Coach gibt HilfeWoran es liegt, dass wir auch kleine Ziele immer wieder aufschieben
Köln – Ab morgen ist Süßes während des Fernsehabends tabu – wäre doch gelacht! Nächste Woche fange ich mit der allmorgendlichen Gymnastik für den geschundenen Rücken an – zehn Minuten werden ja wohl möglich sein. Spätestens in einem Monat, ich schwöre, sage ich meiner lästigen Bekannten, dass ich den Kontakt beende. Nächstes Jahr, ganz sicher, wechsle ich den Job. Und was geschieht? Nichts! Da ist wohl mal wieder die Aufschiebe-Falle zugeschnappt. Wir erklären, wie man ihr entkommt.
„Ego-Trägheit“ nennt Anke Fehring das Phänomen, das eigene Leben zu verschlafen, Ziele zu verschieben und sich immer wieder selbst zu betrügen. Die Kölnerin ist Coach, Trainerin und Autorin mit dem Schwerpunkt Selbstmanagement und seit Jahren – auch beruflich – den inneren Antreibern auf der Spur. Genau wie deren Widersachern.
Die entscheidende Frage lautet: Will ich das wirklich?
„Ego-Trägheit kann mehrere Ursachen haben“, sagt Anke Fehring. Zum Beispiel dass es sich eher um abgekupferte Träume und äußere Erwartungen handelt als um authentische Ziele. Fehring: „Die entscheidende Frage lautet: Will ich das wirklich? Passt es zu mir? Ist es mein Ziel oder das der anderen?“
Doch wann ist ein Ziel überhaupt ein Ziel? „Wenn ich mir etwas, das ich mir wünsche, auch wirklich zur Aufgabe mache, darauf losgehe und es eventuell in kleine Etappen herunterbreche, um es zu erreichen, dann ist von einem Ziel die Rede“, sagt Fehring. Einen Traum dagegen, packt man nicht an, er bleibt in einer Blase – wie man selbst.
Wer nicht aktiv wird, wird sein Ziel nie erreichen
„Irgendwann mal werde ich...“ heißt Anke Fehrings neuestes Buch. „… im Lotto gewinnen“, lautet – Hand aufs Herz – unser aller Lebenswunsch. Mit dem Fehring gerne den Unterschied zwischen Traum und Ziel erklärt: „Wenn ich in Seminaren frage, wer davon träumt, im Lotto zu gewinnen, heben alle die Hand. Frage ich danach, wer denn regelmäßig Lotto spielt, reduziert sich die Anzahl der erhobenen Hände deutlich.“ Will heißen: Wer nicht aktiv wird, wird sein Ziel – und scheint es noch so unerreichbar – von vornherein niemals realisieren.
Um aktiv zu werden, braucht es die Erkenntnis – über die eigenen Bedürfnisse und auch darüber, welcher Persönlichkeitstyp man ist. „Der Typus und das damit verbundene Wertesystem sorgen dafür, dass wir bestimmte Prioritäten setzen, die förderlich oder eben hinderlich sein können, die eigenen Ziele zu erreichen“, sagt Fehring. Die Rede ist von sogenannten Enneagramm-Persönlichkeitstypen, neun an der Zahl, und ihren ureigenen Verhaltensmustern.Aber, Obacht! „Wir sind natürlich mehr als unsere Verhaltensmuster, dennoch wäre ein erster großer Schritt auf dem Weg zur Zielerreichung, verschiedene Muster, die auf einen selbst zutreffen, zu erkennen, auch wenn man sich dabei zunächst nicht auf einen Typus festlegen kann.“
Anhand des oben genannten Ziels „Jeden Morgen zehn Minuten Gymnastik für den geschundenen Rücken“ beschreibt Anke Fehring die neun Persönlichkeitstypen – was sie daran hindert, das Ziel zu erreichen, und was ihnen bei der Verwirklichung helfen würde.
Typ 1: Perfektionisten
Alles geht noch einen Tick besser, denken sich Typ1-Menschen bei beinahe allem, was sie anpacken. Denn sie sind stets auf Optimierung ausgerichtet. Nichts ist ihnen gut genug. Typ1-Persönlichkeiten nerven schon mal ihre Umwelt durch überhöhte Standards, Detailversessenheit, ihre Kritiklust und Rechthaberei.
