Ein Brief samt Unterschriftensammlung mit mehr als 200 Unterzeichnern aus der grünen Partei zeigt, dass Habeck nicht die nötige Rückendeckung seiner Partei hat.
Bundestagswahl 2025Grünen zetteln Aufstand gegen Robert Habeck an
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Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck
Copyright: Henning Kaiser/dpa
Das Ansinnen von Robert Habeck, in diesem Wahlkampf die Lücke zu schließen, die Angela Merkel hinterlassen hat, schien erfolgversprechend. Zwischen Basta-Merz und Ampel-Scholz schlägt der Kanzlerkandidat einen moderaten Ton an, will sich als Brückenbauer in einer polarisierten Gesellschaft anbieten. So war auch sein Punkte-Plan zur Steuerung der Migration und mehr Sicherheit aus der vergangenen Woche zu verstehen.
Es war ein Angebot an jene, denen die Abschottungsrhetorik von Friedrich Merz zu weit ging, die sich aber trotzdem eine andere Migrationspolitik wünschen. Mit den Grünen, das ist nun klar, ist diese nicht zu machen. Ein Brief samt Unterschriftensammlung mit mehr als 200 Unterzeichnern aus der grünen Partei zeigt, dass er für seine Vorschläge nicht die Rückendeckung seiner Partei hat. Führende Grüne haben das Papier zwar nicht unterzeichnet. Aber er zeigt einmal mehr, wie weit die grüne Führung, die auf eine Regierungsbeteiligung hinarbeitet, und die grüne Partei beim Thema Migration auseinanderliegen.
Bemerkenswerte Flügelverschiebungen
Dem eigenen Kanzlerkandidaten zu unterstellen, er bediene „rechte Narrative“, wenn er vorschlägt, Gefährder und Straftäter konsequent abzuschieben, ist zwei Wochen vor der Wahl schon ein überdeutliches Misstrauensvotum gegen Habeck. Nicht einmal die von der Partei – unter Schmerzen – mitgetragene europäische Asylreform, die von der wahlkämpfenden Parteispitze als Erfolg vertreten wird, ist in der Partei Konsens. Nun sitzt bei Koalitionsverhandlungen zwar nicht die Grüne Jugend mit am Tisch, die den Unionskanzlerkandidaten Merz einen Rassisten nennt. Aber die Flügelverschiebungen innerhalb der Partei sind doch bemerkenswert und lassen eine schwarz-grüne Koalition nur noch als theoretische Möglichkeit erscheinen.
Die Parteilinken geben in vielen Landesverbänden den Ton an. Die Idee, dass es gerade den Grünen gelingen könnte, Humanität und Ordnung in der Migrationspolitik zusammenzubringen, klang lange vielversprechend. Sie haben für Frauen und Minderheiten viel gesellschaftlichen Fortschritt erreicht. Doch wenn es darum geht, kluge Antworten auf problematische Frauenbilder oder Antisemitismus unter Migranten zu finden, sind sie sprachlos. So viel Moral, so wenig Pragmatismus.