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Interview

Grundsteuer
Wie sich Betroffene nach dem Steuerbescheid wehren können

Lesezeit 4 Minuten
Ein Grundsteuerbescheid für 2024 wird vor einen Computerbildschirm gehalten, auf dem ein Formular der Steuerplattform Elster angezeigt wird. Die Zahl der Einsprüche gegen Steuerbescheide nimmt in Nordrhein-Westfalen deutlich zu.

Ein Grundsteuerbescheid für 2024 wird vor einen Computerbildschirm gehalten, auf dem ein Formular der Steuerplattform Elster angezeigt wird. Die Zahl der Einsprüche gegen Steuerbescheide nimmt in Nordrhein-Westfalen deutlich zu.

Wer sich über den Steuerbescheid ärgert, sollte seine Rechte kennen. Der Bund der Steuerzahler NRW erklärt im Rundschau-Interview, was geht.

Die komplizierte Grundsteuererklärung hat viele Bürgerinnen und Bürger in Nöte gestürzt. Nun flattern die Grundsteuerbescheide in die Häuser, und einige Betroffene reiben sich angesichts der hohen Rechnung die Augen. Einspruch dagegen ist schwierig. Es gibt aber diverse Möglichkeiten, nachträglich die Steuerlast zu korrigieren. Hans-Ulrich Liebern, NRW-Landesgeschäftsführer des Bundes der Steuerzahler, erklärt im Gespräch mit Matthias Korfmann, was jetzt noch möglich ist.

Herr Liebern, viele Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer in NRW bekommen in diesen Tagen ihre Grundsteuerbescheide. Kann man gegen diese Bescheide protestieren?

Liebern: Wenn ich den Grundsteuerbescheid bekomme, kann ich eigentlich nur prüfen, ob der Grundsteuer-Messebetrag der aktuelle ist und ob der neue Hebesatz angewandt wurde. Sollten dabei Fehler auffallen, können die Betroffenen Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid einlegen.

Und wenn ich mich über eine hohe Besteuerung ärgere?

Liebern: Wenn Betroffene mit dem Hebesatz oder der Grundsteuer oder der Steuerhöhe nicht einverstanden sind, hätten sie schon gegen den Grundsteuerwertbescheid innerhalb eines Monats Einspruch einlegen müssen. Denen, die keinen Einspruch eingelegt haben, bleibt eigentlich nur die nachträgliche Überprüfung der Angaben in der eigenen Steuererklärung.

Welche Fehler werden bei der Grundsteuererklärung gemacht?

Liebern: Viele. Zum Beispiel wohnt eines unserer Mitglieder allein in einem Dreifamilienhaus und hat es als Einfamilienhaus deklariert. Folge: Der Grundsteuer-Messbetrag explodierte. In einem anderen Fall hat ein Eigentümer seine Kellerräume fälschlicherweise in die Wohnfläche eingerechnet. Ein weiteres Beispiel: Eine Eigentümerin hat drei Wohnungen angegeben, obwohl es in dem Haus nur zwei Wohnungen gibt. Die Dame hat zwei zum Schlafen eingerichtete Räume im Dachgeschoss irrtümlich als Einzelwohnung angegeben Sie bekam daher für drei Wohnungen den Grundsteuerbescheid.

Welche Fehler passieren bei der Wohnfläche?

Liebern: Viele Eigentümer geben fälschlicherweise Flächen im Keller oder unter einer Dachschräge als Wohnfläche an, und das verteuert die Grundsteuer. Nur dort, wo der Raum zwei Meter Höhe hat, zählt die Fläche voll zur Wohnfläche. Was zwischen einem und zwei Metern liegt, wird nur zu 50 Prozent und alles unter einem Meter wird laut der Wohnflächenverordnung gar nicht als Wohnfläche berücksichtigt.

Gibt es weitere Irrtümer?

Liebern: Manche Eigentümer geben eine einfache Renovierung fälschlicherweise als Kernsanierung an. Die Folge: Das schon ältere Gebäude bekommt wieder eine Nutzungsdauer von bis zu 72 Jahren zugeschrieben. Der Hauswert steigt dann und damit auch die Grundsteuer. Wir sehen also: Die Betroffenen können bei der Steuererklärung viele Fehler machen, die ihnen gar nicht bewusst sind. Die gute Nachricht: Man kann die Fehler nachträglich korrigieren.

Wie denn?

Liebern: Mit der so genannten fehlerbeseitigenden Fortschreibung. Wer die geltend machen möchte, kann sich an sein Finanzamt wenden. Entweder rufe ich online über das Portal Elster meine Grundsteuererklärung auf und kreuze gleich zu Beginn an, dass es sich um eine Fortschreibung handelt. Dann trage ich ins Freifeld zum Beispiel ein, dass ich die Wohnfläche falsch berechnet habe.

Was machen die, die sich das online nicht zutrauen?

Liebern: Die schreiben dem Finanzamt, dass sie Fehler bei der Grundsteuererklärung gemacht haben und weisen auf die fehlerbeseitigende Fortschreibung hin, natürlich mit Angabe des Aktenzeichens.

Wenn ich nicht einschätzen kann, ob ich bei der Steuererklärung Fehler gemacht habe, an wen kann ich mich ratsuchend wenden?

Liebern: Wer eine Steuerberatung hat, sollte sich an die wenden. Wer Mitglied bei Haus und Grund ist, findet dort Hilfe. Natürlich kann man sich auch beim Bund der Steuerzahler NRW informieren.

Was ist, wenn, wie in einem besonders schlimmen Fall in Essen, Härten durch große Grundstücke entstehen, die die Eigentümer finanziell extrem belasten? Habe ich dann Chancen auf Kulanz?

Liebern: Falls zuvor fristgerecht Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid eingelegt wurde, kann ich beim Finanzamt einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen. Wenn das Finanzamt den Antrag ablehnt, kann man sich noch mit einem Aussetzungsantrag ans Finanzgericht wenden.

Und wenn der Eigentümer nicht fristgerecht gegen Einspruch eingelegt hat, aber die Grundsteuer nicht bezahlen kann?

Liebern: In extremen Einzelfällen gibt es die Möglichkeit, einen Teilerlass bei der Kommune zu beantragen.