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Kommentar zum TarifstreitDie Forderungen von Verdi gehen zu weit

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26.10.2023, Berlin: Verdi-Mitglieder demonstrieren vor dem Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder auf dem Scharounplatz.

Berlin: Verdi-Mitglieder demonstrieren vor dem Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder auf dem Scharounplatz.

Natürlich brauchen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder mehr Geld. Die geforderten 10,5 Prozent mehr Einkommen wäre des Guten dann doch zu viel.

Zentrale Dienstleistungen für die Gesellschaft müssen gebührend entlohnt werden. Die Forderungen von Verdi zum Auftakt der Tarifgespräche für die rund 1,2 Millionen tariflich Beschäftigten der Länder aber gehen zu weit.

Natürlich brauchen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder mehr Geld, das steht außer Frage. Die zuletzt drastisch gestiegenen Lebenshaltungskosten bringen mehr und mehr Familien an die finanzielle Belastungsgrenze – vor allem auch in den unteren Gehaltsstufen.

Dass es am Ende aber tatsächlich auf die nun zu Beginn der Tarifverhandlungen von Gewerkschaftsseite geforderten 10,5 Prozent mehr Einkommen hinausläuft, wäre des Guten dann doch zu viel.

Auch die Länder sind finanziell bekanntlich nicht auf Rosen gebettet. Die rund 20 Milliarden Euro, die sie die Umsetzung der Gewerkschaftsforderungen kostete, können sie kaum stemmen; jede Milliarde, die sie am Ende nicht berappen müssen, zählt also.

Richtig ist aber auch: Öffentliche Arbeitgeber, die schon heute unter massivem Personalmangel leiden, müssen für Arbeitnehmer attraktiv bleiben.

Unverzichtbarer Dienst an der Gesellschaft

Schließlich leisten die Bediensteten an Kitas und Schulen, in Kliniken und Universitäten wie auch im Strafvollzug und bei der Polizei oft unter schwierigen Bedingungen unerlässliche Arbeit für die Gesellschaft. Und solche zentralen Dienstleistungen müssen auch gebührend entlohnt werden.

Darauf werden die Beschäftigten in den nächsten Wochen sicher auch wieder mit Warnstreiks hinweisen. Das ist ihr gutes Recht. Gewerkschaftsvertreter müssen gemäß ihrer Rolle Stärke demonstrieren und sich profilieren. Den Bogen überspannen sollten sie gleichwohl nicht.

Im aktuellen Konflikt könnten sich die Tarifpartner beispielsweise am Abschluss für Bund und Kommunen orientieren. Dort hat man sich im April unter anderem auf steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro sowie anschließend 5,5 Prozent mehr Gehalt geeinigt.

Schon das war einer der teuersten Tarifabschlüsse seit Jahrzehnten. Nun könnte er als Wegmarke für einen Kompromiss dienen – damit eine Einigung in diesem Tarifstreit hoffentlich noch vor Weihnachten steht.