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Vorständin der Sparkasse Köln Bonn im Interview„Wir wollen den Menschen Sorgen abnehmen“

Lesezeit 6 Minuten
Die Zentrale der Sparkasse Köln Bonn am Rudolfplatz in Köln.

Die Zentrale der Sparkasse Köln Bonn am Rudolfplatz in Köln.

Sonja Hausmann ist seit Sommer 2023 im Vorstand der Sparkasse Köln Bonn. Claudia Mahnke sprach mit ihr darüber, was die Sparkasse ausmacht.

Sind Sie als Frau im Vorstand einer Sparkasse heute noch eine Exotin?

Ja und nein. Wenn man auf die Zahlen guckt, stimmt das sicherlich. Bei uns in der Sparkasse erscheint es mir aber völlig normal, als Frau im Vorstand zu sein. Wir haben alle bestimmten Fähigkeiten. In unserem sechsköpfigen Team ergänzt jeder den anderen.

Wie sieht der typische Kunde der Sparkasse Köln Bonn aus?

Das ist eine schwierige Frage. Ich würde die Frage umdrehen: Für wen bauen wir unsere Sparkasse? Wir bauen die Sparkasse für die Menschen, die hier in Köln und Bonn sind und die sich möglichst umfassend von uns begleiten lassen möchten. Wir sind der Meinung, dass das, was wir machen, nicht einfach durch Google und Internetportale abgebildet werden kann. Ein großer Teil unserer Arbeit soll unseren Kunden beim Kampf gegen die Informationsflut helfen und eine bessere Orientierung und Sicherheit in Finanzdingen geben. Wenn suggeriert wird, wie es bei Vergleichsportalen oft der Fall ist, dass jede Beratung überflüssig ist, ist das schlichtweg falsch.

Was will dieser idealtypische Kunde von seiner Sparkasse?

Der Kunde, bei dem wir wirklich unsere Leistung entfalten, lässt uns an seiner Finanzberatung teilhaben und lässt uns für die bessere Gestaltung seiner finanziellen Situation gute Hinweise geben. Wir wollen den Menschen Sorgen abnehmen. Inflation, Energiepreise, die finanzielle Lage der Eltern oder der Hinterbliebenen nach dem eigenen Tod – das sind alles riesige Themen, auf die wir uns mit unseren Kunden gemeinsam möglichst früh vorbereiten. Wünsche nach Beratung kommen durch die mannigfaltigen Krisen öfter.

Der Präsident des Sparkassen-Verbandes, Ulrich Reuter, hat die Institute aufgerufen, zum obersten Entscheidungsmaßstab nicht den wirtschaftlichen Erfolg zu machen, sondern die Kundenzufriedenheit. Teilen Sie diese Sicht?

Das ist völlig richtig. Wir haben aber auch noch nie auf den schnellsten wirtschaftlichen Erfolg gesetzt. Das hätte sich in dem Fall darin ausgedrückt, dass wir uns darauf spezialisieren, zum Beispiel unsere Kraft ausschließlich in die Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden zu stecken. Wir bleiben aber vor Ort für alle Menschen, ob mit dickem oder schmalem Geldbeutel. Das ist unser Selbstverständnis und so steht es im Sparkassengesetz. Wir stehen für den Ausgleich in dieser Gesellschaft, aber selbstverständlich müssen wir unter dem Strich auch Geld verdienen für zeitgemäße Angebote, Services, personelle Ausstattung und Infrastruktur.

Beim Thema Kundenzufriedenheit sind wir schnell bei den Filialen. Der Aufschrei ist groß, wenn Filialen geschlossen werden.

Ich glaube, dabei spielt auch eine Vermischung von vielen Trends und Effekten eine Rolle. Es ist die Sparkassen-DNA, dass wir vor Ort sind und die Türen offen haben. Unsere Geschichten beginnen aber leider immer seltener mit: „Kunde kommt“. An den Standorten, die wir umgewandelt haben und jetzt mit Bussen anfahren, gab es sehr viele Leerzeiten. Insofern geht es für uns darum, da zu investieren, wo man uns braucht: Wir bringen Senioren, die nicht mehr so mobil sind, Bargeld ins Haus. Was unglaublich gut angenommen wird, ist unser Seniorenkonzept. Wir machen Schulungen an den Automaten und sprechen zum Beispiel über Sicherheit am Telefon, um über kriminelle Machenschaften wie Enkeltricks aufzuklären. Unsere Filialzusammenlegungen sind definitiv kein Kostensparmodell. Wir investieren eine zweistellige Millionensumme und damit mehr, als wir sparen.

Die Sparkasse Köln Bonn hat dieses Jahr 22 von 86 Standorten geschlossen und fährt diese ehemaligen Filialen mit Bussen an. Haben Sie Kunden dadurch verloren?

Nein. Wir wachsen. Menschen, die die Busse kennenlernen, sind begeistert. Natürlich müssen sie sich an die Haltezeiten gewöhnen. Wir stellen fest, dass bei vielen Menschen die Bandbreite unseres Angebotes nicht bekannt ist: Wir haben einen 24- Stunden-Telefonservice, bei dem Kunden Überweisungen machen können. In unserer Direktfiliale kann man sich per Videochat beraten lassen, ohne aus dem Haus gehen zu müssen. Wir haben unsere Tochterfirma Finja gegründet, in der wir zu Versicherungen beraten. Dort haben wir den gesamten Markt im Blick. Es geht dabei nicht darum, nur einen Anbieter in den Vordergrund zu stellen. Die Provinzial als Versicherung der Sparkassen-Gruppe stellt sich dem Wettbewerb. Bei Finja kommen wir auch zum Kunden oder wir treffen uns per Videokonferenz.