„Herzlichen Glückwunsch, sind Sie Typ 1, werden sie keinerlei Probleme damit haben, ihr zehnminütiges Gymnastik-Programm täglich durchzuziehen, komme, was wolle“, sagt Fehring. Einerseits. Diese rigide Vorgehensweise könnte aber dazu führen, dass Typ 1 nicht erkennt, ob es ihm oder ihr wirklich gut tut oder ob ein anderes Programm für den Rücken besser wäre. „Perfektionisten neigen zu Strenge, zu Rigidität“, sagt Fehring.
Das würde Typ 1 helfen„Der Gegenpol des Wunsches nach Optimierung ist Genuss“, sagt Fehring. Weshalb es wichtig wäre, dass Typ1-Persönlichkeiten öfter mal aus ihrer strengen Struktur ausbrechen und versuchen sollten, ihren Körper besser wahrzunehmen. Tut mir die Gymnastik am Morgen wirklich gut, oder wäre an diesem Tag etwas anderes wichtiger? Zum Beispiel ein Spaziergang, etwas länger schlafen oder ein Kaffee mit Freunden?
Typ 2: Helfer
Helfer-Typen sind auf der Welt, um zu geben. Sie tun wenig für sich, und haben stets im Fokus, dass es anderen gut geht und sie versorgt sind. Die Verbindung zu anderen Menschen ist ihr Lebenselixier, dementsprechend fürsorglich und freundlich gehen sie mit ihren Mitmenschen um. Helfer brauchen es, gebraucht zu werden, sind sehr engagiert, sozial bewusst und oft extrovertiert.
„Typ2-Persönlichkeiten würden ungern nur zehn Minuten für sich in Anspruch nehmen, hätten also jeden Morgen ein furchtbar schlechtes Gewissen, ihr Gymnastikprogramm zu absolvieren“, sagt Fehring. Da ihnen Selbstfürsorge sehr schwer fällt, würden sie, statt sich um ihren Rücken zu kümmern, diese Zeit lieber nutzen, früher bei der Arbeit zu sein, um ihren Kolleginnen und Kollegen noch einen Kaffee zu kochen.
Das würde Typ 2 helfenDa die Verbindung zu und mit anderen das höchste Ziel der 2er-Typen ist, „könnten sie sich, um sich zu überlisten, zum Beispiel Gymnastik-, oder Yogakurse in der Gruppe suchen“, rät Fehring. „Lieber gut gelaunt zwei Mal die Woche einen Kurs besuchen als sich zur täglichen Gymnastik zwingen – und das auch noch alleine.“
Welcher Persönlichkeitstyp sind Sie?
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Typ 3: Macher
Typ3-Persönlichkeiten, von Fehring auch gerne Performer genannt, sind darauf ausgerichtet, ihre erfolgreichen Aktivitäten zu präsentieren – mit dem Ziel, Bestätigung zu erhalten. Sie jagen nach Erfolg und möchten bewundert werden, um sich wertvoll zu fühlen.
Fehring: „Auch Typ3-Persönlichkeiten werden keine großen Schwierigkeiten damit haben, ihr Ziel, zehn Minuten Gymnastik am Tag, durchzupeitschen. Allerdings nur, wenn sie wissen, wofür sie es machen. Sprich: Wenn sie damit irgendwann, irgendwo, irgendetwas gewinnen können, Tennis-Vereinsmeister werden oder Yoga-Queen des Studios – weil sie dann so gut trainiert sind.“
Das würde Typ 3 helfenDa das eigene Wohlbefinden, also ein gesunder Rücken für Typ3-Persönlichkeiten kein vorzeigbares Ziel ist, rät Fehring dazu, dass sich Macher und Macherinnen klar machen, welche zusätzlichen, messbaren Ziele, beziehungsweise Erfolgserlebnisse sie mit dem Gymnastikprogramm verbinden können, zum Beispiel fünf Kilo weniger Gewicht in den nächsten zehn Wochen oder messbarer Muskelaufbau. Kurz: „Macher sollten ihr Gymnastikprogramm als Mittel zum Zweck sehen.“
Typ 4: Individualisten
Diese romantisch veranlagten Charaktere sind ständig auf der Suche nach sich selbst, fühlen sich einzigartig und von anderen verschieden. Deshalb sind sie auf selbstbewusste Weise individualistisch. Sie neigen dazu, sich von anderen abheben zu wollen, die sie als gewöhnlich wahrnehmen.
