Die freundlichen Nischen und seine eigenen Freunde muss man in dem Netzwerk heute mit der Lupe suchen.
Kommentar zu 20 Jahre FacebookAus der Revolution ist eine Freakshow geworden
Facebook wird 20 – soll man nun gratulieren? Und wenn ja, wem? Mark Zuckerberg, der aus einer ebenso simplen wie revolutionären Idee ein milliardenschweres Unternehmen machte? Den Nutzern, die vor 20 Jahren ungeahnte Möglichkeiten zum Vernetzen vorfanden?
Die freundlichen Nischen und seine eigenen Freunde muss man in dem Netzwerk heute allerdings mit der Lupe suchen. Für Nutzer, die hier persönliche Kontakte pflegen wollen, wird das Netzwerk immer unattraktiver. Viele Freunde sind nur noch Karteileichen, längst weitergezogen zu Instagram & Co. oder bestenfalls Social-Media-Abstinenzler geworden. Kein Wunder. Dass entfernte Bekannte Babys bekommen oder geheiratet haben, erfährt man dank des Algorithmus frühestens fünf Tage später.
Stattdessen werden einem Tiervideos oder amerikanische Influencerinnen vorgesetzt, die Ekelrezepte zusammenrühren, indem sie aus Kartoffelchips Kartoffelbrei machen, den sie dann mit Mozzarella und Hackfleisch in Teigtaschen rollen. Die einstige Revolution ist zur Freakshow verkommen.
Zum 20. Geburtstag von Facebook muss man feststellen: Das Netzwerk hat sein Versprechen nicht eingelöst. Ekelhafte Kochvideos anzusehen, mit amerikanischen Fake-Generälen zu chatten oder eine Träne über gerettete Hunde zu vergießen ist nicht sozial. Schon gar nicht das Hetzen gegen Flüchtlinge oder Juden, die mit Schaum vorm Mund geführten Diskussionen über Diesel-Autos und Wölfe. 20 Jahre Facebook: Wer ohnehin ein stabiles Beziehungsnetz hat, nutzt die Plattform als mehr oder weniger sinnlosen Zeitvertreib. Und wer vorher einsam war, ist jetzt in schlechter Gesellschaft.