Was ist eigentlich nachhaltiger – Feuer- oder Erdbestattung? Und wie steht es um die beliebten Trauerwälder? Sind Fragen wie diese überhaupt legitim?
Der Kölner Bestatter Stefan Knepper gehört zu einem bundesweiten Netzwerk, das Bestattungen umweltfreundlicher machen will.
Wie seine Kunden das Thema aufnehmen und warum er von einer Bestattung in der Eifel abraten würde, lesen Sie im Interview.
Bei Essen, Kleidung oder Reisen achten die Menschen auf Nachhaltigkeit. Wieso tun sie sich bei Bestattungen so schwer?Wir sind eine sehr konservative Branche. Die Leute sind traditionell und wollen die Verstorbenen so bestatten, wie sie es kennen und wie es immer gemacht wurde. Da etwas Neues einzubringen, ist relativ schwierig. Veränderungen brauchen unheimlich lange, wenn sie nicht durch eine Gesetzesänderung vorgeschrieben werden. Von sich aus fragen nur wenige nach Umweltaspekten; viele Menschen wissen nicht, dass es so ein Angebot gibt. Wenn man ihnen die Möglichkeiten aufzeigt und fragt, ob die nachhaltige Variante eine Alternative für sie wäre, dann kommen viele Menschen ins Überlegen. Dann wollen das wesentlich mehr.
Was gibt es für Ideen, um Bestattungen grüner zu machen?
Es gibt immer mal wieder besondere Produkte wie Sarg-Schränken, für die man aber die Masse nicht begeistern kann. Die Leute finden es toll, wollen es aber selbst nicht haben – zu teuer oder zu abgedreht. Im Endeffekt bleiben das Nischenprodukte. Es fehlen Innovationen, die sich wirklich durchsetzen. Denkbar wäre das bei einer Urnen-Überführung mit dem Fahrrad. Das Behältnis, mit dem die Urne transportiert wird, muss natürlich dementsprechend gesichert sein.
Die Idee ist, dass man den Sarg schon zu Lebzeiten nutzt, zum Beispiel als Schrank, Regal oder Kommode. Man kann sich ein Modell aussuchen und welches Holz man will und dann wird dieses Möbelstück angefertigt. Wenn derjenige verstirbt, kann man es mehr der weniger so übernehmen und denjenigen darin beisetzen oder einäschern. Wir bieten das tatsächlich auch an; wir haben eine Schreinerwerkstatt und können das machen. Es wird aber gar nicht nachgefragt, von selbst kommt keiner auf die Idee. Nur einer aus meinem Karnevalsverein, der sagt schon seit zwei Jahren, er kommt vorbei und sucht sich was aus. Der findet das total toll. Für viele ist das natürlich skurril, sich einen Sarg zu Hause hinzustellen. Aber von der Idee her ist das gangbar.
Was sind einfache Möglichkeiten, eine Bestattung umweltfreundlicher zu gestalten?
Es gibt Dinge, die sind vorgeschrieben, jeder braucht etwa einen Sarg und Bekleidung. Da kann man darauf achten, woher das Holz kommt, aus dem der Sarg gefertigt ist. Es gibt zum Beispiel zertifizierte Holzhersteller, die wieder nachpflanzen, was gefällt wird. So werden die Wälder nicht weniger. Das Totenkleid besteht idealerweise aus einem Naturstoff wie Baumwolle und kommt bestenfalls aus heimischer Produktion.
Von der Trauerkarte bis zur Grabbepflanzung: Die „Grüne Linie“ bedenkt sämtliche Details. Worauf kommt es besonders an?
Kurze Wege. Sarg, Urne oder Kleidung sind die Sachen, die in die Erde kommen oder verbrannt werden und dabei konkret die Umwelt belasten können. Aber zur Nachhaltigkeit zählt wesentlich mehr. Das ist auch die Idee der „Grünen Linie“: die Bestattung als Gesamtheit zu sehen. Unterm Strich kommt man immer dahin: Kurze Wege sind das Elementare. Zum Beispiel, dass der Sarg nicht aus dem Ausland kommt, sondern heimische Hölzer benutzt wurden. Das gilt auch für die Wahl des Friedhofs.
Welche Trends beobachten Sie abseits der ökologischen Aspekte?
Vor 50 Jahren machten die Erdbestattungen noch einen Großteil aus. Heute sind wir bei etwa 70 Prozent Feuerbestattungen, der Rest möchte noch klassisch im Sarg in der Erde beigesetzt werden. Beliebt sind Baumbestattungen. Die Menschen finden das auf der einen Seite schön und natürlich. Auf der anderen Seite ist das pflegeleicht für die Hinterbliebenen, weil eben keine Bepflanzung dorthin kommt. Es kann ein Kreuz oder ein Stein mit dem Namen am Grab niedergelegt werden. So hat man einen Anlaufpunkt, wo man hingehen kann. Man hat aber nicht die Verpflichtung, das Grab zu pflegen.
Wie umweltfreundlich sind solche Baumbestattungen?
Einige denken, es sei besonders nachhaltig, wenn sie sich in einem Wald in der Eifel bestatten lassen. Sie bedenken aber nicht die langen und beschwerlichen Wege dorthin, man muss durch den Wald kraxeln. Allein für die Beerdigung müssen alle in die Eifel. Oder wenn jemand das Grab besuchen will. Wäre es nicht wesentlich sinnvoller, denjenigen hier in Köln beizusetzen, fußläufig oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar? Eine Baumbestattung ist hier auch möglich, seit ein paar Jahren bieten wir das auf diversen Kölner Friedhöfen an, zum Beispiel auf dem Nord- und dem Ostfriedhof. So ein Friedhof ist Teil der grünen Lunge einer Stadt. Friedhöfe sind Parkanlagen, man kann dort spazieren gehen oder sie für die Freizeit nutzen. Das ist ein Wert für die Bevölkerung.
Was halten Sie für umweltverträglicher – eine Erdbestattung oder die Einäscherung?
Bei einer Feuerbestattung habe ich einen geringeren Platzbedarf in der Erde, wo die Urne beigesetzt wird und die Belastung der Erde ist wesentlich geringer, weil beim Verbrennungsprozess schon alles passiert ist. Natürlich muss auch das Verbrennen berücksichtigt werden. Bei einer Erdbestattung muss der Körper etwa 20 Jahre lang liegen, um zu Erde zu werden. Es gibt verschiedene Studien zu der Frage, die sich nicht einig sind. Im Endeffekt muss jetzt ausgewertet werden, welche Studie Recht hat.