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Temperaturen um die 40 Grad4 Menschen aus heißen Ländern geben Tipps, wie sie mit der Hitze umgehen

Lesezeit 9 Minuten
Kinder kühlen sich in einem Brunnen ab.

Kinder kühlen sich in Madrid in einem Brunnen ab.

Temperaturen bis zu 44 Grad wurden zuletzt in Griechenland und der Türkei gemessen. In der kommenden Woche werden in Südeuropa Extremtemperaturen erwartet. Und auch in Deutschland gab es in diesem Sommer erneut Rekordtemperaturen. Wie kommt man mit dieser enormen Hitze zurecht, der wir auch bei uns aufgrund des Klimawandels häufiger ausgesetzt sein werden? Das haben wir bereits im Sommer 2022 vier Menschen gefragt*, die in Ländern leben, in denen es im Sommer schon immer sehr heiß war. Wie geht man dort mit der Hitze um, und was können wir in Deutschland daraus lernen?

Jordi Perez, 53 Jahre, Costa Brava, Spanien

Durchschnittlich wird es in den Sommermonaten bis zu 30 Grad heiß, es herrscht ein mediterranes, mildes Klima

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Jordi Perez lebte früher in Barcelona und nun an der Costa Brava.

„Ich habe früher in Barcelona gelebt. Heute lebe ich im Norden an der Costa Brava. Diesen Sommer hatten wir schon mehrere Male Temperaturen über 40 Grad. So heiß wurde es hier früher eigentlich nicht! Da die Sonne hier extremer wird, müssen wir mittlerweile auch immer Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 benutzen, früher reichten 15 oder vielleicht 20.

Platz in Barcelona

Trotz Hitze genießen die meisten Menschen in Barcelona den Sommer.

Ich bleibe im Sommer zwischen der Mittagszeit und dem späten Nachmittag im Haus, man sollte zu dieser Zeit nicht nach draußen gehen! In Nordeuropa denken viele: In Spanien ist es so heiß, dort kann man nicht arbeiten, also macht man den ganzen Tag nur Siesta. Das gibt es aber nur in sehr heißen, ländlichen Gebieten! Dort wird dann früh morgens auf dem Feld gearbeitet. Aber in den meisten Berufen arbeiten wir während der normalen Bürozeiten und behelfen uns mit Klimaanlagen. Das ist aber nicht optimal, man fühlt sich oft krank und erkältet sich.

Nachts sind es hier immer noch etwa 25 Grad. Aber ich wohne etwas höher gelegen in den Bergen. Ich schlafe mit offenen Fenstern – das einzige Problem sind dann die Moskitos. In Barcelona konnte ich ohne Ventilator nicht überleben, weil die Luftfeuchtigkeit dort sehr hoch ist. Es klebt dann alles, die Kleidung, die Laken. Ich hatte den Ventilator deshalb die ganze Nacht lang an!

Allgemein sollte man immer eine Flasche Wasser dabei haben, um genug zu trinken. Anders als man vielleicht meinen würde, trinke ich auch im Sommer gerne warme Getränke, zum Beispiel Minztee. Natürlich wird mir dadurch erstmal warm, aber anschließend fühle ich mich frischer! Der Grund dafür ist, dass sich die Außentemperatur dann weniger heiß anfühlt. Man trickst also seinen Körper aus.

Das gleiche Prinzip wende ich beim Duschen an. Denn wenn man sehr kalt duscht, wird es einem im Anschluss schnell wieder sehr heiß, weil der Temperaturunterschied so groß ist. Wenn man aber lauwarm duscht, in etwa auf Körpertemperatur, fühlt man sich viel erfrischter.“

Annetta Ristow, 63 Jahre, Thessaloniki, Griechenland und Köln:

Durchschnittlich wird es in Ristows Geburtsort Thessaloniki in den Sommermonaten 32 Grad heiß, das Klima ist geprägt durch das Mittelmeer und trockene, sehr warme Sommer

„Ich wurde in Griechenland geboren, wohne aber seit vielen Jahren in Köln. Als es im Sommer 2019 auch hier in Deutschland immer öfter Hitzewellen gab, habe ich angefangen, meine Erfahrungen zum Umgang mit Hitze aus meiner Heimat zu teilen. Denn hierzulande fehlt nicht nur oft das Wissen, sondern auch die Sensibilisierung für die Gefahren von Hitze. Als Koordinatorin des SeniorenNetzwerk Deutz engagiere ich mich seither besonders für Konzepte und Informationskampagnen für ältere Menschen, denn für sie ist Hitze ein besonderer Risikofaktor!

