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Gemeinsam gegen die EinsamkeitDer Verein „Freunde alter Menschen“ organisiert Kontakte zwischen den Generationen

Lesezeit 4 Minuten
Woche der Einsamkeit bei Frau Roedel

Spielen gerne zusammen Karten: Gertrud Rödel (88) und Sarah Francke, 21 Jahre alte Studentin.

Der Verein „Freunde alter Menschen“ unterstützt durch Kontaktvermittlung zwischen Alt und Jung gegen die weit verbreitete Einsamkeit der Generationen, besonders im hohen Alter.

„Schon wieder keine Eins!“ Gertrud Rödel schüttelt den Kopf. „Kannst du, Sarah?“ Doch auch der fehlt die richtige Karte. Seit mehreren Runden warten die beiden darauf, beim Spiel SkipBo endlich auslegen zu können. Aber sie ärgern sich nicht. Dazu genießen sie die gemeinsame Zeit viel zu sehr.

Der Verein „Freunde alter Menschen“ hat die beiden zusammengebracht: die 21-jährige Studentin und die 88-jährige Rentnerin. Seit Herbst 2023 kommt Sarah Francke jede Woche für einen Nachmittag zu Besuch. Der folgt einer festen Routine: „Wir trinken erst Kaffee und essen Kuchen, dann spielen wir“, sagt Sarah. Am liebsten SkipBo oder Rummikup. Und dabei wird gequatscht. Über Politik, die Verwandtschaft, den Ärger mit der Putzfrau. Die ehemalige Finanzbuchhalterin erzählt von ihrem Berufsleben; die angehende Wirtschaftspsychologin vom Studium. „Wir haben die gleiche Wellenlänge“, sagt Gertrud Rödel.

Etwa 90 Freiwillige zählt der Verein

Sie hat sich vergangenen Sommer an den Verein gewendet, weil sie nach drei Stürzen nicht mehr allein vor die Tür gehen kann. Ihre Tochter macht nach der Arbeit die Einkäufe, der Pflegedienst hilft beim Duschen, aber ansonsten „sitze ich hier nur und versauere“. Dann starb auch noch die Nachbarin, mit der sie jeden Abend gespielt hat. Irgendwann sagte sie sich: „Da muss sich was ändern.“

Sie rief bei mehreren Vereinen und Organisationen an. Die „Freunde alter Menschen“ konnten ihr helfen. Ria Ostwald, die Koordinatorin, „kam sofort vorbei. Und sie hat direkt Sarah mitgebracht“. Die Studentin ist eine von etwa 90 Freiwilligen des Vereines; die meisten sind zwischen 20 und 40 Jahre alt. Nach dem ersten Gespräch war Gertrud Rödel klar: „Die gefällt mir!“

Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit

Die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit. Sarah Francke war vor zwei Jahren aus der Nähe von Frankfurt zum Studium nach Köln gekommen. „Ich kannte hier keinen Menschen.“ Auch sie wollte das ändern - mit sozialem Engagement, denn das kannte sie.

Das Konzept der „Freunde alter Menschen“ überzeugte sie: Der Verein vermittelt Menschen ab 75 Jahren Besuchspartnerschaften. Die Betonung liegt dabei auf der „Partnerschaft“: Es soll kein Gefälle geben. „Jemanden zum Spielen und Quatschen haben – dieses Bedürfnis hatte ich ja auch“, sagt Sarah. Mit Einsamkeit habe das nicht unbedingt was zu tun: „Oder, Gerti? Einsam bist du, glaube ich, nicht.“ Nein, meint auch die. Aber „ich musste wieder Kontakt zu Menschen kriegen, wieder ein bisschen am Leben teilhaben.“

Und das ist die beste Vorbeugung gegen Einsamkeit. Die bundesweite Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ will auf das Thema aufmerksam machen. Jede sechste Person in Deutschland gibt an, sich oft einsam zu fühlen. Dabei sind es nach dieser Erhebung des Bundesamtes für Statistik von 2022 nicht nur die Alten, die einsam sind: Besonders Menschen zwischen 18 und 29 Jahren zeigten sich betroffen.

Die „Freunde alter Menschen“ helfen Alten und Jungen. Meist besuchen zwei junge Freunde im Wechsel den oder die Ältere. Zu Gertrud Rödel und Sarah ist noch die 25-jährige Alena gestoßen. Manchmal treffen sie sich auch zu dritt. „Da ist schon eine besondere Herzlichkeit“, meint Koordinatorin Ria Ostwald. Nicht immer passe es so gut. Jederzeit können die Beteiligten sagen, dass sie lieber jemand anderen möchten. „Manche Freiwillige wollen zum Beispiel gerne mit dem Besuchspartner etwas unternehmen. Das können viele aber gar nicht mehr.“ Sarah Francke und Gertrud Rödel wird auch ohne Ausflüge die Zeit nicht lang. Sie haben schon mal Apfelkuchen gebacken; ein Nusskuchen ist in Planung: „Ich muss ja erst die Lebensmittel besorgen lassen“, erklärt Gertrud Rödel. Aufgaben wie Einkauf oder Pflege sollen die Besucher ausdrücklich nicht übernehmen. „Darum würde ich eine Freundin ja auch nicht bitten“, meint Sarah. Eine weitere Abgrenzung ist ihr wichtig: Gertrud Rödel ist nicht ihr Oma-Ersatz: „Ich habe ja noch meine Oma. Und Gerti hat ihre Kinder und Enkel.“ Nein, sie sind Freundinnen. Und zwar gute. Oder wie Gertrud Rödel sagt: „Wir haben uns so schön aneinander gewöhnt.“

Wer sich für eine Besuchspartnerschaft der „Freunde alter Menschen“ interessiert, kann sich bei Ria Ostwald unverbindlich über das kostenfreie Angebot informieren: Tel. (0221) 95154041.www.famev.de