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Lesen wird buntAmazon-Reader mit Farben – Ist der Kindle Colorsoft sein Geld wert?

Lesezeit 4 Minuten
Bibliothek des neuen Kindles mit farbigen Buchcovern.

Den E-Reader Kindle gibt es nun auch mit Farbe.

Der neue Amazon-Reader bietet viele Vorteile. Perfekt ist er aber nicht, wie unser Experte Steffen Haubner findet.

Amazons E-Reader Kindle ist in unterschiedlichsten Formaten und Versionen erschienen, nur ein Farbmodell war bislang noch nicht dabei. Wer Abbildungen oder farbige Comics in voller Pracht genießen wollte, musste zu einem Kindle Fire oder einem anderen Tablet mit Kindle-App und damit zu einem LCD-Display greifen. Darauf liest man aber eben nicht wie auf Papier, sondern wie auf einem gewöhnlichen elektronischen Bildschirm, Spiegelungen und müde Augen inklusive. Mit dem „Kindle Colorsoft Signature Edition“ ändert sich das jetzt.

Steffen Haubner

Steffen Haubner

schreibt als Journalist über Technik- und Medienthemen...

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Das Design orientiert sich am „Kindle Paperwhite Signature Edition“. Beide haben wie die neue Edition des „normalen“ Paperwhite ein 7 Zoll großes Display, das deutlich höher und breiter ausfällt als beim Vorgänger. Hinzu kommt, dass der Colorsoft auch Farben darstellen kann. Dass die Akkulaufzeit statt mit „bis zu 12 Wochen“ beim Paperwhite mit „bis zu 8 Wochen“ angegeben wird, hängt mit der aufwändigeren Darstellungs- und Beleuchtungstechnik zusammen. Die Auflösung liegt bei 300 ppi in Schwarzweiß und 150 ppi in Farbe. Lohnt sich die Ausgabe von rund 290 Euro, 120 Euro mehr als für den neuen Paperwhite?

Bunte Buchcover erfreuen das Auge

Die Vorteile fallen schon beim ersten Einschalten auf: Die Grafiken des Startbildschirms sind bunt und erfreuen das Auge ebenso wie die in der Bibliothek und im Shop angezeigten Buchcover. Schwarz auf Weiß bleiben natürlich die meisten Texte. Sie sind, wie vom Paperwhite gewohnt, gestochen scharf und ausgezeichnet lesbar. Wie sinnvoll farbige Fotos, Bilder und Grafiken sind, wird wohl am besten bei Reiseführern deutlich. So hat man jetzt nicht nur einen besseren Eindruck von den abgebildeten Motiven, sondern kann auch Kartenmaterial deutlich besser lesen.

Auch Kochbücher machen eine bessere Figur, während man Foto- oder Kunstbildbände sicher auch weiterhin in gedruckter Form bevorzugt, schon allein wegen des Formats. Zudem muss man klar sagen: Fotodruckqualität darf man nicht erwarten. Die Farben sind etwas blasser und wirken wie auf „ungestrichenem“, absorbierendem Papier gedruckt. Das gilt für beide Farbmodi, „Standard“ und „Leuchtend“. Die Unterschiede zwischen diesen beiden sind schwer zu beschreiben, man sollte von Vorlage zu Vorlage ausprobieren, welche Farb-, Farbtemperatur- und Helligkeitseinstellungen einem individuell mehr zusagen.

Probleme beim Hineinzoomen

Wie sieht es mit Comics aus? Auch das ist Geschmackssache. Ist die Darstellung auf LCDs typischerweise zu „poppig“-intensiv, neigt der Colorsoft zum gegenteiligen Extrem. Die etwas zurückgenommenen Farben passen zu vielen Graphic Novels, bei anderen Titeln, etwa im Original farbintensiven Superhelden-Comics, wirken sie zu blass. Das kann man aber auch als angenehmen Retro-Effekt wahrnehmen.

Ein Problem ist das Hineinzoomen, wenn auf einer Seite zu viel los oder zu viel Text ist, um sie komplett auf dem Display darzustellen. Denn dann muss der Kindle die Auflösung Panel für Panel neu justieren, was jeweils mit leichtem Flackern einhergeht. Das passiert auch im „Panel View“, also dem bei Kindle-Titeln integrierten automatischen Bild-für-Bild-Modus. Auch hier muss jeder für sich entscheiden, für wie störend man das empfindet. An gedruckte Comics kommt, ob LCD oder nicht, aktuell kein Bildschirm heran. Für die Lektüre zwischendurch oder unterwegs ist die Farbe beim Colorsoft aber zweifellos ein großer Schritt nach vorn.

Mit der Farbfunktion sind E-Reader die vielseitigste Art, Bücher zu genießen

Auch in Schwarzweißtexten ist die Farbdarstellung von Vorteil. So kann man Passagen nun in vier unterschiedlichen Farben markieren. Das hat mehr als nur ästhetische Bedeutung, denn man kann die Markierung nach Farben filtern – eine sehr hilfreiche Funktion für alle, die viel markieren und mit Texten arbeiten. Das Blättern geht jetzt merklich schneller vonstatten. Überhaupt reagiert das Gerät sehr schnell auf alle Arten von Eingaben inklusive Notizen und Nachschlagefunktionen. Kein Vergleich zu den mitunter quälend langsamen Reaktionen älterer E-Reader-Modelle.

Das entspiegelte Display ist auch mit abgeschaltetem Hintergrundlicht und externer Beleuchtung sowie bei Sonnenlicht im Freien ausgezeichnet lesbar. Klar, für Buchliebhaber gilt auch weiterhin, dass nichts die Anmutung und Haptik eines gedruckten Werkes ersetzen kann. Doch zu welchem Medium man auch tendiert: Die Farbfunktion sorgt dafür, dass E-Reader nun tatsächlich die vielseitigste Art sind, Bücher zu genießen.