Regelrechte Sirenenschlachten liefern sich Menschen in der 60000-Einwohner-Stadt in Neuseeland. Doch nun soll damit Schluss sein. Eine Petition soll helfen.
Schlaflose Nächte in NeuseelandWarum die Einwohner in Porirua eine Petition gegen Céline Dion starten
Früher waren es die Ghettoblaster, mit denen vor allem Jugendliche auf der Schulter durch die Straßen zogen. Heute haben einige Musikfans in Porirua, einer Gemeinde nördlich von Wellington, eine nochmal deutlich nervigere Tradition angefangen. Sie fahren in ihren Autos durch die Straßen der 60000-Einwohner-Stadt und beschallen sich dabei gegenseitig über Lautsprecher mit lauter Musik.
Die Lautsprecher werden teils über mehrere Reihen an den Autos montiert, der Lärm, den sie gemeinsam machen, ist ohrenbetäubend. Die Musik, mit der sich die unterschiedlichen Gruppen an Musikfans „bekriegen“, sind Songs der beliebten kanadischen Sängerin Céline Dion. Doch so schön „The Power of Love“, „Because You Loved Me“, „My Heart Will Go On“ oder „Thats the Way It Is“ sind, um zwei Uhr morgens davon aufgeweckt zu werden, dürfte sicherlich die meisten Mitmenschen verärgern.
Lärm bis um zwei Uhr morgens
In Porirua sind die Bürger inzwischen schon so entnervt, dass sie eine Petition an die Bürgermeisterin gerichtet haben. „Genug ist genug“, schrieb der Petitionssteller Wes Gaarkeuken darin. Der Stadtrat von Porirua müsse handeln und die Ansammlung von Autos, „die zu jeder Nachtzeit laute Musik und Sirenengeräusche von sich geben“, stoppen.
Auch einige Kommentare unter der Petition zeigen die Frustration der Bevölkerung: „Schlaf ist ein grundlegendes Menschenrecht“, schrieb Stephen Lewis da, während Julie Sutherland erklärte, dass sie die Petition nicht nur deswegen unterschreibe, weil sie „den Lärm satt habe“ wie auch die „mangelnde Rücksichtnahme dieser Menschen“, sondern weil sie Angst habe, dass jemand die Sache selbst in die Hand nehmen werde, um sie zu stoppen. „Es wird nicht gut enden“, prophezeite sie.
Eine weitere Unterstützerin der Petition merkte an, dass die „Sirenenschlachten“ manchmal stundenlang andauern würden. Und obwohl sie es genieße, Céline Dion bequem in ihrem Wohnzimmer und in ihrer Lautstärke zu hören, genieße sie es nicht, Fragmente davon zwischen 19 Uhr am Abend und zwei Uhr am Morgen zu hören.
Laut eines Artikels im lokalen neuseeländischen Medium „The Spinoff“ sind die Schlachten Teil einer neuseeländischen Subkultur. Die Ursprünge für das eher ungewöhnliche Hobby lassen sich anscheinend unter der Bevölkerung der pazifischen Inselstaaten in Neuseelands größter Stadt Auckland finden.
Neben der Musik plärren Sirenengeräusche durch die Nacht – letztendlich geht es darum, wer die lautesten und klarsten Geräusche produzieren kann. Musik von Céline Dion ist für die „Sirenenschlachten“ deswegen so beliebt, weil die Frau mit der Fünf-Oktaven-Stimme extrem hoch und klar singen kann. Doch laut der Bürgermeisterin von Porirua, Anita Baker, terrorisieren die „Sirenenkönige“ die Bewohner ihrer Gemeinde mit unwillkommenen Interpretationen von Dions Klassikern. „Sie spielen ein halbes Lied und drehen so an ihren Geräten herum, dass sie ein kreischendes Geräusch machen“, kritisierte Baker die Musikfans im Interview mit dem „Guardian“.
Die Bürgermeisterin ist sich nicht erst seit der Petition darüber bewusst, dass sie handeln muss. Dutzende Anwohner haben sich ebenfalls bei Baker beschwert, darunter einige, die erwägen, die Stadt zu verlassen, falls das Problem weiterhin bestehen bleibt. Laut Baker gab es schon einmal eine Art „Waffenstillstand“. Die „Sirenengefechte“ wurden in Industriegebiete außerhalb der Wohnorte verlegt und mussten um 22 Uhr enden. Doch im letzten Jahr verlagerten sich die Kämpfe dann doch wieder ins Stadtzentrum und in die Wohngebiete. „Es vibriert in der ganzen Stadt“, klagte Baker. Das liege auch an der geografischen Lage ihres Ortes in einem Becken. „Es ist wirklich frustrierend.“
Zudem gibt es Beschwerden, dass einige der Lautsprecher und Sirenen gestohlen seien. Doch Paul Lesoa, einer der „lauten“ Musikfans, stritt dies einst im Interview mit „The Spinoff“ ab. Zudem verteidigte er sein „Hobby“: Obwohl er verstehe, dass sich einige Leute daran stören würden, letztendlich würden sie nur ihren eigenen, sicheren Raum, fernab von anderen Menschen wollen. Und auch wenn eine große Gruppe von Männern, die um Autos versammelt sind, auf so manch einen einschüchternd wirken kann – laut Lesoa ist die Aktivität eigentlich von dem Wunsch angetrieben, Ärger zu vermeiden und Kreativität auszudrücken.