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Rede von HabeckDer neue Ton der Grünen überrascht

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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, nimmt an einer Wahlkampfveranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen teil.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, nimmt an einer Wahlkampfveranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen teil.

Der Auftritt Habecks markiert einen neuen Höhepunkt im Versuch der Grünen, sich von der Schluffi- zur Macherpartei zu wandeln.

Man könnte noch viele andere Sätze von diesem erstaunlichen Auftritt herausgreifen, aber um ein Gefühl für den Sound zu vermitteln, genügen diese drei: „Der Islamismus ist eine der schlimmsten Bedrohungen im Inneren“, sagte der Minister. „Wenn wir durch Grenzkontrollen die Sicherheit im Land erhöhen können, dann sind sie nötig.“ Und: „Wo die Radikalisierung hier vor Ort stattfindet, wie es beim Islamischen Zentrum in Hamburg der Fall war, müssen die Strukturen zerschlagen werden.“

Das hat kein konservativer oder gar rechtspopulistischer Politiker formuliert. Die Sätze stammen vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck. Er hat sie als Reaktion auf die Bluttat von Solingen gesagt, in einem dieser Solo-Videos, die er sich für besondere Anlässe angewöhnt hat und die als Reden zur Lage der Nation verstanden werden wollen. Das ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert.

Erstens zeigt Habecks Botschaft, wie dramatisch sich die Stimmung im Land gedreht hat. Wenn selbst Parteien des linken Spektrums mit solchen Worten eine härtere Gangart in der Migrationspolitik anmahnen, ist das Gefühl, dass hier Dinge im Argen liegen, endgültig zum gesamtgesellschaftlichen Konsens geworden. Das steigert die Chance, dass sich politisch nun wirklich etwas bewegt.

Von der Schluffi- zur Macherpartei

Zugleich, zweitens, markiert der Auftritt einen neuen Höhepunkt grüner Bemühungen, sich von der Schluffi- zur Macherpartei zu wandeln. In der Außenpolitik, Stichwort Ukraine-Hilfen, fährt die Partei diesen Kurs schon länger. Dass nun die Innenpolitik folgen soll, ist eine strategische Entscheidung: Habeck, als Wirtschaftsminister, musste sich nicht zu Solingen äußern – er wollte es.

Noch überzeugender wäre es allerdings gewesen, wenn er erwähnt hätte, dass schärfere Regeln in der Vergangenheit oft gerade an seiner Partei gescheitert sind. Wird jetzt alles anders? Am Donnerstag hat die Ampel immerhin schon einmal ein Paket von Sofortmaßnahmen als Reaktion auf Solingen angekündigt, mitgetragen ausdrücklich auch von den Grünen. Ein erster Schritt, noch nicht mehr. Aber eben auch nicht weniger – und schon mal deutlich besser als nur ein Habeck-Video.