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Bremer HeimatschutzkompanieWas Ungediente derzeit zur Bundeswehr treibt

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In der Bundeswehr wird Personal gebraucht.

Für zwölf Menschen startet in Bremen die Ausbildung in der Bremer Heimatschutzkompanie. Die Motivation der Menschen ist dabei sehr unterschiedlich. Gebraucht werden sie dringend.

Die Demokratie stärken, einen Beitrag zur Landesverteidigung leisten angesichts der vielfältigen Bedrohungen in der Welt: Es sind unterschiedliche Gründe, die zwölf Frauen und Männer in Bremen zur Bundeswehr geführt haben. Allen ist gemeinsam: Sie stehen mit ihren zivilen Berufen voll im Leben und haben vorher nicht gedient. In der Bremer Heimatschutzkompanie werden sie nun für Ordnungs- und Sicherungsaufgaben zu Soldaten ausgebildet und dienen dann in der Reserve. Die wird auch angesichts weiter rückläufiger Personalzahlen bei der Bundeswehr immer wichtiger.

Am Freitag startete die Ausbildung, für die sich zunächst 70 Interessierte beworben hatten. Einige zogen zurück, bei anderen passten die Voraussetzungen nicht. Die zwölf, für die es nun losgeht, davon etwa ein Drittel Frauen, werden in mehreren Modulen sowohl in Präsenz als auch online ausgebildet.

Auf dem Programm stehen Schießausbildung, Erste Hilfe, Karten- und Geländekunde, ABC- und Fernmeldeausbildung sowie Gefechtsdienst. „Wir versuchen, das so arbeitgeber- und arbeitnehmerfreundlich wie möglich zu gestalten“, sagt Hauptmann Victor von der Decken im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist Kompaniechef und bildet die neuen Rekruten aus.

Auf die Teilnehmer kommt dabei einiges zu: Sie absolvieren die Ausbildung berufsbegleitend, für den Dienst in der Reserve benötigen sie eine Freistellung vom Arbeitgeber – er muss einverstanden sein.

Aber wie geht das: erwachsene, mitten im Leben stehende Menschen auf ihre alten Tage in die Bundeswehr zu integrieren? „Das sind alles gestandene Charaktere“, sagt auch Hauptmann von der Decken – und dass es vielen zunächst schwerfalle, umzuschalten. Er kennt die Hürden, die angehende Soldaten überwinden müssen.

Ungewohnte Uniform

Was für den Einzelnen die größte Umstellung bedeutet, sei individuell aber ganz verschieden, bestätigt auch Andrea Hilscher, die im Bremer Landeskommando für die Informationsarbeit zuständig ist und die Ausbildung selbst absolviert hat. Da ist zunächst die Kleidung, mit der man sich nicht auskenne, der ungewohnte Ton – einfach die Situation, dass man plötzlich von jemandem Befehle erhält und die dann ohne Murren und Verhandeln einfach ausführen muss. Wobei Hauptmann von der Decken vom bellenden Kasernenhofton vergangener Tage nicht viel hält: „Einer meiner früheren Ausbilder hat immer gesagt: Wer schreit, hat die Kontrolle über die Befehlsgebung verloren.“

Dennoch sei „Subordination ein ganz wichtiger Punkt und eben auch Teil der Ausbildung.“ Ohne geht es nicht in einer Armee, dafür habe die für viele zunächst ungewohnte Uniform aber auch einen positiven Effekt: „Sobald die Menschen in diese Uniform steigen, sind sie gleich.“ Die zivile Qualifikation sei dann „ein Soft Skill“; ob jemand Vorstandsvorsitzender oder Angestellter ist, spielt in der Ausbildung bei der Bundeswehr keine Rolle mehr. „In der Reserve haben wir wirklich noch einen Schnitt der ganzen Gesellschaft“, sagt Hauptmann von der Decken.

Eingesetzt werden die Soldaten der Heimatschutzkompanie nach ihrer Ausbildung dann hauptsächlich für Wach- und Sicherungsaufgaben. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall sollen sie nicht in vorderster Front kämpfen, sondern etwa Kasernen und Liegenschaften der Bundeswehr bewachen. Auch im Rahmen des „Host Nation Support“ der Nato kommt der Heimatschutz zum Einsatz – und bei Katastrophenfällen, wenn die Hilfe der Bundeswehr angefordert wird. Für den Chef des Landeskommandos Bremen, Oberst Andreas Timm, ist die Heimatschutzkompanie dabei ein Baustein, sowohl die Bundeswehr als auch die Zivilgesellschaft resilienter zu machen.

Und resilient sein – oder es während der Ausbildung werden – ist auch für die Neuen in der Bremer Heimatschutzkompanie essenziell. „Mancher hat vielleicht Schwierigkeiten mit dem frühen Aufstehen, ein anderer mit der Gemeinschaftsdusche – das ist ganz verschieden. Man muss am Anfang die Zähne zusammenbeißen und ein bisschen tapfer sein“, sagt Andrea Hilscher und lacht.