AboAbonnieren

Pflegeheim-KostenWie hoch ist der finanzielle Eigenanteil wirklich?

Lesezeit 6 Minuten
Eine Pflegeschwester hält die Hand einer alten Heimbewohnerin im Altenzentrum Luisenhaus.

Die Betreuung von alten Menschen in Senioreneinrichtungen wird immer kostspieliger: Hier eine Alltagszene im Pflegeheim.

Wer soll das bezahlen? Ältere Menschen, die in ein Pflegeheim einziehen müssen oder wollen, müssen sehr viel Geld aufwenden. Aber wie hoch ist der Eigenanteil genau? Das im Vorfeld herauszufinden, kostet einige Mühe.

Ein Leser hat der Rundschau den Fall seiner pflegebedürftigen Frau beschrieben, wonach die Pflegekasse 2005 Euro bezahlt, die Gesamtkosten aber viel höher, nämlich bei rund 5475 Euro liegen (siehe Artikelende). Viele Preisangaben, die man zum Beispiel in den Listen der Pflegekassen findet, spiegeln oft eben nicht die ganze Wahrheit wider. Häufig werden lediglich die so genannten pflegebedingten Kosten aufgelistet. Aber dabei bleibt es nicht, denn ein großer Teil der Eigenleistungen sind darin noch nicht enthalten. Hier erfahren Sie, welche finanziellen Lasten auf Pflegeheim-Bewohner wirklich zukommt.

Wie werden Betreuungs- und Pflegekosten durchschnittlich berechnet?

In Nordrhein-Westfalen (NRW) kostet die reine Betreuung und Pflege laut einer Erhebung des Verbands der Ersatzkassen im Schnitt 2713 Euro pro Monat für die Pflegegrade zwei bis fünf. Bundesweit sind es durchschnittlich 2411 Euro. Dieser Pflegesatz berechnet sich aus dem Pflegegrad, also der Pflegebedürftigkeit der Bewohner, und der Bewohneranzahl in der gewählten Einrichtung, die von den Pflegemitarbeitern betreut werden müssen.

Am 1. September 2022 ist das Tariftreuegesetz für die Pflege in Kraft getreten. Danach müssen sich alle Träger (auch die privaten) an die Tarifgehälter halten und diese auch nachweisen. Als aktuell geltende Untergrenzen wurden dazu in NRW festgelegt 17,10 Euro für Pflegefachkräfte, 14,60 Euro für qualifizierte Hilfskräfte und für ungelernte Pflegehilfskräfte 13,70 Euro. Laut Trägern wie der Caritas werden sich dadurch „die Mitarbeiter-Kosten bei den privaten und kommunalen Einrichtungen angleichen“. Die anhaltende Inflationslage insbesondere bei den Lebensmitteln und Energiekosten werden zudem weitere auch auf die Pflegeheimpreise durchschlagen.

Was kommt zu den reinen Pflegekosten noch dazu?

Auf der Monatsrechnung der Heimbewohner stehen regelmäßig die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie eine Umlage für die Auszubildenden in der Pflege und ein Zuschlag für betriebsnotwendige Investitionen in der jeweiligen Einrichtung. Darunter fallen Anschaffungen wie zum Beispiel neue Betten   und die Aufwendungen für Instandhaltungen oder Renovierungen. Diese Beträge sind jedoch in den jeweiligen Seniorenhäusern unterschiedlich. Ihr Anteil an den Gesamtkosten variiert zwischen den Pflegegraden zwei und fünf von unter 30 Prozent bis hin zu annähernd 40 Prozent.

Wie sind die tatsächlichen Kosten für Heimbewohner in einer Kölner Einrichtung?

Beispielhaft aufgeführt sind im Folgenden die monatlichen Pflegekosten für den mittleren Pflegegrad drei (Stand 1. Januar 2023) in einer neueren Kölner Einrichtung und einer 15 Jahre älteren: Das, dem Caritas-Altenzentrum Elisabeth-von-Thüringen Haus (Eröffnung 2015). Dieses bietet für den genannten Pflegegrad einen Platz mit einem Pflegekostensatz in Höhe von rund 2220 Euro an. Bei Abzug der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung für den Pflegegrad drei in Höhe von 1262 Euro verbleibt ein pflegebedingter Eigenanteil, der so genannte „Einrichtungseinheitliche Eigenanteil“ (EEE), von rund 958 Euro. Hinzu kommen für die Bewohner dann noch die Kosten für die Unterkunft, Verpflegung, Ausbildungsumlage sowie Investitionsaufwendungen in Höhe von insgesamt 2094 Euro. In Summe ergibt das einen Eigenanteil in Höhe von rund 3050 Euro. Beim 15 Jahre länger bestehenden Caritas-Altenzentrum St. Josef-Elisabeth (seit 2001) liegen die Gesamtkosten leicht darunter: Der Pflegesatz für den Pflegegrad drei ist hier zwar mit 2458 Euro teuerer. Die zusätzlichen Kosten betragen jedoch insgesamt nur 1803 Euro. Abzüglich der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung (1262 Euro) verbleibt hier ein Eigenanteil von rund 3000 Euro. (siehe auch das Beispiel eines Betroffenen aus der Region im Infokasten).

Gibt es zusätzliche staatliche Entlastungen beim Eigenanteil für die Betroffenen?

