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Sind Tablets die goldene Mitte?Warum wir wieder mehr schreiben statt tippen sollten

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau sitzt mit Kaffee an einem Tisch. Vor ihr steht ein Laptop, neben ihr liegt ein Notizbuch, in das sie mit einem Kugelschreiber schreibt.

Studien belegen: Die Handschrift hat klare Vorteile gegenüber dem Tippen auf einer Tastatur.

Die Handschrift verkümmert, heutzutage wird immer mehr getippt. Magnus Heier erklärt, warum wir wieder vermehrt zum Stift greifen sollten.

Die Älteren hatten noch das Fach „Schönschrift“. Das war die Zeit, in der eine Schreibschrift unterrichtet wurde, mit fortlaufender, wenig unterbrochener Linienführung. Später wird die eigene Handschrift dann fast zwangsläufig zu einer Art Blockschrift, bei der die Buchstaben nur noch zum Teil miteinander verbunden werden. Aber auch das spielt im Alltag heute kaum noch eine Rolle: Heute wird getippt, auf der Tastatur des PC oder auf dem Smartphone. Die Handschrift verkümmert.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Und das kann man an sich selbst beobachten: Denn die Fähigkeit, etwa in einem Vortrag schnell mitzuschreiben, will nicht nur gelernt, sondern auch trainiert und erhalten werden. Bei vielen werden die Buchstaben unleserlich. Auch bei Ärzten: Aber deren berüchtigte unleserliche Rezepte werden dankenswerterweise durch E-Rezepte ersetzt.

Mit Handschrift lernt es sich besser

Aber das Schreiben mit der Hand hat unerwartete Vorteile: Man lernt besser, wenn man schreibt statt tippt! Das wurde mit US-amerikanischen Studentinnen und Studenten untersucht: Ein Teil von ihnen schrieb in der Vorlesung mit, ein anderer tippte. Das Ergebnis: Die „Schreiber“ konnten sich später (ohne die Notizen in der Hand zu haben) signifikant besser an den Inhalt der Vorlesung erinnern. Was daran erinnert, dass man früher „Spickzettel“ schrieb, die man dann aber gar nicht mehr brauchte, weil man sich an den Inhalt auch so erinnern konnte.

Ein zweiter Lernversuch, wieder mit Studenten: Forscher zeichneten beim Schreiben oder Tippen eine Hirnstromkurve auf: Und sie konnten feststellen, dass bei den Schreibern deutlich mehr Hirnbereiche aktiv waren als bei den Tippern. Im EEG waren typischen Lernmuster und typische Lernrhythmen zu beobachten: Schreibend lernt es sich wirklich besser!

Handschrift erfordert nicht unbedingt Papier

Konkret verbessert die Handschrift vor allem die Fähigkeit, sich komplexe Zusammenhänge besser zu merken. Aber eben nicht nur die. Daraus ergibt sich die offensichtliche Empfehlung, mehr zu schreiben. In der Schule, im Studium, im Beruf und privat. Tagebuch zu schreiben klingt zwar altbacken, scheint unter dem Licht aktueller neurologischer Studien aber eine hochaktuelle Idee, um das Gedächtnis zu fördern. Und auch in den Schulen wird in einigen Ländern schon etwas zurückgerudert – und das Tippen wieder zurückgefahren. In deutschen Schulen hängt die Digitalisierung zumeist sowieso weit hinterher – hier braucht es keine Rückbesinnung.

Aber zurück zur Handschrift bedeutet nicht zwangsläufig zurück zum Papier: Längst gibt es Tablets (Computer ohne Tastatur, die nur aus einer dünnen Scheibe bestehen). Auf diesen Tablets kann man mit einem speziellen Stift schreiben. Der Computer lernt die eigene Handschrift immer besser kennen – und kann sie schließlich in gedruckte Schrift übersetzen. Tablets sind eine gute Idee, in der Schule oder im Beruf, die eigene Handschrift (und damit das Denken) zu fördern – und gleichzeitig Gesprächsnotizen in speicherbarer Form zu haben. Neurologisch sinnvoll und sehr praktisch!