Hitzespickzettel und Hitzetelefon

In Zusammenarbeit mit Engagierten des Seniorennetzwerks Deutz, dem Verein Ceno & Die Paten e.V. und dem Forschungsprojekt iResilience ist ein Hitzespickzettel entstanden, auf dem übersichtlich hilfreiche Tipps für heiße Tage zusammengefasst sind. Auch Fragen wie: Wo gibt es in meiner Umgebung Bänke im Schatten? Wo kann ich unterwegs kostenfrei etwas Trinkwasser bekommen? Und wo kann ich auch mal zur Toilette? werden dort beantwortet. Der Spickzettel liegt in Arztpraxen, Apotheken, Kirchengemeinden, Einzelhandelsgeschäften oder dem Bürgerzentrum in Deutz aus.

Zusätzlich gibt es in Hitzeperioden ein Hitzetelefon: Hier kann man sich bei Ehrenamtlichen erkundigen, ob eine Hitzewarnung vorliegt, wie man sich dann am besten verhält und welche Unterstützungsangebote es in Deutz gibt, um gut durch den Sommer zu kommen.

Das ehrenamtliche Hitzetelefon für Deutz ist zu erreichen unter:Montag bis Donnerstag 0221 / 995 998 0Freitag bis Sonntag 0157/ 517 03 919

Natürlich müssen wir die Klimaerwärmung stoppen. Aber andererseits müssen wir uns auch an die Hitze anpassen. Ich bin mir sicher, dass wenn wir hier ein paar Sommer erlebt haben, in denen es nachts einfach nicht kühler als 26 Grad wird, wir automatisch unseren gesamten Rhythmus verändern werden.

Denn dann können wir den jetzigen Tagesablauf gar nicht mehr aufrechterhalten. Um sich bei Hitze nicht zu überfordern, sollte man sich zum Beispiel nur eine Sache pro Tag vornehmen und diese möglichst früh am Tag erledigen. Von etwa 12 bis 17 Uhr sollte man zu Hause sein.

Straßencafé mit Menschen in Griechenland

Annetta Ristow wünscht sich, dass ein Teil der griechischen Café-Kultur in Deutschland etabliert wird.

Ein Vorbild für uns sollte auch die Kultur der griechischen Cafés und Läden sein. Dort ist es gang und gäbe, dass, wenn jemand Kaffee bestellt, auch ein Glas oder eine Flasche Wasser dazu gereicht wird. In dem Zusammenhang ist es auch wichtig, darüber zu sprechen, dass ich ausreichend Gelegenheiten brauche, auf Toilette zu gehen, wenn ich viel trinke. In Thessaloniki ist es völlig normal, in ein Café gehen und das WC benutzen, ohne etwas bestellen zu müssen.

Nicht zu unterschätzen ist außerdem der Flüssigkeits- und Salzverlust durch das Schwitzen. Daher sollte man unbedingt darauf achten, Dinge wie Nüsse zu essen. In Griechenland gibt es unheimlich viele Läden, die ganz unterschiedliche Nüsse verkaufen. Es ist dort auch fest in der Kultur verankert, dass man Besuch immer ein Tellerchen Nüsse anbietet. Denn die enthalten Mineralien, die der Körper beim Schwitzen verliert. Generell sollte man nur Leichtes essen. Dinge wie Salat, Melone, Früchte. Statt eines großen Mittagessens nehmen wir lieber mehrere kleine Mahlzeiten zu uns. Erst ab etwa 19 Uhr gibt es etwas Warmes.“

Yassir Kholti, 29 Jahre alt, Kenitra, Marokko

Durchschnittlich liegt die Temperatur an der Küste Marokkos in den Sommermonaten bei 30 Grad, im Land kann es bis zu 37 Grad heiß werden. An der Mittelmeerküste herrscht mediterranes Klima, im Landesinneren kontinentales Klima.

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Yassir Kholti trägt an heißen Tagen gerne einen typisch marokkanischen Jelaba.

„Mit 19 Jahren bin ich von Marokko nach Deutschland gezogen, wohne jetzt in Bochum und arbeite in einem Architekturbüro in Gelsenkirchen. Aber dieses Jahr mache ich ein Sabbatical und wohne derzeit wieder bei meinen Eltern in Kenitra. Seit Anfang Juli ist hier Hitze pur, zwischendurch lagen die Temperaturen bei 43 Grad, so heiß war es hier noch nie. Und meine Stadt liegt im Norden Marokkos, direkt am Meer. Im Süden ist es immer noch heißer.

Bei normalen Temperaturen um die 30 Grad lässt es sich hier ganz gut aushalten, da hier keine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Bei noch wärmerem Wetter ist die beste Lösung die Siesta. Wenn man kann, macht man den Laden zu, geht nach Hause und schläft. Um 16 Uhr beginnt man den Tag dann wieder neu. Im Sommer ändern wir also tatsächlich den Tagesrhythmus. Das sollten die Deutschen auch mehr machen, zumindest eine verlängerte Mittagspause, in der man 30 Minuten schläft. Mein Vater macht das seit Jahren und hat dadurch mehr Energie am Tag.

