Hektar.
1983 übernahm Alfred Kempf den Betrieb seiner Eltern. Hautnah erlebte er die goldenen Zeiten des Unternehmens. „Unter anderem lud Gustav Heinemann hierher zur Weihnachtsfeier ein und der 1. FC Köln hatte hier sein Trainingslager eingerichtet, und für drei Monate hatte sich Anfang der 1990er Jahre sogar die Kelly Family hier eingemietet“, erzählt Kempf.
Später wurde das Geschäft immer schwieriger. Im Sommer, bei schönem Wetter laufen die Geschäfte bis heute prima, doch in den Wintermonaten ist es ruhig geworden. Noch kann sich das Wirtepaar nicht vorstellen, die Verantwortung für ihr Unternehmen in fremde Hände zu legen, doch die Vertragsunterschrift steht unmittelbar bevor. Die Firma TXL Business wird das gesamte, rund vier Hektar große Anwesen mieten. Sie plant dort ein Büro- und Schulungszentrum für den Devisenhandel. Laut Kempf hat die Kellerei Schwadorf aus Alfter Teile der Brombeer-Plantagen gepachtet, um auch künftig das begehrte „Rebellenblut“ zu produzieren.