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Warum wurde er nicht abgeschoben?Krefelder Fall befeuert Abschiebe-Debatte in NRW

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Krefeld: Polizeibeamte der Spurensicherung in weißen Schutzanzügen untersuchen Löcher in Glasscheiben des Kinos. Im Foyer eines großen Kinos am Hauptbahnhof in Krefeld hat die Polizei einen Verdächtigen niedergeschossen.

Nach den Schüssen auf einen Verdächtigen im Foyer eines Kinos in Krefeld sichert die Polizei Spuren.

Warum durfte ein Vorbestrafter und mutmaßlicher Brandstifter im Land bleiben? Der Fall des Iraners aus Krefeld schlägt hohe Wellen in NRW.

Der Fall eines Iraners, der in der Krefelder Innenstadt mehrere Brände gelegt haben soll und in der vergangenen Woche von der Polizei niedergeschossen worden war, schlägt hohe Wellen in der Landespolitik. Denn er ist ein weiteres Beispiel dafür, wie schwierig es oftmals ist, ausländische Straftäter in ihr Heimatland abzuschieben.

„Der Fall Hassan N. offenbart gravierende Versäumnisse bei der Abschiebung krimineller Asylmigranten“, sagte am Dienstag der Innenexperte der FDP-Landtagsfraktion, Marc Lürbke. Trotz mehrfacher Verurteilungen wegen Gewalt- und Sexualdelikten und abgelehnter Asylanträge habe der 38-Jährige in Deutschland bleiben können und hier eine Gefahr für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dargestellt.

Der Fall Hassan N. offenbart gravierende Versäumnisse bei der Abschiebung krimineller Asylmigranten.
Marc Lürbke, FDP-Innenexperte

Lürbke vermutet als Ursache eine zu „lasche“ Abschiebepraxis von Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne). Er hinterfragt das Behördenhandeln und will von der Landesregierung in einer Anfrage wissen, ob der mutmaßlich unter einer psychischen Erkrankung leidende Beschuldigte medizinisch und psychologisch betreut wurde.

Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) trat Vermutungen entgegen, die Behörden hätten bei der Abschiebung des Iraners versagt. „Eine Abschiebung ist unter den bisherigen Bedingungen schlicht nicht möglich“, sagte der Rathauschef dem WDR. Dafür müsse der Mann freiwillig seine Identität klären, sein Heimatland Iran müsse dies überprüfen und dann seinen Staatsbürger zurücknehmen. Von deutscher Seite seien alle Voraussetzungen für eine Ausreisepflicht erfüllt, betonte Meyer.

Ministerin Paul hatte zuvor ebenfalls gegenüber dem WDR erklärt, eine psychische Erkrankung könne eine Abschiebung verhindern, das müsse aber im Einzelfall geprüft werden. Eine psychische Auffälligkeit sei nicht automatisch ein Hinderungsgrund für eine Abschiebung.

Krefeld: Erinnerungen an Anis Amri

FDP-Politiker Lürbke fühlt sich an den Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri erinnert, der 14 verschiedene Identitäten benutzt haben soll. Der Beschuldigte aus Krefeld soll in den vergangenen Jahren noch mehr Identitäten benutzt haben als Amri. Der Fall in Krefeld zeige, „wie leicht unser System ausgenutzt wird“. Der Liberale spricht von einem „klaren Verwaltungsversagen“. Der generelle Abschiebestopp in den Iran sei schon zu Jahresbeginn aufgehoben worden.

Das Thema missglückte Abschiebungen beschäftigt NRW nicht erst seit den Brandstiftungen in Krefeld. Der Attentäter von Solingen, ein Syrer, hätte vor der Tat nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass sich derzeit 34 ausreisepflichtige Gefährder in NRW aufhalten. Tatsächlich rückführbar sei aber nur eine Person, schreibt Ministerin Paul in einem Bericht an den Innenausschuss. Das bedeutet: 33 Gefährder, die eigentlich NRW verlassen müssten, können offenbar nicht zeitnah abgeschoben werden.