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Süchtigmacher KoffeinOhne Kaffee bekomme ich Kopfschmerzen – sind das Entzugserscheinungen?

Lesezeit 3 Minuten
Frau hält sich die Hände an den Kopf und kneift die Augen zu.

Laut einer Ramadan-Studie vom letzten Jahr wurde jeder zweite Fastende von Kopfschmerzen geplagt, weil er keinen Kaffee mehr trinkt.

Käffchen hier, Käffchen da – ja und? Doch wer einmal versucht, ein paar Tage ganz ohne auszukommen, merkt plötzlich, wie sehr das Koffein fehlt.

Die einen tun es aus religiösen Gründen, die anderen für die Gesundheit – etwa jeder sechste hierzulande plant im Frühling eine Fastenkur. Dazu gehört oft auch der Verzicht auf Kaffee. Doch gerade dabei gibt es oft Probleme.

Die Einen fühlen sich müde und unkonzentriert, die anderen gestresst. Viele klagen über Schlafstörungen, und laut einer Ramadan-Studie vom letzten Jahr wurde jeder zweite Fastende von Kopfschmerzen geplagt, weil er keinen Kaffee mehr trinkt. Dieser Verzicht macht Fasten noch härter, als es ohnehin ist. Was die Frage aufwirft, ob es sich bei den geschilderten Symptomen um Entzugssymptome handelt – und die sind ja typisch für eine Sucht.

Kaffeekonsum zeigt typische Merkmale einer Sucht

„Die Wissenschaft streitet sich nach wie vor“, berichtet Florian Eyer vom Klinikum rechts der Isar der TU München, „ob Kaffee ein klassischer Suchtstoff ist, oder nicht“. So lieferten Tierexperimente keine eindeutigen Belege dafür, dass er die – über den Neuro-Botenstoff Dopamin vermittelten – Zentren im Gehirn anspricht, wie es sonst oft bei Süchten der Fall ist. Andererseits zeige der Kaffeekonsum schon auch typische Merkmale einer Sucht: „Dazu gehört, dass man immer höhere Dosierungen braucht, um noch den gleichen Effekt spüren zu können. Und dass wir über Entzugssymptome klagen, wenn wir ohne Kaffee auskommen müssen.“

Zudem zeigt eine Studie der Universität Jena, dass starke Kaffeekonsumenten ein durchaus suchttypisches Verhalten aufweisen. Die Forscher präsentierten 24 „heavy coffee consumers“ (mehr als 3 Tassen pro Tag) und 36 „low coffee consumers“ (maximal 3 Tassen pro Tag) die Bilder von Getränken, darunter Kaffee und Orangensaft. In der ersten Testrunde sollten sie dabei auf eine Taste vor ihnen drücken, wenn das gezeigte Getränk das Kriterium „Mag ich!“ erfüllte. Und in der zweiten Testrunde sollten sie die Taste drücken, wenn das Getränk in die Kategorie „Will ich!“ hineinpasste.

Koffein fördert Durchblutung und aktiviert Hirnregionen

Das Ergebnis: Die Viel-Trinker reagierten in der „Will-ich-Runde“ angesichts des Kaffees deutlich schneller als die Mäßig-Trinker. „Doch für die Antwort ‚Mag Ich‘ benötigten beide Gruppen gleich lange“, betont Studienleiter Nicolas Koranyi. Die „heavy users“ verspürten also ein stärkeres Verlangen, obwohl sie das Getränk ihres Begehrens nicht mehr mochten als die „low users“. Und das verstärkte „Wollen“, ohne dass dabei das „Mögen“ ansteigt, gilt als typisches Kriterium der Sucht.

Bleibt die Frage, was den Kaffee so attraktiv macht, dass er zum potenziellen Suchtobjekt taugt. Als erstes ist da sein Koffein zu nennen. „Es fördert die Durchblutung des Körpers und aktiviert Hirnregionen, was bei den meisten dazu führt, dass sie wacher sind und sich besser konzentrieren können“, erklärt Eyer. Es kommen beim Kaffee aber auch noch andere Substanzen wie Terpene, Polyphenole und Bitterstoffe zum Tragen, die für ein komplexes Zusammenspiel von Effekten im Gehirn sorgen. Es kann am Ende sogar ohne Koffein funktionieren. „Das ist ähnlich wie beim Pawlowschen Hund“, erläutert Eyer. „Es reicht dann möglicherweise schon der Duft des Kaffeearomas, um uns wach und konzentriert zu machen.“

Um den Kaffee-Entzug zu erleichtern, empfiehlt sich, die Dosierung nicht plötzlich, sondern sukzessiv auf null zu senken, indem man etwa jede Woche eine Tasse weniger trinkt. Als „Ersatz-Droge“ käme Tee infrage, weil er die Koffein-Kurve im Körper langsamer ansteigen und wieder abflachen lässt, was die Entwöhnung erleichtern kann. Was man aber nicht tun sollte: Den Kaffee durch koffeinhaltige Getränke wie Cola und Energy-Drinks zu ersetzen. „Mit solchen Zucker-Koffein-Gemischen sind wir Toxikologen generell nicht glücklich“, betont Eyer. Denn sie kaschierten durch ihre starke Süße einerseits den bitteren Geschmack des Koffeins, andererseits wird jedoch dessen anregende Wirkung durch den Zucker sogar weiter verstärkt: „Beides kann dazu beitragen, dass man von diesen Getränken noch weniger lassen kann als vom Kaffee. Außerdem liefern viele Energy-Drinks deutlich mehr Koffein als Kaffee“.