Unter Kritik steht Bundesagrarminister Özdemir: Keiner der 70 Anträge auf Umbauhilfe für Schweineställe aus dem Förderprogramm wurde bisher abschließend bearbeitet.
MilliardenversprechenSchweinehalter warten noch immer auf Förderung
Es soll der Anfang von etwas ganz Großem werden, auch wenn der Name etwas sperrig klingt: „Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der landwirtschaftlichen Tierhaltung“. Mehrere Hundert Millionen Euro stellt die Bundesregierung zur Verfügung. Aus dem Topf sollen Landwirte – oder präziser: bislang ausschließlich Schweinebauern – Unterstützung vom Staat erhalten, wenn sie ihren Stall umbauen wollen. Das Schweineleben soll besser werden, hat sich Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) vorgenommen.
Auf Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag teilt sein Ministerium jetzt mit, dass fast zwei Monate nach dem Start bislang 70 Anträge von Schweinehaltern eingegangen sind, darunter 15, die nach ökologischen Standards wirtschaften. Es geht demnach um geplante Gesamtinvestitionen von 87,5 Millionen Euro, im Schnitt also 1,25 Millionen Euro pro Betrieb.
Betriebsgröße reicht von 110 bis fast 9500 Tieren
Allerdings dürften die Summen je nach Stall stark schwanken. Laut dem Ministerium reichen die Anträge von Betrieben mit 110 Schweinen bis hin zu solchen mit fast 9500 Tieren. Was genau die Bauern umbauen wollen, lässt das Ministerium offen. Es dürfte aber um Maßnahmen wie mehr Platz im Stall selbst oder Auslaufflächen außerhalb des Gebäudes gehen.
Die meisten der bislang eingegangenen Anträge kommen aus Niedersachsen: Insgesamt 25 Betriebe wollen hier in ihre Ställe investieren und dabei Unterstützung vom Staat erhalten. Es folgen 15 Schweinebauern aus Bayern, 14 aus Baden-Württemberg und sieben aus Nordrhein-Westfalen. In Schleswig-Holstein beantragen sechs Landwirte Unterstützung, in Sachsen-Anhalt zwei und in Mecklenburg-Vorpommern ist es ein Betrieb.
Allerdings hat das Förderprogramm gut zwei Monate nach seinem Start noch keinen unmittelbaren Effekt auf das Schweineleben. Denn wie das Agrarministerium ebenfalls mitteilt, wurde bislang noch kein einziger Antrag von den zuständigen Behörden abschließend bearbeitet. Wann sich das ändert, sei offen. Es handele sich um Einzelfallprüfungen.
Die Unionsfraktion nimmt das zum Anlass, den Landwirtschaftsminister zu kritisieren. „Das von Cem Özdemir groß angekündigte Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung bewegt sich im Schneckentempo“, teilte Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher, unserer Redaktion mit. Damit fehle den umbauwilligen Betrieben die Planungssicherheit, so der CDU-Politiker.
Die Umbau-Unterstützung ist dabei nur ein Teil der Schweine-Milliarde: 695 Millionen Euro hat die Bundesregierung für Renovierungsarbeiten in Ställen vorgesehen. Aus einer zweiten Säule sollen als Ausgleich für einen höheren Aufwand bei besserer Haltung der Tiere rund 325 Millionen Euro als Zuschuss fließen. Anträge hierfür sollen laut Ministerium voraussichtlich ab Juni gestellt werden können.
Ein besseres Leben für die Tiere – aber wie?
Wie dauerhaft ein besseres Leben von Schweinen, Rindern oder Geflügel vom Bund unterstützt werden soll, bleibt aber weiterhin unklar. „Eine Entscheidung über eine darüberhinausgehende Finanzierung des Umbaus der landwirtschaftlichen Tierhaltung hat die Bundesregierung noch nicht getroffen“, heißt es in der Antwort an die Union. Stegemann schlussfolgert: „Die Ampel-Koalition ist planlos, wenn es um mehr Tierwohl in der Breite geht. So kommt die landwirtschaftliche Tierhaltung in Deutschland nicht voran.“
Grüne für höhere Mehrwertsteuer auf tierische ProdukteGrünen-Agrarpolitikerin Renate Künast bewertete das im Interview mit unserer Redaktion kürzlich anders. Das Förderprogramm für Schweine sei ein erster Schritt. „Für das Weitere sage ich, dass eine stufenweise Erhöhung der Mehrwertsteuer auf tierische Produkte eine gute Idee ist. Das muss noch einmal durchgerechnet werden, aber das könnte eine Einnahme sein, mit dem sich der Umbau der Ställe und die bessere Haltung der Tiere verlässlich finanzieren lassen.“
Eine Lösung zeichnet sich bislang nicht ab. Die FDP als Teil der Ampel-Koalition lehnt Steuererhöhungen ab. Für Fleisch wird derzeit der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent fällig.