Es ist eine Frage, die viele umtreibt: Ist mein Gehalt eigentlich fair und angemessen? Nur wer klug vergleicht, kann gezielt verhandeln. So gehen Sie dabei am besten vor.
GehaltsvergleichWie Sie lernen, Ihr Gehalt richtig einzuordnen

Ist mein Gehalt eigentlich für meine Position angemessen? Recherche ist bei dieser Frage oft das A&O.
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Gerecht für die geleistete Arbeit bezahlt werden, das wollen alle. Doch viele wissen nicht, wie sie ihr Gehalt realistisch einordnen und welche Quellen dabei helfen können – und was sie tun können, wenn das eigene Gehalt weit unter dem Durchschnitt liegt. Fragen und Antworten.
Welche Faktoren beeinflussen das Gehalt?
„Verschiedene individuelle Faktoren spielen für die Entlohnung eine Rolle“, sagt Julia Lang, Mitarbeiterin beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Dazu zählen etwa Ausbildung, Qualifikationen und Berufserfahrung. Aber auch Faktoren wie die Branchenzugehörigkeit sowie die Position innerhalb eines Unternehmens beeinflussen die Höhe des Gehaltes.
Lang verweist auf eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung, wonach für die Gehaltshöhe Faktoren wie Anforderungsniveau, Geschlecht, Bundesland, Betriebsgröße und Tarifbindung wesentlich sind.
Kann ich Gehaltsdaten einfach im Internet recherchieren?
Im Internet gibt es Vergleichsportale wie etwa StepStone, Glassdoor oder Kununu, über die sich Interessierte informieren können, wo sie im Vergleich mit anderen mit ihrem Gehalt liegen. Allerdings: „Bei Vergleichsportalen ist das Problem, dass sie oft auf Daten beruhen, die von Datenbanknutzern selber eingegeben wurden“, sagt IAB-Experte Hermann Gartner. Es seien also keine repräsentativen Erhebungen. „Damit ist auch schwer einzuschätzen, wie zuverlässig die Angaben sind.“
Zu beachten ist laut Gartner auch, was genau angegeben wird. Welche Personen werden bei der Berechnung von Durchschnitten einbezogen – sind etwa auch Auszubildende mit einem vergleichsweise niedrigen Verdienst dabei? Sind Lohnbestandteile wie Sonderzahlungen oder Überstunden dabei? Werden Brutto- oder Nettolöhne angegeben? Monats-, Tages- oder Stundenlöhne? „Bei Monatslöhnen ist für einen Vergleich auch zu beachten, ob auch Teilzeitbeschäftigte bei der Berechnung des Durchschnittslohnes eingehen oder nur Vollzeitbeschäftigte“, so der Wissenschaftler.
Wo kann ich sonst Gehaltsdaten recherchieren?
Die wichtigsten repräsentativen Datenquellen in Sachen Gehalt sind:
- das Sozioökonomische Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)
- das Statistische Bundesamt mit der Verdiensterhebung
- der Gehaltsvergleich des Statistischen Bundesamtes
- der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit
- der WSI-Lohnspiegel
Welche Tipps gibt es, um das eigene Gehalt darüber hinaus besser analysieren zu können?
Möglichst viel recherchieren ist das A&O. „Gehaltsdaten sind oft auch über den Betriebsrat eines Unternehmens oder über Gewerkschaften zu bekommen“, sagte Ute Gietzen-Wieland, Business-Coach in Bielefeld. Zumindest bekomme man hierüber Anhaltspunkte.
Ein weiterer Tipp: Stellenausschreibungen beinhalten teilweise schon Gehaltsangaben – dies könne ebenfalls ein realistisches Bild vermitteln.
Was tun, wenn das eigene Gehalt weit unter dem Durchschnitt liegt?
In dem Fall bietet sich ein Gehaltsgespräch mit dem Arbeitgeber an. „Wichtig ist, dass man dieses Gespräch sehr gut vorbereitet“, so Gietzen-Wieland. Ein Appell an Gerechtigkeit sei kein gutes Argument bei einem Gehaltsverhandlungsgespräch.
Besser sei es, Argumente zu sammeln und vorzutragen, die für eine Erhöhung sprechen. Also besondere Leistungen oder Zusatzverantwortung nennen, auf absolvierte Weiterbildungen verweisen oder berufliche Erfolge auflisten.
Zeigt sich die Führungskraft für eine Gehaltserhöhung nicht offen, können Betroffene in einem größeren Unternehmen über einen internen Wechsel auf einen Posten nachdenken, der besser bezahlt ist. Auch ein Wechsel zu einem anderen Unternehmen kann gegebenenfalls eine Option sein.
Was tun, wenn ich herausfinde, dass ein Kollege für die gleiche Arbeit mehr verdient als ich?
„Beschäftigte dürfen durchaus wissen, was ihre Kolleginnen und Kollegen verdienen“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht und verweist auf das Entgelttransparenzgesetz.
Prinzipiell könne man der Führungskraft auch sagen, dass ein bestimmter Kollege für die gleiche Arbeit mehr verdient und das unfair ist. Einen Rechtsanspruch aufs gleiche Gehalt habe man aber nur in Ausnahmefällen. „Ein solcher Fall ist etwa eine offensichtliche Geschlechterdiskriminierung“, so Oberthür.
Ute Gietzen-Wieland empfiehlt allen, die feststellen, dass ein Teammitglied für die gleiche Arbeit mehr verdient, folgende Vorgehensweise: Bei der Führungskraft oder bei der Personalabteilung nach den Kriterien für die Gehaltsgestaltung fragen – ohne den Unterschied zwischen dem Gehalt des Teammitglieds und dem eigenen zu nennen. So kann man sich ein erstes Bild machen.
Im nächsten Schritt kann man sich anschauen: Hat der Kollege möglicherweise mehr Erfahrung, umfassendere Qualifikationen oder Zusatzverantwortung? Ist das nicht der Fall, könnte eine Ungleichbehandlung vorliegen. Dann muss man für sich entscheiden, ob man gegen diese Ungleichbehandlung juristisch vorgeht – oder aber den Arbeitgeber mit guten Argumenten davon überzeugt, warum das Gehalt mindestens so hoch wie das des Kollegen sein sollte. (dpa)