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Nur 3,4 Sterne für den HauptbahnhofDreckig und stinkig – so beschreiben Umfrageteilnehmer das Bahndrehkreuz in Bonn

Lesezeit 5 Minuten
Ein Schild weist auf den Hauptbahnhof Bonn hin.

Ein Schild weist auf den Hauptbahnhof Bonn hin.

Bei Google bekommt der Bahnhof eine Gesamtbewertung von 3,4 von fünf Sternen bei insgesamt 889 Rezensionen.

Mit einem blauen Lappen wischt ein Mann mit orangener Warnweste über einen Mülleimer. Das restliche Seifenwasser zieht er mit einem Abzieher von der silberfarbenen Oberfläche ab. Dann greift er zum Wischer, um noch einmal den Boden rund um den Abfalleimer zu säubern, bevor er alle Utensilien wieder in den Putzwagen stellt und wenige Meter weitergeht. Der Mann räumt auf an Gleis 1 am Hauptbahnhof. Viel Arbeit scheint er an diesem Mittwochmittag nicht zu haben. Auf dem Bahnsteig liegt heute kein Müll.

Dass das auch anders aussehen kann, beschreiben Nutzerinnen und Nutzer bei Google. „Es riecht nach Urin“ und „die Tauben koten alles voll“ schreibt eine Person. „Dreckig, verkommt, stinkt einfach nur“ und „ich finde ihn hässlich“, schreibt ein anderer Nutzer. Bei Google bekommt der Bahnhof eine Gesamtbewertung von 3,4 von fünf Sternen bei insgesamt 889 Rezensionen. In Schulnoten wäre das in etwa eine „drei plus“. Also eigentlich gar nicht so schlecht. Und ja, es gibt auch positive Kommentare. „Im Untergeschoss gibt es für jeden Geschmack eine Fressbude“, schreibt ein Nutzer. Eine andere Nutzerin kommentiert: „Sauberer Bahnhof“. Doch wie sieht die Realität aus?

Wie beurteilen Reisende den Bahnhof?

Beim Rundgang durch das verzweigte Tunnelsystem des Hauptbahnhofs fällt an einem Mittwochmittag eins zumindest nicht auf: Müll. Bis auf einzelne Zigarettenstummel und eine Brötchentüte sehen die Böden des Bahnhofs frisch gefegt aus – und das trotz des geschäftigen Treibens. Kleine Löcher im Boden und unebene Platten sind mit gelb-grüner Sprühfarbe markiert. Lediglich drei Personen sitzen friedlich in Decken gehüllt in einem der Gänge. Auf den Bahnsteigen laufen und flattern Tauben umher. Eine Ratte, von denen es hier einige geben soll, ist nicht zu finden.

Und wie beurteilen Reisende den Bahnhof? Alexander Kukshaus bewertet den Bonner Hauptbahnhof als „einen der saubersten Bahnhöfe“. Der Student wohnt in Aachen und pendelt täglich zur Universität nach Bonn. Auch die Tauben an den Gleisen stören ihn nicht. 3,5 Sterne würde Kukshaus vergeben. Silke Velten wartet an Gleis 1 auf ihren Zug Richtung Brühl und fasst ihre Bewertung für den Bonner Hauptbahnhof in einem Wort zusammen: „Gut!“ Die Bonnerin bezeichnet sich als Lokalpatriotin und ist begeistert. „Der Bahnhof ist gut gelegen, mitten in der Innenstadt, aber er macht die Innenstadt nicht kaputt“, sagt Velten und ergänzt: „Ich finde es schön, dass Touristen mit Beethoven begrüßt werden, wenn sie ankommen.“

Sie zeigt auf eines der blauen Schilder, die oberhalb des Treppenabgangs hängen und ein Porträt des berühmten Komponisten zeigen. „Das dürfte auch gern noch mehr sein“, sagt sie. Auch fühlt sie sich persönlich immer wohl. „Ich habe noch nie Angst gehabt, selbst nachts nicht, wenn ich spät von einem Termin gekommen bin.“