„Das wird dann auch genau ihr Problem sein, wenn sie sich vornehmen, zehn Minuten Gymnastik am Tag zu machen, da sie es von vornherein als Allerweltsportart abtun würden“, sagt Fehring und vermutet, dass sie es ein paar Wochen durchziehen, dann aber schnell gelangweilt davon sind.
Das würde Typ 4 helfenFehring: „Individualisten sollten statt Gymnastik eine ausgefallenere Sportart wählen, die ihren Rücken stärkt oder sich einen aufregenden Ort suchen, ein außergewöhnliches Yoga-Studio oder ein Bootcamp im Freien – Hauptsache es wird und wirkt nicht langweilig.“
Typ 5: Forscher
Forscher-Typen haben dreierlei im Sinn: Wissen anhäufen, beobachten und begreifen, dementsprechend verkopft sind sie und stehen wenig in Verbindung mit ihrem Körper. Tief im Inneren fürchten sich Typ5-Persönlichkeiten davor, sich mitten ins oft emotionale Leben und Erleben zu werfen, weshalb sie sich gerne in der Sicherheit und Geborgenheit ihres Bewusstseins verkriechen. Kein Wunder also, dass sie meist sehr intelligent, belesen und nachdenklich sind.
„Forscher werden sich, bevor sie das Gymnastik-Training angehen, erstmal schlau machen, warum ihr Rücken schmerzt und was da genau anatomisch vor sich geht. Dann werden sie viele Bücher darüber wälzen, welche Technik für diese Art Rückenschmerz die richtige ist“, sagt Fehring
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Das würde Typ 5 helfenFehring: „Um zum Experten, beziehungsweise zur Expertin des Gymnastikprogramms zu werden, was Forscher ja gerne tun, sollten sie einen effizienten Trainings-Plan aufstellen und sofort damit beginnen, dann wird ihnen das Dranbleiben nicht schwerfallen. Im Gegensatz zu Typ 2 werden sie die morgendliche Ruhe und das Alleinsein dabei genießen.“
Typ 6: Skeptiker
Zwischen Ver- und Misstrauen hin- und hergerissen, fühlen sich Skeptiker in ihrem Wesen unsicher. Ihr größtes Bedürfnis ist das nach Sicherheit. Typ6-Persönlichkeiten fällt es schwer, zu vertrauen. Erst wenn ein Weg von allen möglichen Seiten betrachtet und alle Worst-Case-Szenarien gegeneinander abgewogen wurden, ist – langsam – eine Entscheidung in Sicht.
„Skeptiker werden mit ja, aber … reagieren, wenn ihnen der Orthopäde zur allmorgendlichen Gymnastik für ihren Rücken rät, sie müssen überzeugt werden, dass es ihnen wirklich etwas bringt und es das Richtige für sie und ihren Körper ist“, sagt Fehring.
Das würde Typ 6 helfenFehring: „Skeptikerinnen und Skeptikern würde es sicher helfen, bevor sie selber loslegen, einen Gymnastik-Kurs zu besuchen, der von einer Autoritätsperson geleitet wird, einem zertifizierten (!) Profi in Sachen Rückenschule zum Beispiel, der oder die genau zeigt, wie die Übungen exakt auszuführen sind.“
Typ7: Enthusiasten
Vergnügungssucher haben ein Faible für Ablenkung jeder Art. Vor allem geht es ihnen darum, dass das Leben ein Abenteuer ist, aufregend muss es sein. In die Zukunft gerichtet, ruhe- und rastlos sind sie fest davon überzeugt, dass um die nächste Ecke etwas Besseres, etwas noch Spannenderes lauert. Enthusiasten machen für ihr Leben gerne Pläne, sind vielfältig begabt und aufgeschlossen.
Da es diesen Charaktertypen schnell langweilig wird, und sie gerne für jeden Tag etwas anderes planen, „wird es ihnen schwerfallen, das tägliche Gymnastikprogramm durchzuziehen, an einer einzelnen Sache dranzubleiben, bereitet ihnen schnell keinen Spaß mehr“, sagt Fehring.
