Von Bad Münstereifel nach Kitzbühel: Heino spricht im Interview über das Leben, die neue Familie, Kreuzworträtsel und seine Hörgeräte.
Schlagersänger Heino„Ich habe das Gefühl, als würde ich dem Tod einen Streich spielen“

Seit fast sieben Jahrzehnten steht Heino auf der Bühne und singt – inzwischen für ein Publikum, das längst nicht mehr nur seine eigene Generation umfasst.
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Heino, ich würde gerne mit Ihnen über das Leben sprechen.
Das Leben ist schön.
Ja, war das Leben gut zu Ihnen?
Das Leben war sehr gut zu mir. Ich hatte eine glückliche Kindheit und Jugend. Ich bin ein sehr glücklicher Mensch, weil ich immer nette Freunde um mich habe. Ich habe viel erlebt, viele schöne Sachen, zwischendurch mal ein paar nicht so schöne, aber das hat das Schöne wieder aufgehoben.
Was war schön, was nicht?
Natürlich meine Entdeckung, weil ich mir immer gewünscht hatte, Sänger zu werden.
Das war in der niedersächsischen Kleinstadt Quakenbrück, dort hat der Sänger und Produzent Ralf Bendix Sie entdeckt, richtig?
Genau. Meine Mutter wollte, dass ich zuerst einen anständigen Beruf erlerne, also bin ich Bäcker und Konditor geworden. Nach der Lehre habe ich ein Trio gegründet und wir hatten eine sehr schöne, erfolgreiche Zeit. Nicht so schön war, dass meine Frau 2023 plötzlich gestorben ist. Und ich habe den Krieg erlebt, das war auch nicht schön. Wir waren ausgebombt. Nach dem Kriegsende bin ich zum zweiten Mal eingeschult worden, weil das erste Schuljahr in Düsseldorf nicht anerkannt wurde. Wir haben mit 13 Personen auf 60 Quadratmetern gewohnt, drei kleine Zimmer hatten wir.
Haben Sie Glück gehabt oder das Glück erarbeitet?
Nach meiner Bäcker- und Konditorlehrzeit wollte ich nur noch Musik machen, aber ich musste arbeiten. Ich bin dann mit den Kollegen aus dem Trio oft nach Düsseldorf zum Hafen gefahren, da haben wir als Gelegenheitsarbeiter Schiffe geleert. Wir haben alles Mögliche gemacht, um Geld zu verdienen, ich habe auch Zeitungsabos verkauft. So waren die ersten Jahre bis zu meiner Entdeckung in Quakenbrück. Ich war nie zu faul, was zu tun.
Was ist die kleinste Zuschauerzahl, vor der Sie je gesungen haben?
Wir hatten immer Zuschauer. Mit dem Trio haben wir Modenschauen bespielt, da hatten wir immer 300 bis 400 Zuhörer.
(Heinos Manager Helmut Werner wirft ein:) Du hast im Familienkreis gesungen.
Ich bin in der Familie immer rumgereicht worden, weil ich als Kind schon gern gesungen habe. Da hatte ich so fünf, sechs Zuschauer. Das war für mich damals schon sehr viel.
Was hat das Leben Sie gelehrt?
Demütig zu sein. Viele Kollegen sind nicht mehr demütig. Die haben Erfolg und dann verändern sie sich. Mit manchen, die einen großen Hit hatten, kam nicht mal mehr ein Gespräch zustande. Die waren in einer anderen Welt. Ich bin ein Mensch, der immer erstmal zuhört, keiner, der aufmüpfig ist. Ich war immer demütig und ich glaube, das ist ein Teil meines Erfolgs, dass er mir eben nicht gleichgültig ist.
Teil Ihres Erfolgs war auch, Lieder zu singen, die verpönt waren ...
Da kommt ein Sänger, blonde Haare, blaue Augen, Schäferhund, und man hat mich sofort in eine Ecke gestellt, in die ich überhaupt nicht gehöre. Das hat mich natürlich auch in Schwierigkeiten gebracht.
Aber nun sind Sie 86 und können immer noch auftreten …
Ich bin 70 Jahre dabei, aber es ist für mich bis zum heutigen Tag nicht selbstverständlich, dass man Plakate aushängt und die Leute strömen.
86 Jahre – Ihr Manager ist halb so alt wie Sie …
Noch jünger als halb so alt. Es ist eine Partnerschaft, die funktioniert. Wir haben uns vor sechs Jahren kennengelernt und ich habe nie gefragt, ob wir einen Vertrag machen. Ich bin ein Mensch, der vertrauen kann. Ich habe jetzt eine nette Familie in Kitzbühel. Helmut, sein Sohn – Klein Lennie –, Nicole, die Mutter. Ich werde bestens betreut und kann die letzten Jahre noch gut leben. Ich gebe mein Leben jetzt anderen Menschen in ihre Hände. Meine Frau ist leider nicht mehr da, aber ich habe jetzt eine neue kleine Familie.
Was meinen Sie damit, Sie geben Ihr Leben in andere Hände?
Ich gebe alles ab, weil ich merke, hier ist alles für mich vorbereitet. Das ist ein schönes Leben, das ich jetzt habe, und ich bin sehr glücklich.
