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Als Drogenkurier für seine Familie „Zubrot“ verdient

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EUSKIRCHEN. In Handschellen und mit zwei Wachmeistern als Eskorte betrat ein 42-jähriger Drogenkurier den Gerichtssaal im Euskirchener Amtsgericht. Ein Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Dr. Fabian Krapoth hatte das Strafmaß für drei Kurierfahrten zu bestimmen, die der Mann, der die türkische und niederländische Staatsangehörigkeit besitzt, von April bis Juni dieses Jahres durchgeführt hatte.

Die Beweislage war klar: Nach einer Telefonüberwachung durch die Kripo war der in Verdacht geratene Mann bei seinem dritten Coup mit 248 Gramm Kokain im Gepäck in Euskirchen verhaftet worden. Da Leugnen nichts mehr half, legte der 42-Jährige ein umfassendes Geständnis ab.

Seine Geschichte zu den Umständen der begangenen Straftaten lieferte den Fahndern letztendlich nicht nur die Euskirchener Hintermänner dieser Drogengeschäfte. Sie offenbarte dem Gericht auch, dass es sich bei dem Angeklagten um einen eher „kleinen Fisch“ im großen Teich der Drogen-Geschäfte handelte.

Seit 2006 lebt der Mann in den Niederlanden. Als Kurierdienst-Fahrer habe er mit 1300 Euro seine fünfköpfige Familie und sich selbst mehr schlecht als recht über Wasser gehalten. Da sei ihm das Angebot eines Fremden gerade recht gekommen, sich ein Zubrot zu verdienen. So transportierte er für seinen Auftraggeber im April und Mai dieses Jahres jeweils 100 Gramm Kokain aus den Niederlanden nach Euskirchen und übergab die Drogen hier an zwei regionale Dealer.

Für jede Fahrt kassierte er 800 Euro „Lohn“. Das sei für ihn viel Geld gewesen, erklärte der Angeklagte dem Gericht.

Seit er bei seiner dritten Fahrt vor einem halben Jahr verhaftet wurde, saß der Mann in Untersuchungshaft. Die Euskirchener Dealer, denen er das Kokain lieferte, befinden sich längst wieder auf freiem Fuß. Sie genießen Haftverschonung und melden sich regelmäßig bei der Polizei. Eine Fluchtgefahr besteht bei ihnen offenbar nicht.

In der Türkei

19 Monate inhaftiert

Anders stellte sich den deutschen Justizbehörden die Situation des angeklagten Drogenkuriers dar. Seine Familie lebe in den Niederlanden, erläuterte Richter Krapoth. Und da habe durchaus die Möglichkeit bestanden, dass sich der Angeklagte bei einer Haftverschonung den deutschen Behörden hätte entziehen können.

Vor Jahren war der Mann schon einmal wegen einer fast identischen Straftat in seiner Heimat aufgefallen. Damals saß er in der Türkei eine 19-monatige Haftstrafe ab. Dabei fiel auf, dass sich der Verurteilte recht kooperativ zu den Justizbehörden in seinem Heimatland gezeigt hatte. Nach einer ihm gewährten Haftunterbrechung war er nach einem Besuch bei seiner Familie in den Niederlanden zur Verbüßung der Reststrafe artig in die Türkei zurückgekehrt.

Nicht zuletzt dieser Umstand führte dazu, dass das Euskirchener Schöffengericht den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufhob. Zuerst aber wurde er zu einer Gesamtgefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; ohne Bewährung. Die Verurteilung in seiner Heimat sei ihm „offensichtlich keine Lehre gewesen“, tadelte Richter Krapoth den Verurteilten. Vielmehr sei er erneut straffällig geworden und habe in drei Fällen harte Drogen nach Deutschland eingeführt und dazu beigetragen, dass diese in Umlauf kamen. „Für einen Vater von vier Kindern ist diese Tat besonders verwerflich“, schloss Richter Fabian Krapoth seine Ausführungen.

So verließ der 42-jährige Verurteilte zunächst als freier Mann den Gerichtssaal und freute sich sichtlich, dass er zu seiner Familie konnte. Richter Krapoth ermahnte ihn nochmals, sich nach Monatsfrist der Haftvollstreckung in Deutschland zu stellen. Der Staatsanwalt hatte eine anschließende Überstellung in ein niederländisches Gefängnis in Aussicht gestellt. „Spielen Sie also keine Spielchen mit uns. Sonst wird der Haftbefehl gegen Sie sofort wieder in Kraft gesetzt“, mahnte der Staatsanwalt.