Das würde Typ 7 helfen„Enthusiasten würde ich raten, sich zu überlegen, und schon daran werden sie Spaß haben, auf welche unterschiedlichen, kreativen Arten und mit welchen verschiedenen Übungen sie ihren Rücken stärken können“, sagt Fehring und vermutet: „Sicher werden sie dann herausfinden, dass das auch prima beim Fingerhakeln, Bierzapfen oder Step-Tanzen funktioniert.“
Typ 8: Herausforderer
Weil Typ8-Persönlichkeiten partout nicht zu den Kontrollierten gehören möchten, übernehmen sie gerne die Verantwortung und wollen ihr Schicksal ausschließlich selbst bestimmen. Sie sind voller Energie, willensstark, entschlossen, aber auch kompromisslos. Herausforderer neigen zu Dominanz und zur Maßlosigkeit.
„Diese Charaktertypen brauchen die Challenge, müssen krass herausgefordert werden und an ihre Grenzen geraten, weshalb sie kein Problem damit haben werden, ein Sportprogramm durchzuziehen, mit dem sie sich total verausgaben“, sagt Anke Fehring. Dabei müssten sie darauf achten, dass ihr Ehrgeiz nicht in Maßlosigkeit ausartet, die sich in punkto Sport auch schnell negativ auf den Körper auswirken kann.
Das würde Typ 8 helfenFehring: „Gut wäre, wenn Typ 8 einen Trainer oder eine Trainerin hätte, die ihn so richtig herausfordert, aber gleichzeitig dafür sorgt, dass das schonende Rückenprogramm Teil des Trainings ist. Alternativ könnte Typ 8 einen ‚Pakt‘ mit einem Freund oder einer Freundin schließen, dass sie sich jeden Morgen gegenseitig darüber informieren, ob sie das Rückentraining gemacht haben. Typ 8 wird sich nicht die Blöße geben wollen, an seinem Ziel nicht dranzubleiben, und vermutlich wird er das Trainingsprogramm von Woche zu Woche in der Intensität steigern.“
Typ 9: Vermittler
Das Lebensziel und der Lebenssinn der Vermittler ist, Frieden und Harmonie in ihrer Umgebung aufrecht zu erhalten. Weshalb sie auch um jeden Preis versuchen, Konflikte zu vermeiden – innere wie zwischenmenschliche. Das kann zu einem Rückzug vom Leben führen, weshalb viele Vermittler eine sehr introvertierte Seite haben. Andere führen zwar ein aktiveres Sozialleben, lassen sich aber nicht 100 Prozent darauf ein, ziehen sich immer wieder in ihre „Höhle“ zurück.
„Vermittlern wird es schwerfallen, zehn Minuten für sich selbst in Anspruch zu nehmen. Mit der morgendlichen Rückengymnastik könnte man ja anderen Menschen (oder Haustieren), die einen in dieser Zeit bräuchten, auf die Füße treten, oder sie in irgendeiner Form am Erreichen ihrer Ziele hindern“, sagt Fehring.
Das würde Typ 9 helfenFehring: „Typ9-Persönlichkeiten müssten sich ganz bewusst darüber werden, ob und warum die zehn Minuten Rückengymnastik für sie gut und wichtig sind. Und dann sofort mit dem Training loslegen und alle Fragen, die sich in Bezug auf andere stellen, bei Seite schieben, da sonst die Gefahr droht, dass sie über das Grübeln nie ins Machen kommen."
Literaturtipps
„Irgendwann mal werde ich... – 10 Weckrufe, damit Sie jetzt ins Leben starten“ heißt Anke Fehrings neues Buch, das Ende September 2020 im Gabal Verlag (19,90 €), erschienen ist. Darin geht es um Zweckoptimismus und Selbsttäuschung bis hin zu Tagträumen oder ständigem Zweifel: Jeder kennt die manchmal sehr bequeme Art, sein Leben zu verschlafen.
„Mein innerer Tyrann: Über die Kunst, sich nicht selbst im Weg zu stehen“: Frei und selbstbestimmt leben – Wie das klappt erklären Pamela Obermaier und Dominik Borde in ihrem gerade im Goldegg Verlag (19,95€) erschienen Ratgeber. Darin erfahren Sie, wie Sie Denkmuster durchbrechen und Selbstliebe lernen.