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InvestitionsstauVerrottete Straßen, zerbröselnde Schulen – NRW vor gigantischen Ausgaben

Lesezeit 2 Minuten
Gielsdorf, Kreisstraße 1

Foto: Matthias Kehrein

Blick auf die marode Kreisstraße in Alfter.

NRW hat einen Investitionsstau von 156 Milliarden Euro. Die notwendigen Gelder könnten durch mehr Eigenkapitalausnutzung beschafft und für Infrastruktur und Bildung eingesetzt werden.

„Gigantisch“ sei der Investitionsstau in NRW, sagt die Landeschefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Anja Weber. In Zahlen ausgedrückt: 156 Milliarden Euro müsse NRW in den nächsten zehn Jahren in Bildung, Straßen, Wohnen, Gesundheit und den Klimaschutz investieren, um nicht den Anschluss an andere Bundesländer zu verlieren. Dies hat Torsten Windels von der privaten Forschungsgruppe für Strukturwandel und Finanzpolitik in Hannover im Auftrag des DGB ausgerechnet.

Schon vor einem Jahr hatte Windels die Summe in einer Studie genannt, jetzt liegt ein „Update“ vor. Der Investitionsstau sei demnach zwar in den vergangenen zwölf Monaten nicht noch größer geworden, aber Windels – und mit ihm die DGB-Gewerkschaften – werfen NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und seiner schwarz-grünen Landesregierung diesmal vor, die Chancen, an zusätzliches Geld zu kommen, links liegen zu lassen.

Ein Beispiel: „Die NRW-Bank hat mit einer Eigenkapitalquote von 42 Prozent so viel Kapital an Bord, dass sie ihre Bilanzsumme verdoppeln könnte“, sagt Windels, früher Chefvolkswirt bei der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) in Hannover. NRW scheue sich auch, einen weiteren „Joker“ auszuspielen: Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB), also der landeseigene Immobiliendienstleister, ist ein „Sondervermögen“ des Landes und unterliegt laut Windels keinem Verschuldungsverbot. Man könne den BLB deshalb nutzen, um auf diesem Weg Kredite zum Beispiel für Krankenhäuser und Schulen aufzunehmen, ohne mit der Schuldenbremse zu kollidieren.

DGB-Landeschefin Weber glaubt, dass sich das Land in Berlin nicht gut genug in Szene setze, um Investitionshilfen des Bundes locker zu machen. Beim wichtigen Thema Altschuldenlösung gebe es keine Bewegung, im Länderfinanzausgleich sei ebenfalls viel mehr drin.

„NRW hat einen Anteil von rund 23 Prozent an der deutschen Bevölkerung. Es erhält aus dem Länderfinanzausgleich 6,6 Prozent, was einen Anteil von 1,7 Prozent des Landeshaushaltes ausmacht. Sachsen bekommt 25 Prozent seines Landeshaushaltes aus Bundeszuweisungen“, rechnete Windels vor. Er erklärt die Vorteile Sachsens und anderer Ost-Länder mit einem hiesigen „Mentalitätsproblem“: „NRW kommt als einwohnerstärkstes Bundesland mit breiten Schultern daher und scheut davor zurück, im Berliner ,Sozialamt‘ als Bittsteller anzuklopfen.“

„Mit der aktuellen Sparpolitik laufen wir in eine Sackgasse“, sagte Anja Weber vom DGB. Ein Land, das die Sozialausgaben senken und die Wirtschaft ankurbeln wolle, müsse Geld in die Hand nehmen und dürfe nicht nur den Mangel verwalten.