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Bezahlkarte für GeflüchteteDie IBAN sollen Flüchtlinge nicht erfahren – Debatte geht weiter

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Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz im Landratsamt gezeigt.

Eine Bezahlkarte für Geflüchtete (Archivbbild)

Die Ausschreibung für die umstrittene Bezahlkarte macht die geplanten Einschränkungen für Asylbewerber deutlich. Indessen wird weiter um die Bezahlkarte gestritten.

Auf Bundesebene wird immer noch gestritten: Müssen für die geplante Bezahlkarte für Flüchtlinge Gesetze geändert werden oder nicht? Die Grünen sind der Auffassung, das sei nicht notwendig. Der Rest der Ampel und die Bundesländer sehen das offenbar anders. Ungeachtet des Streits hat jetzt die Suche nach einem geeigneten Dienstleister begonnen.

Auf den gängigen Web-Plattformen hat der Bund eine europaweite Ausschreibung gestartet. Gesucht werden zunächst fünf geeignete Unternehmen. Einer der Dienstleister soll dann im nächsten Schritt den Zuschlag erhalten. Wann das der Fall ist und wann die ersten Geldkarten ausgegeben werden, ist offen. Anhand der Ausschreibungskriterien wird allerdings klar, wo Asylbewerber künftig eingeschränkt sein werden – und wo nicht.

26 Kriterien werden genannt, die der künftige Dienstleister sowie seine Karten erfüllen sollen. Im Prinzip soll das System nach den Erwartungen der Behörden wie eine handelsübliche Geldkarte funktionieren, mit der sich Bargeld an Automaten abheben sowie in Geschäften bezahlen lässt. Die Karte soll möglichst auch mit dem Handy der Asylbewerber verknüpfbar sein.

Die dazugehörige IBAN allerdings soll Geheimsache bleiben. Sie „darf weder darauf noch gegenüber den Karteninhabern angegeben und bekannt gemacht werden, um Missbrauch auszuschließen“, lautet eine Vorgabe. So soll sichergestellt werden, dass kein Geld von Dritten – möglicherweise aus dem Ausland – aufgespielt oder ins Ausland überwiesen werden kann.

Geld kann möglicherweise nicht für alles ausgegeben werden

Tatsächlich soll nur das bisher häufig in bar ausgezahlte sogenannte Taschengeld auf der Karte sein. Ist das Guthaben verbraucht, lässt sie sich bis zur nächsten Einzahlung nicht mehr nutzen. Die Höhe des Taschengeldes richtet sich dabei – wie bisher auch – nach der Lebenssituation des Flüchtlings. Alleinstehende Erwachsene, die in einer Sammelunterkunft leben, bekommen 182 Euro zur Deckung persönlicher Bedarfe, wie es im Asylbewerberleistungsgesetz heißt.

Die Summe geht dann künftig auf die Karte, kann aber möglicherweise nicht überall und nicht für alles ausgegeben werden. Die Behörden sollen einzelne Branchen sperren können. In der Vergangenheit war etwa Glücksspiel genannt worden. In der Ausschreibung findet sich kein konkretes Beispiel. Ebenso soll der Karteneinsatz auf bestimmte Postleitzahlbereiche begrenzbar sein. In der Praxis müssen Bundesländer und Kommunen entscheiden, inwieweit sie die Nutzung einschränken wollen. In einzelnen Parlamenten wird darüber bereits gestritten.

Was aber generell gilt: Überweisungen ins Ausland sollen unterbunden werden. In der Vergangenheit hatte es immer wieder geheißen, das Taschengeld werde an Verwandte oder Schlepper überwiesen. In welchem Ausmaß das tatsächlich vorkommt, ist umstritten.

Der mögliche Dienstleister soll zudem sicherstellen, dass eine durchgehend erreichbare Service-Hotline geschaltet wird. „Die Kundenbetreuung sollte in verschiedenen Sprachen sichergestellt werden, insbesondere denen der Hauptherkunftsländer“, heißt es in den Anforderungen. Derzeit sind das Syrien, Afghanistan und die Türkei.

Beteiligt an der Karte sind der Bund sowie 14 Bundesländer – darunter auch Nordrhein-Westfalen. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Bayern hat vor kurzem den Karten-Auftrag an einen Dienstleister aus Freising vergeben. Mecklenburg-Vorpommern sucht parallel zur Bundesausschreibung noch einen Anbieter, orientiert sich aber an den Bundesvorgaben. Die sehen zudem vor, dass die Asylbewerber ihre Karten möglichst behalten, wenn sie von den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer auf die Kommunen verteilt werden.

Deutschlandweite Einführung ab Sommer bleibt erklärtes Ziel

Zuletzt drängte der Deutsche Städte- und Gemeindebund auf eine zügige Einführung. Hauptgeschäftsführer André Berghegger sagte unserer Redaktion: „Die Vereinbarung muss umgesetzt werden, die Karte muss dieses Jahr kommen. Im März müssen die Kriterien stehen, danach die Ausschreibung erfolgen und dann im Sommer bis Herbst die Karte flächendeckend ausgegeben werden.“ Die Staatskanzlei in Hessen – das Bundesland hat derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz – betonte auf Anfrage: „Ziel ist eine deutschlandweite, rechtssichere Einführung der Bezahlkarte ab dem Sommer.“