Die am Donnerstag vorgestellten Pläne für die Bundeswehr liefern sinnvolle Ideen und auch gute Nachrichten für die Truppe.
Kommentar zur StrukturreformDie Bundeswehr der Zeitenwende
Die von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag in Berlin vorgestellte Strukturreform der Bundeswehr mag erwartbar gewesen sein und überfällig – aber sie ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der Verteidigungsbereitschaft Deutschlands. Ein Operatives Führungskommando statt zweien, der Cyber- und Informationsraum als vierte Teilstreitkraft: Das sind alles sinnvolle Ideen und auch gute Nachrichten für die Truppe.
Eine straffere Struktur ist aber nur die (unverzichtbare) Grundlage für das, was jetzt folgen muss: Es geht um Personal und es geht um die Wehrpflicht. Deren Wiedereinführung ist, so der Minister, bei der Reform bereits mitgedacht worden. Mitte April sollen die ersten Vorschläge zu einer möglichen Umsetzung auf den Tisch kommen. Pistorius hat schon häufiger deutliche Sympathie für das schwedische Modell erkennen lassen, wo alle jungen Frauen und Männer gemustert werden und ein ausgewählter Teil Angebote für einen Dienst erhält. Es handelt sich also eher um eine Art der Musterpflicht.
Die Wehrpflicht hierzulande wirklich wieder einzuführen, wird – vorbehaltlich einer Einigung innerhalb der Ampel und der Zustimmung des Bundestags – die eigentliche Weichenstellung für die von Pistorius so genannte „Bundeswehr der Zeitenwende“ sein. Denn die alten Strukturen zur Einziehung sind nicht mehr vorhanden. Zu Recht weist der Minister darauf hin, dass die Wehrpflicht im Verteidigungsfall ohnehin automatisch gilt. Wie das im Ernstfall umgesetzt werden sollte, weiß Stand jetzt niemand – es gibt keine Kreiswehrersatzämter mehr, die Bundeswehr wüsste entsprechend gar nicht, wen sie wie kontaktieren sollte. Wer die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleisten will, muss das unbedingt mitbedenken. Geschweige denn gibt es ausreichend Kasernen, Waffen und anderes Material.
In diesem Zusammenhang hält Pistorius weiter an seinem Begriff der „Kriegstüchtigkeit“ fest. Das ist ein weiteres wichtiges Signal angesichts einer Sozialdemokratie, die gerade wieder arg zu fremdeln beginnt mit ihrer Bundeswehr. Sowohl „Kriegstüchtigkeit“ als auch Wehrpflicht ist für linke Sozialdemokraten ein ähnlicher Trigger wie die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Wer bei Bundeslanzler Olaf Scholz Führung bestellt hatte, bekommt sie nun – allerdings bei Pistorius.