Ein weiteres sensibles Thema ist das Netz der Geldautomaten. Wie viele Geldautomaten werden noch verschwinden?

Auf Geldautomaten gucken wir schon ganz lange nicht mehr aus wirtschaftlicher Sicht, weil die meisten unprofitabel sind. Aber wir sehen sie als Teil unseres Versorgungsauftrags. Nur wo sie wirklich ganz wenig frequentiert werden oder erhöhte Sicherheitsanforderungen eine Rolle spielen, bauen wir im Einzelfall mal einen ab. Wir liegen aber immer zwischen 350 und 370 Geldautomaten in unserem Verbreitungsgebiet. Wir setzen auch vermehrt auf Kooperationen, wo es möglich ist. In Köln kooperieren wir zum Beispiel mit der Volksbank Dünnwald-Holweide an einem Selbstbedienungsstandort in Stammheim.

Wie entwickelt sich die Zahl der Geldautomatensprengungen?

Sie sind in NRW weniger geworden. Wir haben auch stark in die Sicherheit investiert. In Grengel und Meschenich haben wir beispielsweise einen neuen SB-Pavillon installiert, der massiv aus Stahlbeton gebaut ist. Empfehlungen des Landeskriminalamtes sind bei der Konstruktion ebenso eingeflossen wie Anforderungen von Versicherern.

Haben die niedrigeren Zinsen, die Sparkassen gegenüber anderen Banken auf Tages- und Festgeld bieten, Spuren in ihren Büchern hinterlassen?

Nein. Tages- oder Festgeld ist ja keine klassische langfristige Geldanlage. Es geht nur darum, Geld kurz zu parken. Für den längeren Anlagehorizont beraten wir unsere Kunden in Hinblick auf attraktivere Anlageformen. Und auch da sind wir absolut konkurrenzfähig. Beim Tagesgeld sollte ja nur der Notgroschen geparkt sein. Und im Übrigen: Im Sparkassenvergleich bieten wir sehr gute Konditionen bei Tages- und Festgeld.

Sind Finanzierungen für Wohnimmobilien wieder stärker gefragt?

Es zieht langsam wieder an. Aber die Immobilienpreise sind noch recht hoch. Der Bedarf ist ungebrochen. Es gibt deutlich mehr Menschen, die Eigentum wollen, als Angebote auf dem Markt. Es gab eine Zeit, wo Einkommen und Immobilienpreise überhaupt nicht zusammenpassten. Zusammen mit den gestiegenen Zinsen war das eine unselige Mischung. Jetzt sind die Einkommen ein wenig gestiegen.

Sie sind auch für das Private Banking zuständig, also die Dienstleistungen für vermögende Privatkunden. Wie gelingt es einer Sparkasse, in Konkurrenz zu den spezialisierten Instituten, erfolgreich zu sein?

Es gelingt uns dann, wenn wir mit diesen Kunden das machen, was wir mit allen machen: Für die jeweilige Lebenssituation, angepasst an Ziele und Wünsche, das Vermögen zu strukturieren und gut anzulegen. Wir reden nicht über Vermögen im Alter, sondern über Liquidität im Alter. Denn Steine kann man nicht essen. Zu den Prinzipien, die für eine gute Vermögensanlage und Absicherung richtig wichtig sind, gehören Bausteine, die außerhalb der reinen Vermögensanlagen liegen. Wir haben Spezialisten an, die tatsächlich jede Facette abdecken können. Jüngere Kunden kommen im Private Banking häufig auf Empfehlung anderer Kunden zu uns.

Was ist die größte Herausforderung für die Sparkasse heute?

Die größte Herausforderung für die Kolleginnen und Kollegen ist es tatsächlich, sich auf eine Zukunft zu freuen und sie mitzugestalten, die heute noch gar nicht so klar absehbar ist. Wir wissen ja nicht, wo beispielsweise die künstliche Intelligenz uns hinführt, um nur einen Trend zu nennen. Es gibt ja deutlich mehr Trends und Entwicklungen. In unseren Projekten versuche ich zu etablieren, positiv auf neue Entwicklungen zu gucken und die Chancen zu sehen.


Zur Person

Sonja Hausmann lebt mit ihrem Mann und drei Hunden in Rheinbach. Sie ist im Vorstand der Sparkasse Köln-Bonn verantwortlich für Privatkunden, Private Banking und Vertriebsmanagement. Bevor die 52-Jährige ins Rheinland wechselte, war sie im Vorstand der Sparkasse Harburg-Buxtehude verantwortlich für alle Kundenbereiche und das Vertriebsmanagement. Sie hat ihr ganzes Berufsleben in der Sparkassengruppe verbracht. Ausbildung und Studium absolvierte sie bei der Kreissparkasse Grafschaft Diepholz. Im Landkreis Diepholz ist sie auch geboren. (mah)