Der „Microsoft Flight Simulator 2024“ beeindruckt durch seine unzähligen Details. Er zeigt aber auch, was technisch heute schon möglich ist.
Verkehr und Wetter in Echtzeit ansehenWas uns ein Flugsimulator über die Möglichkeiten der Technik verrät
Vier Jahre nach dem Neustart im Jahr 2020 gibt es jetzt eine neue Version des „Microsoft Flight Simulator“, kurz MSFS. Die erste Version erschien im Jahr 1982, viele ältere Fans dürften zum ersten Mal mit dem „Flight Simulator 5.0“ aus dem Jahr 1992 abgehoben sein. Diese Fassung bot bereits fotorealistische Instrumentenbretter und 3D-Landschaften. Die Flugzeugmodelle waren so realistisch wie noch nie zuvor, erstmals wurden – damals sensationell – hochauflösende Grafikmodi mit 256 Farben unterstützt.
Seit jeher spiegelt der Flugsimulator des Windows-Konzerns die aktuellen technischen Möglichkeiten wider. Seit einigen Jahren versucht das Entwicklungsstudio Asobo unter der Leitung des Simulationsvisionärs Jörg Neumann, den gesamten Globus in einer 1:1-Reproduktion darzustellen und ist diesem Ziel mit dem „MSFS 2024“ ein großes Stück näher gekommen. Es ist aufschlussreich, sich einmal anzuschauen, welche Technologien dabei zum Einsatz kommen.
KI analysiert Kartendaten und lässt eine exakte Reproduktion der Welt entstehen
Bereits die Version aus dem Jahr 2020 bot eine Reproduktion des Planeten mit mehr als zwei Millionen Städten, 1,5 Milliarden Gebäuden, zwei Trillionen Bäumen und 37.000 Flughäfen. Und ständig kommen neue hinzu. Um so eine gigantische Datenmenge verarbeiten zu können, bedienen sich die Entwickler Microsofts der Cloud-Computing-Plattform Azure, die alle Rechenarbeit auf den Servern des Konzerns leistet – der heimische PC wäre damit nämlich heillos überfordert.
Eine künstliche Intelligenz analysiert die Kartendaten, die von Bing Maps stammen, mittels Photogrammetrie. Darunter versteht man spezielle Messmethoden und Auswertungsverfahren, mit denen aus Fotografien die Lage und Form von Objekten berechnet werden können. Auf dieser Grundlage entsteht eine exakte dreidimensionale geometrische Rekonstruktion unserer Welt, inklusive Bergen, Wäldern, Gewässern und dem echten Straßennetz.
Laut Jörg Neumann bietet der „MSFS 2024“ eine 4.000 Mal höhere Auflösung des Bodens als zuvor. Anhand von 28.000 Satellitendaten ermitteln die Analyseprogramme, woraus die Oberflächen genau bestehen: aus Stein, Gras, Asphalt oder was auch immer. Wer nun glaubt, das sei nur ein kosmetischer Effekt, der sollte mal versuchen, im Simulator auf einer Sandfläche oder einer Schotterpiste zu landen und diese Erfahrung mit einer Landung auf einem Rollfeld vergleichen.
Wetter und Schiffsverkehr können live abgebildet werden
Natürlich spielt im Flugverkehr auch das Wetter eine große Rolle. Um das realistisch darstellen zu können, braucht man Wetterdaten in Echtzeit. Diese werden dank einer Kooperation vom Schweizer Wetterdienst metoblue mit Sitz in Basel geliefert. Prinzipiell ist es damit möglich, in der simulierten Welt genau die Wetterlage darzustellen, die an einem bestimmten Ort auch gerade in der Realität vorherrscht. Das wäre doch eine schöne Vision für die Wettervorhersage der Zukunft: Man fliegt mal eben auf die Malediven, um zu schauen, wie dort das Wetter ist.
Eine weitere Neuerung des „MSFS 2024“ ist eine Darstellung des realen Schiffsverkehrs in Echtzeit. Das heißt, man kann auf Gewässern, über die man gerade mit seinem Flugzeug fliegt, Schiffe sehen, die dort tatsächlich gerade unterwegs sind. Die Livedaten dafür werden von Spire geliefert. Das Unternehmen sammelt maritime Daten, analysiert sie und stellt sie bereit.
Wer auf seiner Reise nichts dem Zufall überlassen will, der kann sich auf der Seite planner.flightsimulator.com mit seinem Microsoft-Account einloggen und Route, Flugzeit und alles, was sonst noch dazugehört, genau festlegen. Die so errechneten Parameter kann man sich dann direkt auf ein virtuelles Tablet im Cockpit schicken lassen. Ein echter Linienpilot, den ich dazu befragt habe, bestätigte mir, dass die Software ziemlich genau den Systemen entspricht, mit denen auch die Profis ihre Flüge planen. Er zeigt sich zudem beeindruckt von der „Systemtiefe“ einzelner Flugzeugmodelle wie dem Airbus 320, dessen Instrumente weitgehend dem echten Vorbild entsprechen.
2000 Terabyte in der Cloud, 50 Gigabyte zuhause
Aber wie kommt all das auf den Bildschirm zuhause? Dieses kleine Wunder wird möglich durch immer schnellere Datenleitungen. Unfassbare 2 Petabyte (2000 Terabyte) werden dafür über die Cloud in die Wohnzimmer gestreamt. Auf der eigenen Festplatte müssen dafür nur etwa 50 Gigabyte installiert werden.
Und genau hier kommt die aktuelle Technik dann doch an ihre Grenzen, denn der Start des „MSFS 2024“ am 19. November verlief alles andere als reibungslos. Ewig lange Wartezeiten, Softwarefehler und Abstürze verdarben vielen Fans die Laune. Inzwischen läuft es, einen leistungsstarken PC oder eine aktuelle Xbox vorausgesetzt, aber weitgehend rund. Mit rund 80 Euro für das Standardpaket ist man dabei. Eine schnelle und stabile Internetverbindung mit Flatrate ist allerdings unabdingbar.