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Wegen DatenschutzDürfen bald keine Namen mehr auf Klingelschildern stehen?

Lesezeit 3 Minuten
Durchnummerierte Klingelschilder an einem Hochhaus

In Wien verlieren rund 220.000 Mieter wegen der EU-Datenschutzgrundverordnung jetzt die Namensschilder an ihren Türklingeln. 

Köln – Es klingt etwas skurril: Vermieter könnten bald gezwungen sein, die Namen ihrer Mieter von den Klingelschildern zu entfernen. Schuld daran ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die seit Mai 2018 in allen europäischen Ländern gilt. Ob diese auch für Namen an Klingelschildern gilt, ist bislang unklar. „Es gibt aktuell keine Rechtssicherheit“, erklärt Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, dem Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer.

Er empfehle seinen 900.000 Mitgliedern daher sämtliche Namensschilder an den von ihnen vermieteten Wohnungen künftig abzumontieren beziehungsweise gar keine mehr anzubringen. Nur so könnten sie sichergehen, einem Bußgeld von bis zu 20 Millionen Euro zu entgehen.

Ein Mieter hatte sich über mangelnden Datenschutz beschwert und Recht bekommen

Damit folgt er der Auslegung der kommunalen Hausverwaltung „Wiener Wohnen“, die nach einer Beschwerde eines Mieters rund 220.000 Namensschilder an ihren Türklingeln entfernen werden. Der Mieter einer Gemeindewohnung hatte sich über mangelnden Datenschutz beschwert und dabei auf die DSGVO verwiesen. Künftig stehe nur die Wohnungsnummer auf dem Schild. Wer dennoch seinen Namen dort sehen wolle, müsse selbst einen Aufkleber anbringen.

Warnecke sieht konkreten Handlungsbedarf nötig: „Die DSGVO muss darauf reduziert werden, wofür sie gemacht wurde. Und zwar um die Datensammelwut von weltweit agierenden Internetkonzernen wie Google und Facebook zu begrenzen.“ Die DSGVO sei zwar „gut gemeint, handwerklich aber schlecht gemacht“.

Ist die Datenschutzgrundverordnung überhaupt anwendbar?

Die Sprecherin der Berliner Datenschutzbeauftragten Jana Schönefeld hält es für übertrieben, pro aktiv Klingelschilder entfernen zu lassen. „Wir halten die DSGVO hier nicht für anwendbar, da es sich um keine automatisierte Datenerfassung handelt.“ Das Regelwerk greife nur bei automatisierten Datenverarbeitungen und Dateien.

Der netzpolitische Sprecher der Grünen-Faktion, Konstantin von Notz schätzt die Diskussion so ein: „Offensichtlich geht es hier einmal mehr darum, die Menschen mit derartigen Absurditäten zu verunsichern und substanzlos gegen die neue EU-Datenschutzgrundverordnung zu wettern.“ Die Behauptung, die Klingelschilder müssten abmontiert werden, „entbehrt jeder Grundlage“, da sie überwiegend analog und deshalb datenschutzrechtlich nicht betroffen seien.

Rechtsanwalt: Vermieter soll sich die Einwilligung für Türschilder beim Mieter holen

Rechtsanwalt Markus Mingers sieht den Sachverhalt ähnlich. Der Experte für Verbraucherfragen erklärt auf Anfrage dieser Zeitung: „Die DSGVO zielt darauf ab, unsere personenbezogenen Daten zu schützen und dieser Schutz ist aufgrund der zunehmenden Digitalisierung auch wichtig. Der Verbraucher muss die Kontrolle über seine Daten haben.“ Wenn jemand aber schon seit seit Jahren in einem Haus wohne, selbst das Namensschild angebracht habe, dann könne er nicht nachvollziehen, wie man den Vermieter dafür haftbar machen könne. Sein Tipp an alle Vermieter: „Sollte der Vermieter zukünftig Namen anbringen, wäre er gut beraten, die Mieter zu informieren und sich eine entsprechende Einwilligung zu holen.“

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Mieter muss postalisch erreichbar sein – wie, ist zweitrangig

Max Niklas Gille von der Wohnungsgesellschaft Vonovia (400.000 Mietwohnungen in Deutschland) sagte auf Anfrage: „Wir nehmen Datenschutz nicht auf die leichte Schulter und prüfen das sehr genau.“ Vonovia selbst bringe gar keine Namensschilder mehr für Mieter an, sondern geben diese mit dem Mietvertrag mit. So könne jeder Mieter selbst entscheiden, ob sein Name am Klingelschild stehe. Der Mieter müsse aber sicherstellen, dass er postalisch erreichbar ist. (sar/mit Material der dpa)