Geschäftsfrau sagt„Sich im Job hochzuschlafen, ist nichts Verwerfliches“
Nach dem Erfolg von „50 Shades of Grey“ sind mehrere Bücher mit ähnlicher Thematik erschienen. Nun gibt es mit „SWALLOW – die Wahrheit...“ auch einen Roman aus Köln: Marketing-Expertin Kathrin Pirolla (37) hat sich selbstständig gemacht und sucht verzweifelt nach Aufträgen. Sie ist in finanziellen Nöten, muss Mann und Kind durchbringen. Ein erfolgreicher Geschäftsmann weist sie schnöde ab – sie mailt ihm: „Das ist schade, denn so werden Sie nie erfahren, wie gut ich nicht nur Ihre Worte schlucken kann.“ Der Mann geht darauf ein, die Story nimmt ihren Lauf, und das Buch macht seinem Titel alle Ehre. Muss man so etwas lesen? Ist das Pornographie? Steckt eine wahre Geschichte dahinter? Wir haben mit der Autorin des Buches gesprochen.
Frau Pirolla, Sie schreiben unter Pseudonym. Wie viel Wahrheit steckt in dem Buch?
Kathrin Pirolla: Die Person „Kathrin Pirolla“ ist ausgedacht, das Geschäftsmodell „Schlucken gegen lukrativen Auftrag“ aber nicht. Ich wollte das Thema so beschreiben, wie es ist. Und ich bin überzeugt, dass es im Geschäftsleben so abläuft. Wer behauptet, das gibt es nicht, ist in meinen Augen naiv. Ich habe mich umgehört, viel recherchiert, und festgestellt: Frauen müssen beruflich wie privat viel schlucken. Sie leisten oft das Doppelte, dabei geht es natürlich nicht immer nur um Sex. Aber Frauen müssen im Job viel mehr kämpfen als Männer, mit allen Mitteln. Und das tun viele auch.
Frauen, die sich „hochschlafen“, die wird es Ihrer Meinung nach also immer geben.
Ja, weil vielen einfach keine andere Möglichkeit bleibt. Männer knüpfen Kontakte oft auf Geschäftsreisen, sie gehen zusammen in die Bar, zur Massage, in den Puff – da machen sie ihre Deals. Da bleiben Frauen ausgeschlossen. Mit einem neuen Kunden oder Geschäftspartner kann ich doch nicht in den Puff gehen, da bin ich als Frau raus aus der Nummer. In dieser Liga kann man als Frau nur schwer mitspielen.
„Das ist auch nur eine Form von Vitamin B“
Finden Sie das gut, wenn Frauen sexuelle Gefälligkeiten gegen Aufträge gewähren?
Eindeutige Angebote werden Frauen in der Geschäftswelt immer wieder gemacht. Ich verurteile Frauen nicht, die solche Angebote annehmen, um beruflich voran zu kommen, das ist nichts Verwerfliches. Jeder Mensch ist käuflich. Es geht ja oft auch um viel Geld, um große Aufträge – wie eben auch im Fall von Kathrin Pirolla. Ich würde es keiner Frau empfehlen, sich hochzuschlafen, um Erfolg zu haben. Ich wünsche mir aber, dass mehr über das Thema diskutiert und nicht wie bisher totgeschwiegen wird.
Viele Frau haben einen Mentor, um voranzukommen. Einige heiraten diesen Mann sogar.
Ja, alle großen Frauen hatten einen Mentor: Angela Merkel hatte zum Beispiel Helmut Kohl. Da gibt es tausende Beispiele, auch von Stars, die ihren Manager heiraten. Und manche dieser Frauen sind richtig clever. Der Einstieg ins Business durch den bekannten Ehemann oder Freund, das ist auch nur eine Form von Vitamin B. Trotzdem, wenn wir so etwas hören, kommt uns natürlich der Gedanke: „Ah, logisch. Deshalb ist sie mit ihm zusammen. Die hat sich hochgeschlafen.“ Davon kann sich niemand freisprechen.
Emanzipierte Frauen wollen, dass bei ihrem Erfolg keine sexuelle Komponente mitspielt.
Es gibt ja zum Glück auch viele andere Erfolgsgeschichten von Frauen, die haben den Biss und das fachliche Wissen und schaffen es aus eigener Kraft. Das würde ich mir auch wünschen: dass Frauen, die wirklich etwas drauf haben, aufgrund ihres Könnens Karriere machen. Ohne gut aussehen zu müssen, ohne eine besondere Dienstleistung zu erbringen.
„Wir sollten alle offener über Sex reden“
Die Sexszenen im Buch sind teilweise sehr hart und gehen sehr ins Detail. Sind das Ihre eigenen Erfahrungen?
Sex ist was Natürliches, wir alle tun es. Und viele der Szenen im Buch hat doch jeder reife Mensch mal erlebt, der Sex hat. Vielleicht nicht unbedingt einen Dreier, aber jeder macht da seine Erfahrungen. Es wäre schön, wenn wir alle offener über Sex sprechen könnten, ohne direkt in eine Schublade gesteckt zu werden. Trotzdem ist es mir schwer gefallen, einige der Szenen zu schreiben, zum Beispiel die, wo Kathrin erpresst wird und deshalb gleich zwei Männern gefällig sein muss. Aber auch das gehört zu der Geschichte und musste auch in dieser Deutlichkeit geschrieben werden!
Manche Leser sagen, das Buch sei Pornographie, es erinnere sie an „50 Shades of Grey“.
Es gibt sehr unterschiedliches Feedback, gutes und schlechtes. Auf mich kommen Leser zu und erzählen mir ihre persönliche Geschichte, sie reden sogar offen über Sexuelles. Paare reden untereinander wieder über Sex. Die Hemmschwelle ist weg, das finde ich schön und spannend. Auch Männer sind vom Buch schockiert und hingerissen. Aber klar gibt es auch die fiesen Kommentare bei Facebook... Und es gibt Leser, die fragen: „Wie kann sie nur? Sie soll mit ihrer fachlichen Leistung im Job punkten statt mit Sex!“ Ich weiß, dass ich mit dem Buch ins Kreuzfeuer gerate. Aber ich will nicht jedem gefallen.
„Swallow“ ist Ihr erster Roman, Sie sind ja hauptberuflich selbstständig im Online-Marketing. Wie kam die Idee zu solch einem Buch?
Meine Geschichte ist gewachsen, ich hatte keine Storyline oder ähnliches. Ich habe mich abends nach der Arbeit hingesetzt, und die Story ist einfach so aus mir herausgesprungen. Ich wollte was Spannendes, was Aufregendes schreiben. Ich will, dass darüber gesprochen wird, und ich will die Leser unterhalten.
Wer sollte das Buch unbedingt lesen?
Also, wer romantische Romane mag, soll lieber Baccara lesen. Mir ist klar, dass „SWALLOW“ keine Gute-Nacht-Geschichte ist, es wühlt sehr auf. Es geht mir aber nicht nur um Erotik und krassen Sex, es geht auch um die ausgefallene Story – und den Diskussionsstoff, den sie liefern soll. (gs)
Kathrin Pirolla: „SWALLOW – Die Wahrheit...“. Printsystem Medienverlag. 14,90 Euro.
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