Weil nun auch noch Anwohnern der Strom abgestellt wurde, schaltete sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal ein.
Bundesamt beglich Rechnungen nichtBeschwerden von Mietern der HiCoG-Siedlung in Tannenbusch häufen sich
Schimmel im Schlafzimmer, verkommene Grünflächen, wechselnde Sachbearbeiter und chaotische Sanierungen, bei denen Mieter in leerstehende Ausweichquartiere umgesiedelt werden – es gibt kaum ein Problem, das die Anwohner der Tannenbuscher HiCoG-Siedlung nicht bereits miterlebt haben. Seit Jahren häufen sich die Ärgernisse und Beschwerden in der 1951 für Mitarbeiter der US-amerikanischen Hochkommission (High Commission of Germany) errichteten Wohnanlage. Weil nun auch noch Anwohnern der Strom abgestellt wurde, schaltete sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal ein und lud Vertreter der für die Siedlung zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zur Aussprache mit den Mietern ein.
Vertreter Wolfram Schaller musste sich bei der Zusammenkunft in der Alt-Tannenbuscher Siedlung zahlreiche Fragen und Beschwerden von knapp 25 Anwohner anhören. Dabei sollte doch alles besser werden, nachdem die BImA die Hausverwaltung 2021 in die eigenen Hände genommen hatte. „Ich hatte große Hoffnungen, weil es ja immerhin eine Bundeseinrichtung ist“, sagt Anwohnerin Friederike Diel. Bislang sei jedoch kein wirklicher Effekt spürbar gewesen. Auch nicht in Sachen Erreichbarkeit. Ein Dauerproblem für die geplagten Mieter. Und für Diel, der in diesem Frühjahr von den Stadtwerken der Strom abgestellt wurde.
„Ich war mir keines Zahlungsverzugs bewusst“, so die Anwohnerin. Immer wieder habe sie bei der BImA angefragt und sei weitergereicht worden, hatte zahlreiche Telefonnummern erhalten, doch niemand habe helfen können. „Man fühlt sich von der Organisation komplett im Stich gelassen“, ärgert sich Diel, die sich in ihrer Verzweiflung an die Bonner SPD wandte. Wie sich auf Nachbohren der Partei zeigte, traf Mieterin Diel tatsächlich keine Schuld. Es gebe einige wenige ältere Mietverträge, in denen die Stromabgaben zunächst an die BImA und von dort an die Stadtwerke gezahlt würden, sagte Wolfram Schaller.
150 Wohnungen sollen saniert werden
Die Bundesanstalt hatte die Rechnungen jedoch nicht rechtzeitig bezahlt. „Wir haben das Problem jetzt abgestellt und es wird nicht mehr vorkommen“, berichtete Vertreter Schaller den Anwesenden, die den Ausführungen mit kritischem Blick folgten. Vieles sei auf die Wechsel im zuständigen Bearbeitungsteam zurückzuführen. „Wir haben mittlerweile aber gute und qualifizierte Leute gefunden.“
Zustimmung erhielt er von Seiten des Bonner Mieterbund-Geschäftsführers Peter Kox. „Ich kann bestätigen, dass das Bonner Team sehr engagiert arbeitet“, nahm dieser Schaller in Schutz, kritisierte gleichzeitig jedoch auch, dass das Team deutlich zu klein sei und nun eine Konstanz im Mitarbeiterapparat eintreten müsse. Nur so könnten die Probleme in den Griff bekommen und die geplanten Sanierungen umgesetzt werden.
150 der insgesamt 400 Wohnungen der HiCog-Siedlung sollen bis Ende des Jahres saniert worden sein, sagt Günter Ott. Der Berater ist mit dem Erftstädter Unternehmen Wohnen-Zukunft Consulting von der BImA beauftragt worden, die Umgestaltung in der Siedlung zu koordinieren. Als nächster Schritt sei die Fertigstellung eines Musterhauses an der Adresse Im Tannenbusch 1 geplant. Mit den Handwerksarbeiten, für die aktuell Ausschreibungen laufen, solle im Mai oder Juni begonnen werden.
Verbesserungen soll es im Bereich Sicherheit geben
Das Musterhaus, für dessen Fertigstellung Mieter aus 15 Wohnungen zwischenzeitlich umquartiert werden müssen, sei auch deshalb wichtig, da die ehemalige amerikanische Siedlung unter Denkmalschutz stehe, erklärt Ott. Weitere Sanierungen seien von einer Bewertung des Musterbaus abhängig. Der sanierte Bau soll dabei modernen Energiestandards entsprechen, etwa über eine bessere Dämmung verfügen und Solarenergie über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugen. Ein Wiedereinzug der ersten Mieter in das sanierte Gebäude sei gegen Ende des Jahres geplant.
Verbesserungen soll es für die Anwohner auch im Bereich Sicherheit geben. Mehrere Mieter hatten bei der Versammlung geklagt, dass sie sich gerade abends in der Siedlung nicht sicher fühlten. Die BImA befindet sich deshalb im Austausch mit der Polizei, die aufgrund eines Sonderprogramms in Tannenbusch mehr Präsenz zeigt. Die Siedlungsanlage will die BImA besser beleuchten und zusätzlich bepflanzen. So soll es nicht nur freundlicher, sondern auch heller und einsehbarer werden, gab Ott an. Die Umgestaltung habe jedoch vorerst keine Priorität und werde frühestens im Laufe des kommenden Jahres angegangen. Für viele der Mieter kein zufriedenstellender Zeithorizont. Auf die Fertigstellung des Mustergebäudes warten zu müssen, sei einmal mehr eine Geduldsprobe. Insgesamt sollen sich die Gebäudesanierungen laut Ott noch drei Jahre ziehen. Erst danach werde man sich um das Hochhaus der Siedlung kümmern können.
„Jeder hat das Recht auf ein vernünftiges Zuhause. Es muss sich jetzt etwas ändern und nicht irgendwann“, mahnte Politikerin Jessica Rosenthal und versprach, auch weiterhin ein Auge auf die Entwicklungen in der Siedlung zu haben. Auch Anwohnerin Friederike Diel möchte kritisch bleiben, will nicht den Kopf in den Sand stecken: „Wir geben nicht auf. Das ist Demokratie und die braucht offenbar viel Geduld und Dickbrettbohrer.“
Leerstand
„Der tatsächliche Leerstand liegt bei Null“, bewertet Unternehmensberater Günter Ott die Situation in der HiCoG-Siedlung in Tannenbusch. BImA-Vertreter Schaller hatte bei der Versammlung der Mieter noch von 130 leerstehenden Wohnungen gesprochen.
Hinter dieser Zahlstehen laut Ott 35 Wohnungen, die im Zuge der Sanierungsmaßnahmen zur Umquartierung der Mieter freigehalten würden und 95 Wohnungen, die ohne größere Sanierungen nicht auf den Markt gegeben werden könnten.
Insgesamt befinden sich in der Siedlung in Tannenbusch etwa 400 Wohneinheiten. Anfragen, wie groß der Leerstand der über 1500 BImA-Wohnungen in ganz Bonn sei, ließ das Bundesamt unbeantwortet. (dij)