AboAbonnieren

Hungersnot im VolkSo luxuriös lebt Nordkoreas Elite um Diktator Kim Jong-Un

Lesezeit 5 Minuten
Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un

Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un

Nordkorea ist eines der ärmsten Länder der Welt, aber Diktator Kim Jong-Un und seine Familie lieben den Luxus - obwohl der laut kommunistischer Staatslinie eigentlich verschrien ist.

Wer in westlichen Ländern an Nordkorea denkt, denkt oft an Hunger. Kein Wunder: Ein vielzitierter Report der Vereinten Nationen schätzte kurz vor der Corona-Pandemie, dass 40 Prozent der 26 Millionen Menschen im ostasiatischen Land unterernährt waren. Noch während Covid-19 weltweit seine Kreise zog und Nordkorea seine Grenzen geschlossen hielt, erklärte Diktator Kim Jong-un unter Tränen, die Entwicklungsziele seien verfehlt worden. Auch Geflüchtete berichten regelmäßig, in Nordkorea mangele es an allem.

Zumindest einem im Land mangelt es allerdings an kaum etwas: Kim Jong-un, der sich „Oberster Führer“ nennt und das Land seit 2011 in dritter Generation als eine Art kommunistischer Diktator regiert. Der 40-Jährige, der sich zuletzt Russlands Präsident Wladimir Putin angenähert hat und dem verfeindeten Südkorea seither umso lauter mit Krieg droht, lebt in seinem weitgehend armen Land auf sehr großem Fuß.

Luxusartikel aus dem Westen

Bilder, Videos und Satellitenaufnahmen zeigen nicht nur, dass Kim Jong-un über eine 80 Meter lange Luxusyacht verfügt. Ihm gehören offenbar auch mehrere Villen, neben der offiziellen „Residenz 55“ in Pjöngang etwa ein Sommerdomizil in der Stadt Wonsan an der Ostküste. Dort soll es einen Privatstrand, einen Bahnhof und eine Reitbahn geben.

Der Mann, der westliche Länder gern als feindlich betrachtet, fährt auch gern westliche Autos. Zumindest bevor ihm im Februar von seinem politischen Freund Wladimir Putin eine Limousine des russischen Staatskarossenbauers Aurus geschenkt wurde, war Kim schon in einem Mercedes Maybach, einem Rolls Royce und einem Geländewagen von Lexus zu sehen. Theoretisch dürften solche Autos nicht zu Kim gelangen.

Aufgrund wiederholter Raketentests und des damit zusammenhängenden Atomwaffenprogramms ist Nordkorea, das noch durch schwere Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht, durch UN-Sanktionen belastet. Der Handel mit Luxusgütern ist davon betroffen. Doch nach Auslandsreisen von Staatsdienern kommt alles Mögliche ins Land – oder aber über die Landgrenzen mit Russland und China, wo die Sanktionen kaum geachtet werden.

Kim Jong-Uns Familie liebt Luxuskleidung und teure Uhren

Eine Liebe zu überbordendem Luxus ist dabei längst nicht nur bei Kim Jong-un selbst zu beobachten. Seine gesamte Entourage genießt Annehmlichkeiten, die selbst in wohlhabenden Industriestaaten als üppig gelten würden. So trug Kim Ju-ae, die Tochter des „Obersten Führers“, die in letzter Zeit immer wieder auf offiziellen Auftritten gezeigt wurde, beim Start einer Interkontinentalrakete eine Kapuzenjacke der französischen Marke Dior, die im Webshop rund 1900 Euro kostet.

Kim Yo-jong, die Schwester des Diktators und mittlerweile zweite Stimme im Staat, zeigte auf einem Besuch in Russland im vergangenen Jahr eine französische Handtasche, die laut dem südkoreanischen Sender KBS rund 7000 Euro wert ist. Und die Frau von Kim Jong-un, Ri Sol-ju, fällt bei ihren öffentlichen Auftritten mit modischen Statements auf, die auch auf die roten Teppiche westlicher Gala-Events passen würden. Immer wieder an ihrem wie auch am Arm des Diktators zu sehen: Schweizer Uhren.

Viele dieser Bilder sind auch der nordkoreanischen Gesellschaft bekannt. Sodass sich die Frage aufdrängt, ob dies in einem offiziell kommunistischen Staat nicht zu einigem Missmut in der Bevölkerung führen müsste. Vladimir Tikhonov, Koreanistikprofessor an der Universität Oslo und Experte für Nord- und Südkorea, glaubt nicht daran. „Für die Stabilität eines Regimes braucht man drei Dinge: eine Art nationalistische Identifikation, den Eindruck ökonomischen Wachstums und zumindest ein kleines Stück Meritokratie.“

Während der Nationalismus durch die Staatsideologie „Juche“ geprägt und durch den ewigen Konflikt mit Südkorea, den USA und Japan befeuert werde, erfuhr Nordkorea zumindest bis zur Pandemie auch Wirtschaftswachstum. Durch die nun enge Kooperation mit Russland könnte einiges davon zurückkommen. „Auch Meritokratie ist vorhanden“, so Tikhonov. „Die Menschen wissen, was sie tun müssen, um vom Regime honoriert zu werden.“ Eine Karriere im Militär sorge etwa für Sicherheit und Lohn.

Im Jahr 2021, also mitten in der Pandemie, enthüllte Kim etwa einen Plan rund um Luxuswohnungen, die vorbildlichen Arbeitskräften zum Geschenk gemacht werden sollten. 800 Apartments mit Terrassen am Fluss Pothong in Pjöngjang sollen an verdiente Personen aus den Sektoren Bildung, Wissenschaft, Kultur und natürlich dem Funktionärstum gehen. Schon 2017 hatte Kim in der Hauptstadt feierlich Wolkenkratzer mit bis zu 80 Stockwerken eröffnet. Das Viertel wird auch „Pjönghattan“ genannt.

Viele Quellen für Wohlstand in einem bitterarmen Land

Denn das bitterarme Nordkorea verfügt durchaus über eine größere wohlhabende Schicht. „Donju“ nennt man sie, was sich mit „Gelddinger“ übersetzen lässt. Jenseits des Staatsdienstes reichen die Quellen ihres Wohlstands von Familienmitgliedern in Japan über Devisenhandel bis zum Schwarzmarkt.

In der Hauptstadt soll man nach offiziellen Angaben mit einem Vermögen von 100000 US-Dollar als reich gelten, in ländlichen Regionen schon mit einem Zwanzigstel davon. Kaufhäuser stehen aber in jeder Provinz des Landes – mit Markenprodukten von Adidas, Rolex und Chanel. Luxus ist oft der Lohn für Loyalität. „Nordkoreas Belohnungspolitik ist kapitalistisch“, urteilt Vladimir Tikhonov.

Wobei der Kapitalismus selbst bei der Herrscherfamilie seine Grenzen hat. Bevor Kim Jong-un zum Staatschef wurde, hatte dessen älterer Bruder Jong-nam als Favorit auf den Posten gegolten. Der war aber offenbar in Ungnade gefallen, nachdem er auf einem Bummel durch Disneyland in Tokio gesehen worden war. Die Bilder wirkten so, als könnte das Leben in Japan mehr Spaß machen als im gelobten Nordkorea. Das kann natürlich nicht sein.