50-jähriges Jubiläum„Das Köln-Kolleg ist wie eine Familie“

Sahar Mohammadi (31) steuert zielstrebig aufs Abitur zu. Ihr Traum: Anwältin werden. (Bild: Schmülgen)
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Sahar Mohammadi hat im Köln-Kolleg „so eine Art neue Familie gefunden“. Die 31-Jährige kam vor elf Jahren aus politischen Gründen aus dem Iran nach Köln. Ohne Familie und Bekannte. „Einige sind hingerichtet worden“, sagt sie. „Ich habe hier gejobbt, mich für die Menschenrechte eingesetzt und für politische Frauenzeitschriften geschrieben“, erzählt die Regimekritikerin in perfektem Deutsch. Ihr iranisches Abitur wurde hier ohne Unterlagen nicht anerkannt, eine Reise dorthin war zu riskant. „Bei der Kölner Bezirksregierung wurde ich sehr gut beraten und erhielt die Empfehlung, auf das Köln-Kolleg zu gehen“, sagt sie. „Ich habe es getan!“
Und Sahar Mohammadi hat es nicht bereut. Als eine von rund 600 jungen Frauen und Männern im Deutzer Weiterbildungskolleg steuert sie nun ihr Abitur an. Dabei hilft ihr finanziell das elternunabhängige Bafög. Das Kolleg bietet nicht nur Erwachsenen die Gelegenheit, das Fachabitur zu absolvieren oder die Allgemeine Hochschulreife nachzuholen. Auch rund 100 Mütter und einige Väter nutzen die Gelegenheit, sich weiterzubilden, während ihr Kind in der Schule ist. Dieses „Koop-Projekt“ besteht seit 1995 und wird vom Köln-Kolleg und dem Abendgymnasium gemeinsam getragen. Kolleg-Schulleiterin Astrid Kölblinger freut sich, dass im Jahr des 50-jährigen Bestehens des Kollegs von der Stadt eine neue Mehrzweckhalle errichtet wurde. Gerade angelaufen ist ein Sprachförderungsprojekt, das ausgedehnt werden soll. „Dafür fehlt uns aber noch eine Lehrerstelle.“
„Am ersten Tag, als ich hier in die Schule kam“, erinnert sich Kolleg-Studentin Sahar, „fehlte mir noch vieles. Aber ich wurde aufgenommen, man hat mir geholfen“, lobt sie die Lehrer. Sabine Lemke ist eine der Pädagoginnen. Sie hat bereits an allen weiterführenden Schulformen gearbeitet. Im Kolleg arbeitet sie am liebsten: „Das ist ein Traumberuf, hier Lehrerin zu sein. Die meisten Studierenden sind motiviert und interessiert“, sagt sie. „Sie kommen aus vielen Nationen und Berufen - und auch wir Lehrer können viel von ihnen lernen.“
Von der Krankenschwester, die mehr im Berufsleben erreichen möchte, bis zum kaufmännischen Angestellten, der von einem Universitätsstudium träumt: Die Vielfalt der Kolleg-Studierenden ist groß, der Ehrgeiz oft auch. Einige Absolventen kehrten später als Lehrer ans Kolleg zurück. Und bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Kollegs erinnert sich unter anderem ein prominenter ehemaliger Student gerne an die bewegte Zeit Ende der 60er Jahre: Professor Walter Tokarski, heute Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln.
Das Konzept der Schule ist auch ganz in Sahar Mohammadis Sinn. Von dem Angebot hatte sie im Iran nur träumen können: „Gleich in der ersten Woche gab es ein Projekt gegen Rassismus hier in der Schule. Freiheit, Gleichheit, soziale Gerechtigkeit ist das, wofür ich mich einsetzen will.“ Und sie will weiter lernen, um ihr großes Ziel zu erreichen: „Jura studieren und Anwältin werden.“