Die Geburt von Zoe Leyland vor 40 Jahren war ein Wunder: Sie war das erste Baby, das aus einem tiefgefrorenen Embryo gezeugt wurde. Ein echter Wendepunkt
Eingefrorenes EmbryoWie Zoe Leyland vor 40 Jahren Medizingeschichte schrieb
Es ist 40 Jahre her, dass in Melbourne Medizingeschichte geschrieben wurde. Das erste Baby, das aus einem tiefgefrorenen Embryo stammt, ist seit langem erwachsen. Zoe Leyland ist eine erfolgreiche Anwältin, die nach wie vor in ihrer Geburtsstadt lebt und arbeitet.
Auf eine E-Mail reagiert Leyland innerhalb kürzester Zeit. „Danke für Ihre E-Mail. Ja – das war meine Geburt“, bestätigt sie eine Anfrage. Damit ist klar: Sie war das alles entscheidende erste Baby – der Durchbruch, der Millionen Eltern neue Hoffnung auf die Erfüllung ihres Kinderwunsches geben sollte. Doch mehr will die Australierin dazu nicht sagen, sie ist eher öffentlichkeitsscheu. Sie habe keinen persönlichen Beitrag zu den Entwicklungen geleistet, meint sie bescheiden. Eine von elf EizellenTatsächlich waren die wirklichen Helden zwei Ärzte aus Melbourne. Alan Trounson und Carl Wood ist es zu verdanken, dass Leyland am 28. März 1984 im Queen Victoria Medical Centre in Melbourne das Licht der Welt erblickt hat – eine Nachricht, die die australischen Mediziner voller Stolz am 10. April dann an die Medien geben sollten. „Es war eher ein erfolgreicher wissenschaftlicher Moment als ein historischer Anlass“, sagt Trounson heute. „Ich war als Wissenschaftler begeistert, dass es so gut funktioniert hat.“
Weltweit wurde damals berichtet – in der „New York Times“ hieß es am 11. April 1984 beispielsweise: „Ein 5 1/2 Pfund schweres Mädchen namens Zoe ist das weltweit erste Baby, das aus einem gefrorenen Embryo entstanden ist, wie Wissenschaftler heute bekannt gaben.“ Laut der Mediziner der Monash University war das Baby zwei Wochen zuvor per Kaiserschnitt zur Welt gebracht worden. Die Geburt habe man zunächst geheim gehalten, um die Privatsphäre der Familie zu schützen, hieß es. „Es geht beiden gut, eine gesunde Mutter und ein gesundes Kind“, zitierte die „New York Times“ John Leeton, ein Mitglied des In-vitro-Fertilisationsteams, das einen weiteren wichtigen Beitrag zur Geburt des Babys geleistet hat.
Ein Durchbruch für die Medizin
Zoes Mutter, eine 33-jährige Neuseeländerin, und ihr Vater, ein 38-jähriger, in Großbritannien geborener Australier hatten für diesen Erfolg eine gewisse Prozedur über sich ergehen lassen müssen. So erhielt ihre Mutter eine hormonelle Stimulation und produzierte elf Eizellen. Diese wurden im Labor dann mit dem Sperma ihres Mannes befruchtet und in einem neuartigen Gefrierschrank zwei Monate lang eingefroren, bevor er später aufgetaut und in die Gebärmutter der Frau implantiert wurde.
Der Durchbruch war damit geschafft: Ab sofort sollte das Verfahren es Ärzten ermöglichen, befruchtete Eizellen aufzubewahren. Dies gab Frauen, für die eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg nicht möglich war, eine nochmal bessere Chance, ein Kind zu bekommen. Trounson selbst nennt es den „Beginn einer neuen Ära der menschlichen Fortpflanzungsmedizin“ und etwas, auf das sie bis heute „sehr stolz“ seien.
Louise Brown war das erste Retortenbaby der Welt
Das erste „frische“ Retortenbaby der Welt war übrigens Louise Brown, die 1978 in England geboren wurde. In ihrem Fall war der Mutter eine im Labor befruchtete frische Eizelle eingepflanzt worden, während Zoe von einer befruchteten Eizelle stammt, die eine Zeit lang eingefroren war, bevor sie implantiert wurde. Durch das Einfrieren können Ärzte Mehrlingsgeburten verhindern, nachdem sie Embryos für eine spätere Verwendung aufbewahren und nicht sofort mit allen arbeiten müssen. Das Verfahren kann einer Patientin aber auch dabei helfen, „das hormonelle Gleichgewicht wiederherzustellen“, indem die Einnistung in der Gebärmutter verzögert wird, bis die Medikamente, die die Produktion mehrerer Eizellen induzieren, aus dem Körper ausgeschieden sind.
In einer Studie aus dem Jahr 2023 hieß es, dass weltweit inzwischen mehr als zehn Millionen Kinder dank solcher assistierter Reproduktionstechnologie (ART) geboren wurden. Medizinische Studien zeigen inzwischen, dass Kinder, die aus eingefrorenen Embryos entstehen, dabei oftmals gesünder sind als die aus „frischen“ IVF-Embryos. So kam die Studie aus dem vergangenen Jahr zum Schluss, dass es bei Kindern, die nach dem Transfer frischer Embryos geboren wurden, eine höhere Rate an Frühgeburten und niedrigem Geburtsgewicht gibt als bei Kindern, die nach einem Transfer gefrorener Embryos geboren wurden.
Im Vergleich zur natürlichen Befruchtung schneiden die Kinder, die über ART geboren wurden, allerdings leicht schlechter ab: Insgesamt habe man über die Jahre eine höhere Rate an Geburtsfehlern bei diesen Kindern nachgewiesen, hieß es in der Studie. Studien zu langfristigen Gesundheitsergebnissen würden zudem auf ein erhöhtes Risiko für Veränderungen des Blutdrucks und der Herz-Kreislauf-Funktion hindeuten.