Mit dem jetzigen Personal bekommt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge nicht mehr in den Griff. Eine teure Notlösung muss her.
Behörde am LimitZahl der Asylanträge kaum zu bewältigen – Bamf setzt auf Leiharbeiter
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz Bamf, ist am Limit. 330.000 Asylanträge verzeichnete die Behörde im vergangenen Jahr. Und jeden Monat kommen Tausende neue hinzu. Das sei mit dem normalen Personalstamm der Bundesbehörde – immerhin etwa 8300 Mitarbeiter – nicht mehr zu bewältigen, sagt ein Sprecher.
Die Folge sind Hunderte Stellenausschreibungen. Nicht vom Bamf selbst, sondern von Leiharbeitsfirmen, die Mitarbeiter an die Behörde verleihen wollen. Ein Unternehmen aus Nürnberg beispielsweise sucht Personal für Standorte in Bramsche, Niedersachsen, oder Neumünster, Schleswig-Holstein. In beiden Orten betreibt das jeweilige Bundesland eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber. Das Bamf unterhält hier Außenstellen, in denen die Anträge aufgenommen und abgearbeitet werden.
„Flüchtlingshilfe aktiv gestalten“, heißt es verheißungsvoll in einer digitalen Stellenanzeige. Und weiter: „In Deiner neuen Funktion nimmst Du Asylanträge persönlich entgegen, prüfst sie auf Vollständigkeit und leitest sie an die zuständigen Sachbearbeitenden weiter.“ Die Leiharbeiter werden also durchaus in sensiblen Bereichen eingesetzt, auch wenn die Asylentscheidung letztlich die Sache festangestellter Bamf-Mitarbeiter bleibt.
Behörde benötigte bereits früher Unterstützung
Es ist nicht das erste Mal, dass die Behörde auf Hilfe von außen angewiesen ist. Schon in der Folge der sogenannten Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 mit mehr als einer Million Asylanträge halfen Leiharbeiter aus. Damals wurde über Kosten von etwa acht Millionen Euro berichtet. Doch der jetzige Einsatz geht deutlich darüber hinaus. In einer Bekanntmachung zur Vergabe an mehrere Leiharbeitsfirmen wird der Auftragswert mit fast 250 Millionen Euro beziffert.
Das heißt nicht zwangsläufig, dass am Ende der Verträge auch so viel Geld geflossen sein wird. Wie ein Sprecher des Bamf mitteilt, seien seit Oktober 2022 seitens der Behörde 22,3 Millionen Euro für Leiharbeitskräfte ausgegeben worden. Eben seit Oktober 2022 ist die Zahl der Asylanträge stark gestiegen. Hinzu kamen 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Seitdem helfen wieder externe Kräfte aus. In den Jahren 2019, 2020 und 2021 war das nicht der Fall.
Derzeit sind beim Bamf rund 420 Leiharbeitskräfte im Einsatz „insbesondere im mittleren Dienst im Asyl- und im Integrationsbereich“, so der Sprecher. Sie nähmen Asylanträge entgegen und legten Akten an. Seit Oktober 2022 waren es bislang 855 sogenannte Arbeitnehmerüberlassungen. Aus rechtlichen Gründen ist die Leiharbeit auf 18 Monate beschränkt.
Gewerkschaften sind normalerweise kein Freund solcher Maßnahmen. Im Falle des Bamf sieht das aber etwas anders aus. Frank Gehlen von der VBOB, der Gewerkschaft der Beschäftigten des Bundes, sagt: „Der Einsatz von Leiharbeitskräften ist nicht ideal, aber eine Reaktion auf eine Notlage. Die Behörde muss ja arbeitsfähig bleiben und Entscheidungen treffen.“ Das festangestellte Personal sei für jede Unterstützung dankbar. „Es sind ja nicht nur die hohen Zahlen an Asylanträgen. Es geht auch um permanente Änderungen, beispielsweise das Gemeinsame Europäische Asylsystem, die dann in der Behörde umgesetzt werden müssen.“
Die Linken leiten aus der Leiharbeit im Bamf einen Arbeitsauftrag an die Bundesregierung ab. Die müsse dafür sorgen, dass die Behörde bei steigenden Asylzahlen nicht gleich überfordert sei, sagt Bundestagsabgeordnete Clara Bünger: „Leiharbeit ist keine Lösung.“
Dazu passt bedingt eine Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). In der „Welt am Sonntag“ erklärte sie, 1160 zusätzliche Kräfte beim Bamf einstellen zu wollen. Es gehe um Vollzeitstellen, die möglichst schnell besetzt werden sollen. Auf Nachfrage unserer Redaktion präzisierte das Ministerium, dass im Haushalt Mittel für 343 neue Planstellen „sowie weitere 817 Beschäftigungsmöglichkeiten für den Einsatz von befristet Beschäftigten und von Leiharbeitnehmenden“ hinterlegt seien. „Deren Einsatz wird sich vorrangig auf den Asylbereich konzentrieren.“ In den Ausschreibungen der Leiharbeitsfirmen wird mit guten Übernahmechancen beim Bamf geworben.