Pünktlichkeit ist Ihnen wichtig, haben Sie im Vorgespräch gesagt, ist das für Sie eine deutsche Tugend?
Ja, Pünktlichkeit ist eine deutsche Tugend. Wenn wir irgendwo hingehen, sind wir meistens die Ersten. Und morgens im Studio war ich lieber 20 Minuten früher da und habe gewartet. Pünktlichkeit ist für mich sehr wichtig.
Was gehört für Sie noch zu deutschen Tugenden?
Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.
Worüber machen Sie sich Gedanken?
Darüber, dass wir wieder kurz vor einem Krieg stehen, was ich aber nicht hoffe. Unser Bundeskanzler will keine Taurus-Raketen an die Ukraine liefern. Das finde ich richtig, obwohl er nicht mein Kanzler ist. Es könnte ja nach hinten losgehen. Und alles, was zum Krieg beiträgt, dazu, Menschen zu töten, ist schrecklich.
Das ist so. Womit befassen Sie sich in Ihrer Freizeit? Sind Sie der Typ Kreuzworträtsel?
Kreuzworträtseln steht an zweiter Stelle. An erster Stelle steht bei mir eine Zeitung, die ich nicht kaufe, weil sie Bild heißt, sondern, weil da der größte Sportteil drin ist. Wenn ich das ausgelesen habe, ist auf der letzten Seite immer ein Kreuzworträtsel. Ich schreibe da nichts rein, aber ich gehe das durch. Und wenn ich alles gelöst habe, sage ich mir, ach, so ganz dumm bist du gar nicht.
Dann frage ich jetzt mal: „Missionar der Grönländer mit fünf Buchstaben“? Ist Ihnen bestimmt mal begegnet.
Da müsste ich jetzt überlegen.
Egede wäre es gewesen, ein Kreuzworträtsel-Klassiker.
Mir ist er nicht begegnet.
Heino, können wir über den Tod reden?
Der kommt, dagegen können wir nicht an. Mein Helmut sagt dann immer, ach, du lebst doch noch lange. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Aber ich habe das Gefühl, als würde ich dem Tod einen Streich spielen und noch lange hier auf Erden sein und den Leuten Fröhlichkeit schenken. Wir haben einen Vertrag, bis ich 104 werde, weil der Johannes Heesters mit 104 auch noch auf der Bühne stand. Da will ich ihm nacheifern. Er konnte nicht mehr gut sehen, aber sonst ging es ihm gut.
Ist der Tod in Ihren Gedanken?
Der ist nicht in meinen Gedanken, den habe ich nicht gegenwärtig bei mir.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie dafür alles vorbereitet haben?
Ich habe im Grunde genommen nichts vorbereitet. Ich denke nicht daran, weil es noch weit weg ist.
Gut, sind ja noch locker 20 Jahre hin bis 104. Aber das Thema haben Sie so gar nicht präsent?
Nein. Ich bereite mich nur darauf vor, Menschen Freude zu bringen. Der liebe Gott hat mir bis zum heutigen Tage meine Stimme so gelassen, wie man sie kennt; wie ich sie auch kenne, wie ich sie fühle. Ich bin gesanglich ganz gut dabei. Ich rede sehr wenig. Es gibt Menschen, die reden von morgens bis abends, aber ich rede weder morgens noch abends viel. Deswegen, schätze ich, ist die Stimme noch sehr gut.
Wie sieht so ein schweigsamer Alltag bei Ihnen aus?
Morgens bis 11.30 Uhr Frühstück. Dann der Sportteil, das Kreuzworträtsel und wenn ich damit fertig bin, lege ich mich wieder zwei, drei Stunden schlafen und dann ist auch schon wieder fast Abend. Dann wird zu Abend gegessen und dann haben wir meistens einen Film auf DVD vorbereitet. Ich sehe gern „Columbo“. Manchen habe ich schon drei-, viermal gesehen, aber es ist für mich immer wieder interessant. Ich gucke viel Sport, österreichisches Fernsehen, deutsches Fernsehen. Und so um zehn, halb elf ist dann auch wieder Zeit schlafen zu gehen.
Welche Sportarten interessieren Sie?
Ich mag Handball und Fußball. Kein Länderspiel, das ich nicht sehe. Oder wenn Bayern München spielt. Ich bin Bayern-Fan seit 60 Jahren.
Im Profisport wird täglich trainiert. Üben Sie eigentlich noch?
Ja, oben bei mir im Schlafzimmer, Tonleiter rauf, Tonleiter runter. Wenn man gut hören kann, hört man ja, zumindest ich, ob ich den Ton singe, den ich am Klavier anschlage. Meistens stimmt der.
Hören Sie noch gut?
Nee, ich habe links und rechts ein Hörgerät, aber das stört mich nicht. Mit 86 kann man ja mal ein Hörgerät haben.
Wie lange haben Sie die schon?
Bitte?
Wie lange haben Sie die schon?
Fünf Jahre. Das stört mich überhaupt gar nicht. Was ich hören will, höre ich. Was nicht, höre ich dann auch nicht.