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Mein Haupttipp ist, die Kleidung anzupassen. Mittlerweise sieht man in Marokko auch viele Menschen in kurzen Hosen, Röcken und Tops, aber besser ist lange Kleidung. Die Menschen im Süden tragen zum Beispiel gebundene Tücher auf dem Kopf, um sich vor der Sonne zu schützen. Frauen tragen oft lange Kleider, Männer ein sogenanntes ‚Männer Jelaba‘, ein Gewand ähnlich dem eines Kleides.

Der Vorteil ist, dass man dazu keine Hose braucht und somit keine Kleidung eng am Körper liegt, alles hängt locker. Ich selbst mache das auch, eine Unterhose trage ich aber schon. Mir ist bei den Deutschen aufgefallen, dass sie auch bei Hitze Business-Kleidung zur Arbeit tragen. Ich finde, das müsste man ändern und auflockern. Wenn es noch heißer wird, wird es irgendwann richtig unangenehm. Männer müssen jetzt nicht direkt ein Jelaba kaufen, ich würde lockere Hosen, zum Beispiel Yoga-Hosen, empfehlen.

Riad in Marrokko

Übersetzt heißt das Wort Riad „Garten“. Im täglichen Sprachgebrauch wird aber auch das ganze Gebäude, das typisch marokkanische Haus mit Innenhof, als Riad bezeichnet.

In Marokko stellt man sich auch schon beim Bau der Häuser auf die Hitze ein. Hier gibt es sogenannte Riads, das sind traditionell marokkanische Häuser mit einem Garten im Innenhof. Nur zur Seite des Gartens gibt es Fenster. Zudem sind die Häuser aus Lehm gebaut. Diese Bauweise hält die Hitze fern.

Den Menschen in Deutschland, die Fenster auf allen Seiten des Hauses haben, rate ich: Alle Fenster auf der Südseite verdunkeln, den ganzen Tag lang. Nur im Norden öffnen wir die Fenster, dadurch gelangt der kühle Wind ins Haus.“

Jonathan Rincon Bustmante, 29 Jahre alt, Alajuela, Costa Rica

Die durchschnittliche Temperatur in Costa Rica hängt stark von der Region ab. In der Trockenzeit, von November bis April, liegt sie zwischen 25 im Inland und 33 Grad an der pazifischen Küste. In der Regenzeit, die deutschen Sommermonate, ist es meistens etwas kühler. Das Klima ist tropisch.

Jonathan Rincon Bustamante

Jonathan Rincon Bustamante war lange Zeit erfolgreicher Fußballspieler in Costa Rica. Heute ist er Trainer.

„In Costa Rica gilt die Trockenzeit von November bis Mai als Sommer, und die Regenzeit als Winter. Durchschnittstemperaturen der vergangenen Jahre geben aber nur noch eine ungefähre Vorstellung von den Temperaturen, die wirklich hier herrschen. In Costa Rica ist es immer heiß, und in den vergangenen Jahren ist es immer heißer geworden.

Da die Temperaturen so gut wie immer über 25 Grad liegen, ändern wir an unseren Gewohnheiten nicht viel. Ich trage meistens kurze Hosen, ärmellose T-Shirts und Sandalen. Der Stoff sollte dünn, kühl und atmungsaktiv sein. Gut sind zum Beispiel Stoffe wie Leinen, Baumwolle und Viskose. Als ehemaliger Fußballspieler weiß ich, in welcher Kleidung ich weniger schwitze.

Marktstand mit Ananas und Papayas

Auf dem lokalen Markt in Alajuela kaufen die Menschen frische Früchte. Eine ganze Ananas kostet rund nur 1,15 Euro.

In meinem Land gibt es viele frische Früchte, die an heißen Tagen sehr erfrischend wirken. Das sind zum Beispiel Mango, Wassermelone, Ananas und Orange. Ich esse aber auch oft Eis, wenn ich mich von innen abkühlen will.

Die Hitze ist eine Sache, an die man sich einfach langsam gewöhnen muss. Als ich in Leipzig studiert habe, habe ich im Winter gedacht, dass ich erfriere, die Kälte war ich gar nicht gewohnt. Meine Top-Empfehlung ist also: Kühlende Kleidung, viel Flüssigkeit trinken, aber vor allem das warme Wetter genießen. Das ist es, was die Menschen in Costa Rica bei diesem Wetter am liebsten machen – Pura Vida!“

* Dieser Artikel ist zum ersten Mal am 15. Juli 2022 erschienen.