AboAbonnieren

Honig, Fruchtsaft und MarmeladeEU-Frühstücksrichtlinie soll zu mehr Produkt-Transparenz führen

Lesezeit 3 Minuten
Honig tropft von einem Honiglöffel.

Honig gehört zu den am häufigsten gefälschten Lebensmitteln.

Honig gehört zu den am häufigsten gefälschten Lebensmitteln. Wegen seines hohen Zuckeranteils lässt er sich einfach strecken. Das ist in der Gemeinschaft zwar verboten, aber trotzdem weit verbreitet.

Die Sache mit den Bienen und den Blüten ist ein so leckeres wie lukratives Geschäft: Denn die Deutschen streichen sich zum Frühstück besonders gerne Honig aufs Brötchen. Mehr als 20 Millionen Menschen greifen mindestens einmal pro Monat zu dem Aufstrich, im Jahr 2022 verbrauchte ein Bundesbürger durchschnittlich rund 935 Gramm. Doch weil nicht nur die Deutschen, sondern auch die übrigen Europäer deutlich mehr Honig verzehren, als dass die fleißigen Bienen auf dem Kontinent nachkommen, Nektar zu sammeln, importiert die EU rund 40 Prozent des süßen Golds vor allem aus der Ukraine, aus China, Mexiko oder Argentinien.

Das Problem: Das Naturprodukt gehört auch zu den am häufigsten gefälschten Lebensmitteln. So lässt es sich wegen seines hohen Zuckeranteils einfach strecken, beispielsweise mit Zuckersirup aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben. Das ist in der Gemeinschaft zwar seit mehr als 20 Jahren verboten, aber trotzdem weit verbreitet. Die EU-Kommission schätzt, dass fast die Hälfte aller Honigimporte in der EU gepanscht sind. Und die Verbraucher können nicht erkennen, ob sie zu einem gestreckten Produkt greifen, um ihren Tee zu versüßen. Auf den Etiketten wird meist nicht einmal ersichtlich, aus welchem Land der enthaltene Honig stammt. Vielmehr geben Zusätze wie „mit außereuropäischem Honig gemischt“ oder „Mischung von Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ Rätsel auf.

Verbraucher sollen nicht getäuscht werden

Das will die Union ändern. Man wolle die Transparenz bei der Etikettierung verbessern und „so sicherstellen, dass Verbraucher die volle Kontrolle darüber haben, was sie eigentlich kaufen“, sagte der sozialdemokratische Europaabgeordnete Tiemo Wölken. So soll ein Hersteller zukünftig genauer angeben, „aus welchen Ländern sein Honig stammt und zu welchem Anteil“. Am gestrigen Dienstag stimmten die EU-Parlamentarier in Straßburg über Änderungen der sogenannten Frühstücks-Richtlinie ab. Der Name verrät ausnahmsweise, was hinter dem Vorhaben steckt. Es geht neben Honig vorneweg um Fruchtsäfte, Marmeladen, Konfitüren, Gelees und Milchpulver. Dem Vorschlag zufolge muss bei den Frühstücksklassikern das Ursprungsland der verwendeten Früchte auf dem Front-Etikett angegeben werden. Stammen die Zutaten aus mehreren Ländern, ist geplant, die Herkunftsstaaten in absteigender Reihenfolge aufzulisten, je nachdem, woher die meisten Bestandteile stammen.

Mit den Neuerungen bei den Vorgaben zur Zusammensetzung, Verkaufsbezeichnung und Kennzeichnung will die EU vor allem verhindern, dass Verbraucher getäuscht werden. Doch nicht nur das. „Dies wird auch dem unlauteren Wettbewerb mit unseren Imkern ein Ende setzen, die sich an die hohen EU-Produktionsstandards halten“, sagte der französische Liberale Pascal Canfin. Seit Jahren warnen heimische Verbände vor einem Niedergang der Bienenzucht wegen Billig-Einfuhren aus Drittländern.

Bald soll zudem Marmelade auch Marmelade heißen dürfen. Bisher war das Konfitüren aus Zitrusfrüchten vorbehalten. Außerdem fordern die Europaparlamentarier, dass der Minimal-Fruchtanteil in Marmeladen von 35 Prozent auf 45 Prozent steigen soll, für Konfitüre extra von 45 Prozent auf 55 Prozent. „So soll die Industrie angeregt werden, künftig weniger Zucker hinzuzufügen“, sagte SPD-Mann Wölken. Für Milchpulver will man ein Verfahren zur Herstellung von laktosefreien Versionen zulassen. Bevor die veränderte Richtlinie in Kraft treten kann, muss sie noch zwischen dem Parlament und den 27 Mitgliedstaaten endgültig verhandelt werden.

Weniger einig waren sich die Volksvertreter bei Fruchtsäften. Denen darf laut europäischer Gesetzgebung kein Zucker hinzugefügt werden. Die Sozialdemokraten verlangten deshalb ein Verbot, Fruchtsäfte mit Aufdrücken wie „ohne zusätzlichen Zucker“ oder „nur mit natürlichem Zucker“ zu bewerben. „Das erweckt den falschen Eindruck, dass Fruchtsäfte, die oft sehr hohe Anteile an ebenfalls schädlichen Zuckern haben, eine gesunde Option seien“, sagte Wölken und kritisierte die Konservativen. Dort höre „man lieber auf die Lebensmittelkonzerne, statt Verbraucher vor missbräuchlichem Marketing zu schützen“.