Ein satter Teil der Lotto-Einnahmen fließt dem „guten Zweck“ zu. Bisher waren diese „Destinatäre“ gut zufrieden mit dem Geldregen. Jetzt aber beschweren sich einige.
Streit um Lotto-MillionenBevorzugt die NRW-Regierung bei der Gewinn-Ausschüttung ihre Lieblinge?
Die Chance auf sechs Richtige im Lotto ist für die Spieler vergleichweise winzig. Zu den großen Gewinnern bei Lotto, Spiel 77, Eurojackpot & Co. zählen aber zum Beispiel Sportverbände, soziale Einrichtungen, Naturfreunde und Denkmalschützer, denn ein satter Teil der Einnahmen – ungefähr 25 Prozent – fließt dem „guten Zweck“ zu. Bisher waren diese „Destinatäre“ gut zufrieden mit dem Geldregen. Jetzt aber beschweren sich einige von ihnen bei der NRW-Landesregierung wegen „Ungleichbehandlung“.
„Sehr erklärungsbedürftig“ sei das, was sich CDU und Grüne für die Verteilung der Glücksspiel-Einnahmen aus dem so genannten Wett-Pool ausgedacht hätten, wettert Christian Woltering, Chef der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Freien Wohlfahrtspflege in NRW. Es rieche geradezu nach einer politisch motivierten „Bevorteilung“ von Organisationen, für die die Regierungsparteien besondere Sympathien hegten. In diesem Fall Umwelt- und Naturschutzorganisationen (Grüne) und Sportverbände (CDU).
2024: Beitrag steigt auf fast 104 Millionen Euro
Aber was ist eigentlich passiert? Auf den ersten Blick nur Gutes. Die Landesregierung erhöht den Betrag, der aus den Glücksspieleinnahmen für gute Zwecke ausgeschüttet wird, mit dem Haushalt 2024 von 100 Millionen auf fast 104 Millionen Euro. Von dem Gewinn profitieren aber nicht alle gleichermaßen. Organisationen aus den Bereichen Naturschutz, Umwelt und Sport teilen sich im nächsten Jahr nicht nur mit den anderen Organisationen eine Zuschuss-Erhöhung von rund zwei Millionen Euro, sondern sie erhalten weitere zwei Millionen Euro obendrauf, wie das NRW-Finanzministerium auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt. Der Vergleich drängt sich auf: Sport- und Naturschutzverbände knacken 2024 den Jackpot, mit freundlicher Unterstützung des Landes NRW.
Die einen bekommen zwei Prozent mehr Geld, die anderen sechs Prozent mehr. Dabei sei der Verteilschlüssel für die Glücksspieleinnahmen vorher viele Jahre lang unangetastet geblieben, kritisiert Christian Woltering. Er fragt, ob „Destinatäre“ aus der Freien Wohlfahrtspflege wie der Paritätische, Diakonie oder Caritas oder auch die Kunststiftung NRW der schwarz-grünen Regierung weniger wert seien als zum Beispiel die Stiftung Umwelt und Entwicklung und der Landessportbund.
Die Erklärung für den Extra-Gewinn steckt tief im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen, auf Seite 141: „Wir werden die durch überproportionale Einnahmeüberschüsse entstandenen Spielräume nutzen, um Destinatäre im Bereich Naturschutz, Umwelt und Entwicklung sowie im Bereich Sport zu stärken.“
Gewinnen nun nur die Lieblinge?
Christian Woltering warnt davor, die Ausschüttungen zu „politisieren“. Wenn sich dieses Verfahren durchsetze, würden künftige Landesregierungen womöglich immer ihre jeweiligen Lieblinge im Lotto gewinnen lassen.
Die Frage, wer wie viel Geld von den Gewinnen der staatlichen Lotterien bekommt, ruft jetzt auch die Opposition auf den Plan. In einer Kleinen Anfrage der SPD-Landtagsfraktion will Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat von der Landesregierung wissen, warum sie sich dazu entschieden habe, „die Erhöhung der Zuwendungen für die in der LAG NRW zusammengeschlossenen Organisationen geringer ausfallen zu lassen als bei anderen Destinatären“.
In einer Zeit, in der die soziale Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen– Kitas, Ganztag, Pflege, Sozialberatung – unter einem riesigen finanziellen Druck stehe, sei die Schlechterstellung des Sozialen bei der Gewinnausschüttung nicht erklärbar, so die Abgeordnete.
Glücksspiel beschert dem Staat und damit auch den Umwelt-, Sport- oder Sozialverbänden verlässliche und ansehnliche Einnahmen. Laut Westlotto wurden im Jahr 2022 mehr als 700 Millionen Euro für das „Gemeinwohl“ in NRW ausgeschüttet. Das Geld kommt vom klassischen Lottospiel „6 aus 49“ und von anderen Lotterien wie Spiel 77, Eurojackpot, Keno, Glücksspirale, und Super 6. Auch ein Teil der Rubbellos-Einnahmen fließt in „gute Zwecke“, allerdings nur 16 Prozent und nicht, wie zum Beispiel bei Lotto und Eurojackpot, 24 Prozent oder wie bei der Glücksspirale sogar 27 Prozent.
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Zum Kreis der „Destinatäre“ zählen laut Westlotto unter anderen der Landessportbund, der Deutsche Olympische Sportbund, der Westdeutsche Fußball- und Leichtathletikverband, die Freie Wohlfahrtspflege NRW, die Kunststiftung NRW, die NRW-Stiftung, Dombauvereine und die Stiftung Umwelt und Entwicklung.
Das Grummeln in den Wohlfahrtsverbänden über die „Ungleichbehandlung“ ist zwar vernehmlich, unterm Strich gehören aber auch sie weiterhin zu den Gewinnern bei den Ausschüttungen. Ihr Zugewinn steigt zwar nur leicht, aber immerhin doch von 27,7 Millionen auf 28,3 Millionen Euro.
Übrigens: Ein Teil der Fördergelder – ungefähr 1,3 Millionen Euro im Jahr – kommt Hilfeeinrichtungen für Spielsüchtige zugute.