AboAbonnieren

StilkolumneKleidung, Haltung, Ellbogen – gibt's noch Benimmregeln im Restaurant?

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Krawatte im Restaurant können Sie sich sparen. 

  1. Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  2. Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  3. Diesmal erklärt Vincent Moissonnier, was man beim Restaurant-Besuch beachten sollte – von Dresscode bis Tischmanieren.

Köln – Ich höre immer wieder, dass Firmen inzwischen eine Menge Geld investieren, um (leitenden) Mitarbeitern verbindliche Umgangsformen zu vermitteln. Von mir bekommen Sie ein paar Tipps gratis.

Erster Punkt: Wie sehr sollten Sie sich bei der Wahl Ihrer Garderobe ins Zeug legen? Nun, wenn Sie beispielsweise ins „Vendôme“ in Bergisch Gladbach gehen möchten, rate ich Ihnen zu gut geputzten Schuhen mit dunklen Socken, einem Hemd, das zur Hose passt sowie einem gebügelten Sakko. Das Hemd können Sie offen tragen, Krawatte muss nicht mehr sein. Wenn Sie Ihr Outfit mit ein wenig Geschick aufpeppen wollen, ist ein dezentes Einstecktuch zu empfehlen.

Die goldenen Regeln für den Restaurant-Besuch

Neuer Inhalt

Vincent Moissonnier 

Die „goldene Regel“ für alle anderen Fälle lautet: Muten Sie anderen nicht zu, was Sie selbst nicht mögen. Wenn Ihnen eine unrasierte Bedienung in dreckigen Turnschuhen und mit Schweißrändern auf dem Hemd unangenehm wäre, wissen Sie sofort, was zu tun ist. Dass bestimmte gehobene Restaurants noch einen Dresscode vorgeben, hat vornehmlich damit zu tun, dass ein Teil der sehr reichen Klientel glaubt, mit ihrem ganzen Geld auch die Lizenz für schlechtes Benehmen miterworben zu haben. Mir ist es einmal in einem sehr guten Pariser Restaurant passiert, dass gegen 22 Uhr ein prominenter französischer Fußballprofi in T-Shirt, Jogginghose und Sandalen hereinstürmte, sich mit zwei Begleiterinnen an einen freien Tisch warf und lautstark – eine Cola bestellte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ein Sonderfall sind Jugendliche im Restaurant. Ich erlebe bei uns immer wieder 13- oder 14-Jährige im Hip-Hop-Look und Baseball-Kappe, die lustlos und halb liegend auf ihrem Stuhl fläzen. Bei den Haltungsnoten könnte man noch ein Auge zudrücken. Aber Kopfbedeckungen gehen gar nicht. Ich habe viel Verständnis für Identitätskrisen und Selbstfindungsphasen. Dennoch lautet mein wohlmeinender Rat an alle Eltern: Überzeugen Sie Ihr selbst gemachtes Juwel davon, sich ein bisschen zusammenzureißen – oder geben Sie ihm/ihr frei. Ich verspreche Ihnen: Sie werden einen wunderbaren Abend verbringen, und das Servicepersonal auch.

Zu den Klassikern bei Tisch gehört die Frage: Wohin mit Händen? Mit der uralten Mahnung „Leg deine Hände auf den Tisch, runter mit den Ellbogen!“ hat es eine doppelte Bewandtnis: Mit Ellbogen auf dem Tisch ist weniger Platz an der Tafel, deswegen entstand im Mittelalter die Regel, dass die Gäste nur die Hände auf den Tisch legen sollten. Außerdem brauchten sie dann nicht zu fürchten, dass ihre Tischnachbarn etwaige Konflikte mit dem Dolch unter dem Tisch austrugen.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de

Heute gilt: Bis das erste Getränk kommt, dürfen die Ellbogen auf den Tisch bleiben, dann nur noch die Handgelenke links und rechts neben dem Teller – und das bitte bis zum Kaffee. Erst dann darf es wieder ein bisschen lockerer zugehen. Bliebe noch das Mysterium, warum US-Amerikaner und Engländer bei Tisch grundsätzlich die linke Hand aufs Knie legen und das Essen nur mit der Gabel in der rechten Hand zu sich nehmen… Aber das aufzuklären, erscheint mir ähnlich mühselig wie eine sinnvolle Begründung für den Linksverkehr.

Ein letzter Tipp: Sollten Sie einmal aufstehen müssen – drehen Sie Ihrer Begleitung niemals den Rücken zu, sondern bleiben Sie immer zugewandt. Sollten neben oder hinter Ihnen weitere Gäste sitzen, genügt eine kurze Verbeugung zum Nachbartisch. Dann dürfen Sie den Gästen dort auch Rücken und Hinterteil präsentieren – Sie haben in dem Fall ja gar keine andere Chance.

Aufgezeichnet von Joachim Frank