Nun schlägt die Stunde des Hinterzimmers. Den mächtigsten Posten strebt die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an.
Nach der Europawahl 2024In Brüssel beginnt nun der Machtpoker um Top-Jobs
Nach der Wahl schlägt in der EU traditionell die Stunde des Hinterzimmers. In das ziehen sich die Verhandler der Mitgliedstaaten und der Fraktionen nun zurück. Für die Spitzenpolitiker beginnt damit erst der eigentliche Wahlkampf. Denn die Top-Jobs werden vergeben, seit Wochen bringen sich potenzielle Bewerber in Stellung. Den mächtigsten Posten strebt die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) an. Um der Brüsseler Behörde weitere fünf Jahre vorzustehen, trat sie für die Europäische Volkspartei (EVP) als Spitzenkandidatin an.
Hat sie als Gesicht der weiterhin stärksten Kraft im EU-Parlament die Position sicher? So einfach ist es nicht. Auf EU-Ebene werden Ämter nicht einzeln verteilt. Die Staats- und Regierungschefs schnüren ein sorgsam austariertes Personalpaket. So müssen auch die Spitzenämter des Ratspräsidenten, des EU-Außenbeauftragten und des Parlamentspräsidenten besetzt werden.
Der Europäische Rat muss mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Kommissionschefs benennen: 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, müssten sich hinter von der Leyen stellen, falls sie von Kanzler Olaf Scholz (SPD) nominiert wird. Das könnte bereits am 17. Juni bei einem informellen Dinner in Brüssel passieren. Wahrscheinlicher ist, dass man sich beim EU-Gipfel Ende des Monats einigen wird. Oder erst im Juli oder gar September.
Falls von der Leyen Kandidatin der Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen wird, muss das EU-Parlament im Anschluss mit absoluter Mehrheit zustimmen. Zum ersten Mal in dieser Legislatur kommen die Europaabgeordneten am 16. Juli zusammen. Es ist die finale Hürde – und eine Herausforderung. 2019 kam von der Leyen auf neun Stimmen mehr als notwendig. Fällt sie oder ein anderer Nominierter im Hohen Haus Europas durch, dreht sich das Karussell von neuem – „zurück auf Los“. Die 27 Staatenlenker müssten dann innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten präsentieren. (kapri)