Die Mitarbeitenden sind sehr um Sauberkeit bemüht

Aber Velten sieht auch Verbesserungsbedarf. Vor Wind und Kälte gibt es ihrer Meinung nach wenig Schutz. „Gerade auf Gleis 3 und 4.“ Auch die Fahrstühle findet sie etwas eng für Menschen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. „Eine Familie mit Anhänger hat dort keinen Platz.“ Das bestätigt auch die Deutsche Bahn (DB) auf Anfrage. „Die Aufzüge haben Standardgrößen und bieten Platz für handelsübliche einsitzige Fahrräder mit zwei Rädern. Einige E-Bikes finden aufgrund ihrer Größe leider keinen Platz“, sagt ein Sprecher des Konzerns. Und wie sieht es mit dem Dreck aus? „Die Mitarbeitenden sind sehr um Sauberkeit bemüht und ich finde nicht, dass es unangenehm riecht, weil viel gemacht wird“, antwortet Velten. Ihre Gesamtbewertung: 4,9 Sterne.

Jürgen-Peter Freudenberg wartet ebenfalls an Gleis 1, aber ist weniger euphorisch als Velten. „Es ist renoviert worden, aber es ist immer noch vieles im Argen“, sagt Freudenberg. Mehr Sauberkeit wünscht er sich für die Verbindungstunnel zwischen den Gleisen und der Stadt. „Die Gänge unten sind nicht sehr einladend.“ Insgesamt vergibt er drei Sterne.

Ähnlich sieht das auch Anna Berger. Zwar bewertet sie den Bonner Hauptbahnhof insgesamt als „ganz gut“, doch auch ihr fällt ein unangenehmer Geruch und fehlende Sauberkeit in den unteren Durchgängen auf. „Die unangenehmen Gerüche manchen keine Lust, in die Geschäfte zu gehen“, sagt sie. Ihre Bewertung 3,5 Sterne.

Bonner Bahnhof wird täglich gereinigt

Wie jeder Bahnhof werde auch der Bonner Bahnhof täglich von den Mitarbeitern der DB gereinigt, berichtet ein Sprecher der Bahn. „Seit einiger Zeit haben wir hier tagsüber dauerhaft Reinigungskräfte im Einsatz. Dadurch konnten wir die Sauberkeit inzwischen verbessern.“ Zudem macht die DB darauf aufmerksam, dass Fahrgäste Hinweise zu Verschmutzungen direkt an die zuständige Zentrale für Service, Sicherheit und Sauberkeit melden können. Auch Ghasaq Alwan spricht die Sauberkeit in den Durchgängen im unteren Teil des Bahnhofs an und bringt auch Menschen, die sich dort längere Zeit aufhalten, ins Spiel. „An den Gleisen ist alles in Ordnung, unten in den Gängen ist es sehr unhygienisch. Ich glaube, es wird sich zu wenig um Obdachlose gekümmert, aber das ist in allen Bahnhöfen so“, sagt sie.

Alwan hat neben ihrer Kritik aber auch viel Lob für den Bonner Hauptbahnhof übrig. Etwa, dass man durch die Unterführung direkt vom Gleis zum Busbahnhof laufen kann oder dass es kleine Läden direkt an Gleis 1 gibt. Daher vergibt sie insgesamt vier Sterne.

Die Deutsche Bahn erklärt, dass das Sitzen und Liegen auf dem Boden, auf Treppen und in Zugängen durch die Hausordnung untersagt ist. „Wer sich dort niederlässt und die Abläufe im Bahnhof stört oder andere belästigt, muss damit rechnen, des Bahnhofs verwiesen zu werden“, sagt ein Bahnsprecher und ergänzt: „Wartebereiche, Durchgänge, Treppen oder Fluchtwege, aber auch Bereiche wie Schließfachanlagen müssen aus Sicherheitsgründen, aber auch mit Rücksicht auf alle Nutzerinnen und Nutzer des Bahnhofs, freigehalten werden.“ Gleichzeitig engagiere sich der Konzern jedoch auch mit der Bahnhofsmission und der Deutsche Bahn Stiftung für Menschen in schwierigen Lebenslagen und ohne festen Wohnsitz.