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„Entwicklung, die uns Sorgen machen muss“NRW legt Leitfaden gegen Gewalt in Kliniken vor

Lesezeit 3 Minuten
Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur. (Symbolbild)

Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur. (Symbolbild)

Aufgrund erhöhter Gewalt gegen Klinikpersonal hat die Krankenhausgesellschaft NRW einen Leitfaden für mehr Sicherheit entwickelt. Innen- und Gesundheitsminister unterstützen das Vorhaben.

Simon Härtel war Krankenpfleger auf der Intensivstation und arbeitet heute als Pflegedirektor beim Evangelischen Krankenhaus in Mülheim. In zwei Berufsjahrzehnten hat er nicht nur viel Leid gesehen, sondern auch einen drastisch veränderten Umgang von Patienten mit persönlichen Grenzsituationen. Egoismus habe sich in der Gesellschaft breitgemacht, findet Härtel.

Dabei ist gerade die Notaufnahme kein Ort, an dem nach Wartezeit bedient wird. Eigentlich müsste jeder verstehen, „warum es dort nicht der Reihe nach, sondern nach der Dringlichkeit geht“, so Matthias Ernst, Vize-Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW. Die jüngste Clan-Randale gegen Mitarbeiter eines Essener Krankenhauses, ausgelöst durch den Herztod eines 87-Jährigen, hat ein Problem in den Fokus gerückt, das Praktiker wie Härtel und Ernst schon länger beschäftigt: Gewalt und Gewaltprävention in Kliniken.

„Kleine Ideen für große Sicherheit“: Wie Klinikpersonal besser geschützt werden kann

Mit Innenminister Herbert Reul und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (beide CDU) legt die Krankenhausgesellschaft nun einen Leitfaden mit Handlungsempfehlungen vor. „Praktische Hilfe, kein großes Geschwafel“, so Reul. „Kleine Ideen für große Sicherheit“, sagt Laumann. Erarbeitet von Ärzten, Pflegern und Polizisten – für den Alltag von Klinikmitarbeitern, die helfen wollen, aber häufig selbst Hilfe benötigen.

Der Leitfaden bietet Krankenhäusern eine Checkliste zu Präventions- und Nachsorgeangeboten, macht Vorschläge zur baulichen Gestaltung unter Sicherheitsaspekten (Beleuchtung, Zugangsbeschränkung, Schutzzonen) und gibt konkrete Verhaltenstipps: Seitlich zum Patienten stehen, um geringe Angriffsflächen zu bieten. Ich-Botschaften senden („Ich habe den Eindruck, dass Sie…“). Signale äußerer Unruhe lesen können wie „permanentes Auf- und Abgehen“. Fluchtmöglichkeiten im Auge behalten. Der Patient oder die Angehörigen, eigentlich Empfänger von Hilfe und Fürsorge, müssen plötzlich aus einer neuen Warte betrachtet werden.

Null-Toleranz und stiller Alarm: Konzepte für mehr Sicherheit erarbeitet

Laumann findet es bedrückend, dass so etwas inzwischen notwendig ist. „Das ist eine Entwicklung, die uns Sorgen machen muss.“ Das Krankenhaus sicherer zu machen, ohne den persönlichen Kontakt zwischen Beschäftigten und Patienten einzuschränken, sei nun die Aufgabe.

Härtel schildert, dass sein Krankenhaus etwa das Konzept des „stillen Alarms“ eingeführt hat, das mit Reuls Polizeidienststellen erarbeitet wurde. Werden Patienten schon in der Eingangshalle auffällig, „können die Kollegen, wenn sie das selbst nicht mehr händeln können, den stillen Alarmknopf drücken. Die Polizei meldet sich dann, und wenn man nicht drangeht, kommt sie vorbei und greift ein.“

Zum „Null Toleranz“-Kurs gegen Gewalt gehört auch ein Stressbewältigungsteam, das Mitarbeitern nach dem aufwühlenden Umgang mit renitenten Patienten hilft. Am Wochenende sorgt ein Sicherheitsdienst für ein besseres Gefühl bei den Beschäftigten. Angesichts des Fachkräftemangels kann sich keine Klinik leisten, dass Mitarbeiter aus Angst vor Übergriffen ausscheiden. „Wir sind es unseren Leuten einfach schuldig“, findet Härtel, „dass sie in Ruhe ihren Dienst fortführen können.“