Ja, die gibt es. Die Pflegekassen zahlen an die Betroffenen einen gestaffelten Entlastungszuschlag und bemessen diesen anhand der Länge des Heimaufenthalts der Pflegeempfänger: Am Beispiel des mittleren Pflegegrades drei zahlt die Kasse zu den anfänglichen 1262 Euro aktuell ab dem ersten Monat Heimaufenthalt 58,43 Euro dazu, ab dem zwölften Monat 292,17 Euro (25 Prozent), ab dem 24. Monat 535,90 Euro (45 Prozent) und ab dem 36. Monat 818,07 Euro (70 Prozent). Allerdings sind seit Einführung der gestaffelten Zuschüsse im Januar 2022 diese Entlastungen zu einem großen Teil durch die erwähnten Kostensteigerungen bereits wieder verpufft.

Bandbreite des pflegebedingten Eigenanteils in den Heimen in Köln und der Region?

Die Betriebskrankenkasse (BKK) hat im Jahr 2022 für die jeweiligen Einrichtungen die Eigenanteilskosten für die Pflege veröffentlicht. Dabei ist jedoch nur der bereits oben erwähnte monatliche „Einrichtungseinheitliche Eigenanteil“ (EEE) aufgeführt, der sich nach den jeweiligen pflegebedingten Kosten einer Einrichtung richtet, für die Pflegegrade zwei bis fünf aber gleich ist. Die je nach Einrichtung ebenfalls sehr unterschiedlichen zusätzlichen Kosten für Unterbringung, Verpflegung und sonstige Zuschläge einer Ausbildungsumlage sowie Investitionsaufwendungen (siehe oben) für die Betroffenen bleiben hier außen vor.

In Köln lagen die Kostenspanne für den Eigenanteil an den Heimkosten von 467 Euro (Seniorenhaus An St. Theodor) bis hoch zu 3825 Euro (Frida Kahlo Haus).die meisten Einrichtungen im Juni 2022 beim EEE zwischen 1000 und 1500 Euro im Monat.

In der Region sind die Preise bei der EEE-Eigenleistung grundsätzlich etwas moderater. Im Rhein-Erft-Kreis liegen hier die meisten Wohnheime zwischen 800 und 1200 Euro. liegt die Spanne zwischen rund 670 (Curanum Seniorenstift Frechen) und 1300 Euro (CBT Wohnhaus St. Lucia). Ähnlich sieht es im Bergischen aus: Dort liegt dieser für die Betroffenen monatlich zwischen 800 und 1400 Euro.Eigenanteilskosten zwischen 460 (Wohnpark Lerbacher Wald in Bergisch Gladbach) und 1690 Euro (Pflegewohnstift St. Pankratius in Odenthal).

Wie kommen die großen Schwankungen bei den Kosten zustande?

Die Schwankungen hängen von vielen Faktoren ab, ob zum Beispiel das Heim in einer ländlichen Gegend oder in der Stadt angesiedelt ist. Auch, ob die zu pflegende Person in einem teureren Einzel- oder einem günstigeren Doppelzimmer untergebracht ist, wirkt sich auf die Kosten aus.

Laut Caritas Köln sind im Bereich der Investitionskosten „in der Regel ältere Einrichtungen günstiger als neue Einrichtungen. Gründe dafür sind die meist höheren Standards bei neuen Einrichtungen (mehr Flächen, bessere Ausstattung, Einzelzimmer), sowie gestiegene Bau- und Finanzierungskosten bei Neubauprojekten“, so Detlef Silvers, zuständig für den Bereich Alter und Pflege.

Wie schätzen die Träger die Kostenentwicklung ein?

Nach den Angaben des Caritasverbands Köln werden die Kosten weiter ansteigen. Detlev Silvers vom Bereich „Alter und Pflege“ bei der Caritas in Köln begründet, dass die vom Gesetzgeber beschlossene und gesellschaftlich gewollte Verbesserung der Personallage in den Einrichtungen nicht nur mehr Personal, sondern auch steigende Kosten erfordern werde. Ziel sei, Pflegefachkräfte vergleichbar zu bezahlen wie etwa Facharbeiter in der Chemie oder Industrie. Hinzu kämen die zunehmenden baulichen Anforderungen, so Silvers weiter: „Neue Einrichtungen bieten nur noch Einzelzimmer, jedes Zimmer verfügt über eigene Badezimmer und Klimatisierungen sowie Digitale Techniken.“


Ein Betroffener rechnet vor

Ein Leser, der anonym bleiben möchte, hat für die Rundschau vorgerechnet, welche monatlichen Kosten für das Pflegeheim im Kreis Oberberg, in dem seine Frau lebt, anfallen – und wie schwer es ist, das nötige Geld dafür aufzubringen. Die reinen Pflegekosten bei dem für seine Frau ermittelten höchsten Pflegegrad fünf belaufen sich auf 3296,92 Euro pro Monat. Hinzu kommen weitere 2078,60 Euro: 722,78 für Unterkunft, 556,38 für Verpflegung, 133,24 Euro einen Vergütungszuschlag und 666,20 für die Investitionskosten der Einrichtung. In unregelmäßigen Abständen kommen zusätzlich noch Einzahlungen auf ein Taschengeldkonto hinzu, von dem zum Beispiel der Friseur für die Heimbewohnerin bezahlt wird. Im Januar 2023 waren das 100 Euro. Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 5475,52 Euro. Die Pflegekasse übernimmt von den Gesamtkosten 2005 Euro. Der Entlastungszuschlag von fünf Prozent im ersten Jahr des Aufenthalts im Heim geht von den Kosten noch ab, in diesem Fall 71,26 Euro. Die tatsächlichen Kosten für das Pflegeheim belaufen sich also auf 3399,26 Euro im Monat. Der Leser sagt, dass er und seine Frau zusammen etwa 2200 Euro Rente bekommen. 1550 Euro sind für monatliche Fixkosten eingeplant – es bleiben also 650 Euro übrig. Den Restbetrag für die Heimkosten, so der Leser, müsse man erst einmal auftreiben.