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Steuerexperte erklärt„Rückerstattung hängt von vielen Faktoren ab“

Lesezeit 3 Minuten
Am 2. September läuft die Abgabefrist für die Steuererklärung aus.

Am 2. September läuft die Abgabefrist für die Steuererklärung aus.

Ein Steuerexperte erklärt im Interview mit der Rundschau, welche Policen absetzbar sind und welche Voraussetzungen dabei erfüllt sein müssen.

Was vielleicht viele nicht wissen: Es gibt ein erhebliches Steuersparpotenzial durch die Angabe von Versicherungen, wie Steffen Gall vom Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH) Hannah Petersohn erklärt.

Herr Gall, lassen sich private Versicherungen von der Steuer absetzen?

Bestimmte Kosten der Lebensführung, die unvermeidbar die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mindern, gelten im Steuerrecht als Sonderausgaben. Aus diesem Grund werden Versicherungen zur Vorsorge oder zur Ausübung des Berufs steuerlich begünstigt. Reine Sachversicherungen lassen sich dagegen nicht in der Steuererklärung angeben.

Und welche Versicherungsbeiträge können steuerlich geltend gemacht werden?

Altersvorsorgeaufwendungen wie Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Versorgungswerke oder Alterskassen sowie eine private Rentenversicherung (Rürup-Verträge) können ab dem Steuerjahr 2023 in voller Höhe bis zur Maximalgrenze von 26528 Euro für Ledige und 53056 Euro für Ehepaare in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Für das Steuerjahr 2024 sind es dann 27566 und 55132 Euro; Arbeitgeberbeiträge sind auf den Höchstbetrag anzurechnen. Beiträge für Riesterverträge können bis zur Höchstgrenze von 2100 Euro in der Steuererklärung angesetzt werden.

Wie sieht es aus mit der Krankenversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherungen?

Ebenfalls absetzbar sind sonstige Vorsorgeaufwendungen wie Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege, Haftpflicht-, Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherungen. Die Grenze hierfür liegt bei 1900 Euro für Steuerpflichtige, die steuerfreie Zuschüsse zur Krankenversicherung erhalten, und bei 2800 Euro für Steuerpflichtige, die ihre Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen müssen. Somit ist der Höchstbetrag oft schon mit der Basiskranken- und der gesetzlichen Pflegeversicherung erreicht. Absetzbar sind auch Krankenzusatzversicherungen wie zum Beispiel Zahnzusatzversicherung, Krankenhaustagegeld-, Auslandsreisekranken-, Pflegezusatz- und Unfallversicherung – für den Bereich Freizeit – sowie Erwerbs-/Berufsunfähigkeits-, Haftpflicht-, Kfz-Haftpflicht-, Risikolebens-, Kapitallebens- (wenn Sie vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurde) und unter bestimmten Voraussetzungen Sterbegeldversicherung, zum Beispiel bei Leistung nur im Todesfall.

Welche beruflichen Policen können unbegrenzt als Werbungskosten in der Steuererklärung angegeben werden?

Die Unfallversicherung (anteilig für den Bereich Arbeit), Berufshaftpflichtversicherung, Rechtsschutzversicherung (anteilig für den Bereich Arbeit) beziehungsweise eine Arbeitsrechtsschutzversicherung.

Und andersherum gefragt: Welche Versicherungen können nicht geltend gemacht werden?

Eine Privat-/Mietrechtsschutz- /Verkehrsrechtsschutzversicherung, Hausratversicherung, Kfz-Kaskoversicherung, Kapitalanlage-Produkte als private Rentenversicherung sowie eine Kapitallebensversicherung, wenn sie nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurde, denn dann gilt sie als Geldanlage.

In welcher Anlage können die jeweiligen Versicherungen angegeben werden?

Die meisten Versicherungen müssen in der „Anlage Vorsorgeaufwand“ der Einkommensteuererklärung eingetragen werden. Beruflich bedingte Policen müssen hingegen unter den Werbungskosten in der „Anlage N“ aufgeführt werden. Für Riester-Verträge gibt es die „Anlage AV“.

Wie viel Geld lässt sich dadurch zurückholen?

Ob jemand eine Steuerrückerstattung erhält und wenn ja, in welcher Höhe, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Deshalb können wir hier mit Blick auf Versicherungen keine Beispielrechnung anbieten.

Müssen die Nachweise beim Finanzamt nachgewiesen werden?

Alle Versicherungen, die auf dem Lohnsteuerbescheid eingetragen sind, müssen nicht noch einmal nachgewiesen werden. Für alle anderen Versicherung gilt: Man darf natürlich nur das absetzen, was man tatsächlich bezahlt hat.

Wie lange müssen die Nachweise aufgehoben werden?

Seit 2017 gilt die sogenannte Belegvorhaltepflicht. Das heißt, dass man die Steuererklärung ohne Belege abgeben kann, die entsprechenden Belege aber aufbewahren muss, falls das Finanzamt sie anfordert. Ist das der Fall, reicht dem Finanzamt eine Rechnung möglicherweise nicht aus, deshalb sollten auch Überweisungsbelege oder Kontoauszüge aufbewahrt werden. Alle steuerlich relevanten Belege und Nachweise sollten mindestens so lange aufbewahrt werden, bis der endgültige Steuerbescheid gekommen ist. Allerdings kann ein Steuerbescheid auch einen sogenannten Vorläufigkeitsvermerk haben, dann müssen die Belege weiterhin aufbewahrt werden. Die VLH empfiehlt, Steuerunterlagen und die entsprechenden Belege bzw. Nachweise nach Abgabe der Steuererklärung mindestens vier Jahre lang aufzubewahren.